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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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barschen Ton auf die Sorge um seinen Freund,
denn er machte ein mitfühlendes Gesicht.
    »Abu Dun ist viel zu stur, um auf diese Weise zu sterben«,
fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu, um seinen Worten
etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. »Er wartet darauf, mindestens einem leibhaftigen Drachen gegenübertreten zu können.
Vorher werde ich ihn nicht los, keine Sorge.«
    Thure lachte, und auch Andrej stimmte für einen Moment in
dieses Lachen ein, verkroch sich aber dann hastig hinter seinem
Becher, damit der Nordmann nicht sah, was er tatsächlich
empfand. Er unterdrückte den Impuls, zu dem rotweiß gestreiften Zelt im Heck der Fenrir zurückzublicken, in das sie Abu
Dun gebracht hatten.
    Erst vor einigen Augenblicken war er von dort zurückgekehrt, und
was er dort gesehen hatte, machte ihm mehr zu schaffen, als er
zugeben wollte. Abu Dun würde nicht sterben, das war die Wahrheit, aber er war schwer verletzt, und seine Heilung machte nur
kleine Fortschritte, beunruhigend klein. Der Dorn, den das Nagelfahr
auf ihn abgeschossen hatte, hatte sein Herz zwar knapp verfehlt (und
das war vermutlich auch der einzige Grund, aus dem er noch lebte),
seinen Brustkorb aber komplett durchschlagen und ihm entsetzliche
Verletzungen zugefügt, und er hatte sehr viel Blut verloren. Jeder
andere Mann wäre an dieser Wunde auf der Stelle gestorben. Andrej
fragte sich, ob er selber diese Verletzung überlebt hätte. Abu Dun
war schon immer der Stärkere von ihnen gewesen.
    Doch Abu Dun und er waren keine normalen Krieger. Auch
sie waren nicht unverwundbar, aber eine Verletzung, die sie
erlitten, brachte sie entweder um oder heilte binnen weniger
Minuten oder schlimmstenfalls Stunden.
    Jedenfalls sollte es so sein.
Aber Abu Duns Wunde heilte nicht. Die Knochenbrüche und
inneren Verletzungen, die ihm der Fangarm des Ungeheuers
zugefügt hatte, waren längst verschwunden, aber in seiner Brust
gähnte noch immer eine schreckliche Wunde, und statt sich zu
erholen, lag er fiebernd da und fantasierte. Andrej hatte seine
Hände fesseln müssen, damit er Urd nicht verletzte, weil er in
seinem Fieberwahn um sich geschlagen hatte. Hätte Andrej
nicht gewusst, dass es vollkommen unmöglich war, er hätte
geschworen, dass etwas den Nubier vergiftet hatte.
»Ich würde dir gerne anbieten, mit der Fenrir zurückzufahren,
damit dein Freund eine gute Pflege bekommt«, sagte Thure,
»aber ich fürchte, dass das nicht geht. Wir brauchen euch. Jetzt
vielleicht mehr denn je.«
»Ich sagte doch: Mach dir keine Sorgen«, entfuhr es Andrej,
schon wieder in schärferem Ton als beabsichtigt. »Er erholt sich
schon wieder. Und du hast es ja gerade selbst gesagt: Wenn es
jemanden gibt, der ihm helfen kann, dann ist es deine Schwester.«
Thure sagte nichts mehr, sondern sah ihn nur auf eine teilnahmsvolle Art an, die ihn allmählich zu ärgern begann, und
Andrej trank einen weiteren Schluck heißen Met. Das Zeug
schmeckte kein bisschen weniger scheußlich als noch vor
einigen Augenblicken, schien aber sonderbarerweise sogar noch
heißer geworden zu sein, seit man ihm den Becher gereicht
hatte, aber er nahm trotzig einen zweiten, noch größeren
Schluck, verbrannte sich Lippen und Zunge und genoss das
Gefühl von Hitze, das sich für einen flüchtigen Moment in
seinem Magen ausbreitete. Thure streckte die Hand aus, ließ
sich einen eigenen Becher geben und trank einen mindestens
ebenso großen Schluck, ohne eine Miene zu verziehen.
Ein unbehagliches Schweigen begann sich zwischen ihnen
breitzumachen, eine Stille und Befangenheit, die rasch auch auf
die Männer übergriff, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe
befanden. Niemand hatte etwas gesagt, aber die Gedanken der
Männer standen überdeutlich auf ihren Gesichtern geschrieben.
Zu viele hatten gesehen, was dem Nubier zugestoßen war, und
noch mehr, in welchem Zustand sie ihn in das kleine Zelt im
Heck der Fenrir geschafft hatten. Diese Männer waren hart; die
stärksten aus einem starken Volk, und dennoch hätte kaum einer
von ihnen die grässliche Verletzung überlebt, die Abu Dun
davongetragen hatte.
Vielleicht nur, um das Schweigen nicht noch übermächtiger
werden zu lassen, fragte Andrej: »Wie ist die Stimmung unter
den Männern?«
Thure nippte abermals an dem heißen Met und sah ihn ausdruckslos an. Schließlich füllte er den Becher nach, wandte sich
um und ging mit langsamen Schritten zum Bug. Andrej wusste
im ersten Moment nicht, was er von

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