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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fügte Andrej hinzu.
»Was soll das?«, mischte sich Urd ein. Sie wirkte aufgebracht
und verstört, doch Andrej sah ihr an, dass sie selbst nicht ganz
sicher war, wem dieser Zorn nun eigentlich galt. »Was willst du
damit sagen?«
»Dass dein Bruder uns belogen hat«, antwortete Andrej. »Und
euch auch.«
»Du solltest dir vielleicht ganz genau überlegen, was du
sagst«, sagte Thure.
»Vielleicht sollte ich es wiederholen, und das vor allen Männern«, gab Andrej zurück. »Du bleibst dabei, dass du nur einmal
hier gewesen bist, vor zwanzig Jahren oder vielleicht sogar noch
mehr?«
Thure schwieg. Urds Stirnrunzeln wurde noch tiefer.
»Das ist gelogen«, sagte Andrej schließlich, als er einsah, dass
er keine Antwort von Thure bekommen würde.
»Ich verstehe«, seufzte Thure. »Ich hätte nicht von der Bucht
erzählen sollen.«
»Du warst nicht besonders überrascht, die Piraten auftauchen
zu sehen«, bestätigte Abu Dun. »Und ich finde, du hast uns ein
bisschen zu zielsicher hierher geführt, wenn man bedenkt, dass
du nur ein einziges Mal und noch dazu als ein halbes Kind hier
gewesen sein willst. Und du findest auf Anhieb und in völliger
Dunkelheit einen Pfad, den man vermutlich selbst bei hellem
Tageslicht nur schwer ausmachen würde.« Er zuckte mit den
Achseln und schaffte es irgendwie, diese kleine Bewegung
verächtlich aussehen zu lassen. »Ich bin nicht ganz sicher, was
du wirklich vorhast, Thure. Ich bin nicht einmal ganz sicher, wer
du bist. Aber eines bist du ganz gewiss: ein erbärmlicher
Lügner. Hältst du all die Männer, die ihr Leben in deine Hand
gegeben haben, für so dumm, das nicht zu bemerken?«
Thure starrte ihn einen Moment lang hasserfüllt an, dann aber
konnte Andrej ihm ansehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete
und er zu einem Entschluss kam. Zorn und kaum noch beherrschte Wut wichen aus seinem Gesicht und machten etwas
anderem Platz. »Ja. Ihr habt recht. Ich bin noch einmal hier
gewesen. Mehr als einmal.«
»Warum?«, murmelte Urd. Sie klang vollkommen fassungslos.
»Weil wir sonst niemals hierher gefunden hätten«, antwortete
ihr Bruder. »Weil ich herausfinden wollte, was es wirklich mit
diesem vermeintlichen Gott auf sich hat.«
»Warum hast du uns nichts davon gesagt?«, fragte Urd.
»Ich hielt es für besser so«, erwiderte Thure und klang schon
wieder ein bisschen trotzig. »Was hätte ich sagen sollen? Dass
ich von all diesen Männern erwarte, einen Feind anzugreifen,
der nicht besiegt werden kann? Dass wir eine Festung stürmen
sollen, die kein lebender Mensch stürmen kann? Dass ich sicher
bin, dass die allermeisten von denen, die mich begleiten, nicht
zurückkehren werden? Wie viele wären wohl mitgekommen?«
»Wahrscheinlich alle«, sagte Andrej. »Auf jeden Fall aber
mehr, als du vermutlich ahnst.« Er schüttelte traurig den Kopf.
»Es gehört ein wenig mehr dazu als Tapferkeit und ein starker
Arm, um ein Heer zu führen, Thure. Diese Männer sind bereit,
für dich zu sterben. Sie haben ein Anrecht auf Ehrlichkeit.«
»Vielleicht hast du recht«, erwiderte Thure grob. »Vielleicht
auch nicht. Es spielt keine Rolle. Wenn wir den falschen Gott
besiegen und unser Volk befreien, dann ist dieser Preis jedes
einzelne Leben wert, den er kostet.«
»Auch dein eigenes?«, wollte Abu Dun wissen.
»Ja!«, erwiderte Thure heftig. »Und ja, ich weiß, dass ihr
vermutlich nichts zu befürchten habt. Jeder einzelne Mann hier
weiß, dass ihr nicht das seid, was ihr zu sein vorgebt. Die
Männer halten euch für Dämonen, und sie fürchten euch!«
»Und sie waren trotzdem bereit, uns zu folgen«, seufzte Andrej. »Das ist sehr mutig. Glaubst du nicht selbst, dass ein so
großer Mut zumindest eine kleine Belohnung verdient?« Er
schüttelte abermals den Kopf, und seine Stimme klang weniger
herausfordernd als beinahe enttäuscht, als er fortfuhr: »Dann sag
uns wenigstens jetzt die Wahrheit. Was erwartet uns dort
unten?«
»Die Piraten«, vermutete Abu Dun, als Thure weiter nichts
sagte, sondern es nur bei einem verstockten Gesichtsausdruck
beließ. Und auch diesmal vergingen etliche Augenblicke, bevor
er widerwillig nickte.
»Ja«, gestand er. »Aber vielleicht auch nicht, wenn wir schnell
genug sind. Sie stehen in seinen Diensten, das ist wahr, aber ich
glaube nicht, dass sie schon dort unten auf uns warten. Es gibt
einen Weg, der vom Fjord aus direkt ins Tal hinunterführt. Doch
er ist weiter als dieser hier. Viel weiter. Wenn wir die

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