Das Daemonenschiff
werden. »Der größte Spaß wird darin bestehen, einen Scheiterhaufen für dich zu errichten und deinen Körper in Ehren zu
verbrennen, Junge. Ich weiß, wie stark du bist. Jeder hier weiß
das. Du musst es niemandem beweisen. Aber falls dir das noch
niemand gesagt hat: Auch starke Männer sind nicht unsterblich.«
»Ich schon«, gab Abu Dun gereizt zurück. Er versuchte sich
aufzurichten, verzog das Gesicht zu einer Grimasse und sank
mit einem zornigen Blick in Urds Richtung wieder zurück, als
gäbe er ihr die Schuld an seiner Schwäche. Andrej warf ihm
einen raschen, mahnenden Blick zu. Dass Abu Dun ein unleidlicher Patient war, hatte Urd ihm schon in der vergangenen Nacht
gesagt, und es überraschte ihn nicht. Der Nubier war es nicht
gewohnt, krank zu sein.
»Du bleibst hier, punktum«, sagte Urd bestimmt. »Eigentlich
müsstest du tot sein. Ich habe nie einen Mann gesehen, der eine
solche Verletzung überlebt hätte.«
»Du bist eben noch nicht sehr viel in der Welt herumgekommen«, nörgelte Abu Dun, verzog aber gleichzeitig schmerzhaft
die Lippen. »Wahrscheinlich habe ich es überhaupt nur deiner
sogenannten Pflege zu verdanken, dass es mir schlecht geht.«
»Wenn das so sein sollte, dann wirst du dich vermutlich bald
erholen«, erwiderte Urd, immer noch lächelnd und ganz
offensichtlich nicht gewillt, sich von den Worten des Nubiers
aus der Fassung bringen zu lassen. »Ich werde die Krieger
nämlich begleiten. Aber ich gebe ein paar Männern Instruktionen und lasse sie bei dir zurück, damit sie sich weiter um dich
kümmern. Vielleicht gesundest du auf diese Weise ja schneller.«
Andrej bedachte den Nubier mit einem beinahe drohenden
Blick. Von ihrem Standpunkt aus hatte Urd sicherlich recht, aber
sie wusste nicht alles. Abu Dun musste sie begleiten, unbedingt. Allein hätte er gegen den falschen Gott nicht die Spur einer
Chance.
Ebenso wenig wie zusammen mit Abu Dun, meldete sich die
wispernde Stimme in seinem Kopf wieder zu Wort, die er in
letzter Zeit immer öfter hörte, und jedes Mal brachte Andrej sie
mit größerer Anstrengung zum Schweigen. So auch jetzt.
Er überlegte gerade, wie er sich mit Abu Dun verständigen
könnte, ohne Urd noch mehr zu verraten, als sie ohnehin schon
ahnen musste, als die Zeltplane hinter ihnen mit einem Ruck
beiseitegeschlagen wurde und Thure den Kopf hereinstreckte.
»Es ist so weit. Die Sonne geht gleich auf. Wir gehen an Land.«
Abu Dun, der nur auf dieses Stichwort gewartet zu haben
schien, fuhr grunzend hoch und sackte sofort mit einem Ächzen
wieder zurück. Urd setzte zu einer neuerlichen Ermahnung an,
doch Andrej kam ihr zuvor. »Dann lasst uns bitte einen Moment
allein.«
»Wozu?«, wollte Urd wissen. In ihren Augen sah er Misstrauen und es schmerzte ihn. Er versuchte zu lächeln. »Vielleicht
gelingt es mir doch noch, ihn irgendwie zur Vernunft zu
bringen.«
»Mit einer Keule?«, fragte Urd.
»Nur einen Augenblick«, beharrte Andrej. Abu Dun fügte
hinzu: »Das ist ein Männergespräch, Mädchen. Davon verstehst
du nichts.«
»Ja, und ich glaube, das will ich auch gar nicht«, gab Urd böse
zurück, schwang sich aber auf die Knie und kroch aus dem Zelt.
Thure blickte ihr kopfschüttelnd nach und wandte sich dann mit
hochgezogener Augenbraue und fragendem Blick an Andrej,
den dieser aber mit einem übertrieben gequälten Grinsen
beantwortete. Schließlich zuckte der Nordmann mit den Achseln
und richtete sich wieder auf.
»Gut. Aber ich brauche dich, sobald wir an Land gehen.«
»Ich werde kommen«, versprach Andrej.
Nachdem Thure die Plane wieder hinter sich geschlossen hatte
und seine Schritte auf dem Deck verklungen waren, knurrte Abu
Dun: »Wir. Er braucht nicht dich, Hexenmeister. Er braucht uns. «
»Ja«, gestand Andrej widerwillig. »Er braucht uns. Die Männer brauchen uns. Und ich brauche dich. Aber nicht in diesem
Zustand. Du wärst keine Hilfe, wenn ein Kind mit einem
Knüppel dich besiegen kann.«
Abu Dun schenkte ihm einen bösen Blick und versuchte noch
einmal – und jetzt sogar mit Erfolg – sich auf beide Ellbogen zu
stemmen. Aber Andrej sah, welche Mühe ihm schon diese
kleine Bewegung abverlangte. »Ich verstehe einfach nicht, was
mit mir los ist. Was hat dieses … Ding mir angetan?«
»Ich glaube, ich weiß es«, murmelte Andrej. Und vielleicht
wusste er damit auch die Lösung. Aber er hatte große Angst
davor.
Abu Dun sah ihn fragend an.
»Die Dauger«, sagte Andrej.
Die Frage in Abu Duns Blick
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