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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Fall«, antwortete Thure. Es gelang ihm nicht
vollkommen, den verächtlichen Unterton aus seiner Stimme zu
verbannen. Vielleicht wollte er es auch nicht. »Es sei denn, du
willst auch ganz sicher sein, dass der falsche Gott von unserem
Kommen erfährt.«
Abu Dun wollte auffahren, doch Andrej kam ihm – in besänftigendem, dennoch aber hörbar scharfem Ton – zuvor. »Wir
können nicht ohne Licht dort hinuntergehen. Ein solcher Abstieg
wäre schon tagsüber gefährlich genug.«
»Vielleicht für dich oder deinen Freund, Andrej«, antwortete
Thure bissig. »Möglicherweise gibt es ja da, wo ihr herkommt,
keine Berge. Wir sind das Klettern gewohnt. Du solltest meine
Krieger nicht unterschätzen.«
Andrej hatte mit dieser Antwort gerechnet, und trotzdem
starrte er den Nordmann für die Dauer von fünf oder sechs
Herzschlägen fassungslos an. Es gelang ihm immer noch nicht,
in der Dunkelheit hinter ihm irgendetwas auszumachen, dass
wie ein Pfad aussah, und seine Augen waren zehnmal schärfer
als die Thures oder irgendeines anderen Mannes hier. Obwohl er
sie nicht direkt ansah, registrierte er, dass Urd totenbleich
wurde, und der Ausdruck auf den Gesichtern der Krieger rings
um sie herum war ganz ähnlich. Niemand wagte es, zu protestieren oder Thure gar laut zu widersprechen, doch Andrej konnte
sich gut vorstellen, wie es jetzt in den Männern aussah. Sie alle
waren erschöpft und am Ende ihrer Kräfte, ausgelaugt und
gezeichnet von der Reise, den Kämpfen und dem langen,
anstrengenden Marsch hierher, und selbst ihm jagte schon die
bloße Vorstellung einen eisigen Schauer über den Rücken, bei
nahezu vollkommener Dunkelheit einen Pfad hinuntersteigen zu
sollen, den er nicht einmal sah.
Als hätte er seine Gedanken gelesen, machte Thure eine
herrische Geste mit der freien Hand und wandte sich zugleich
auffordernd an Abu Dun. »Ich zwinge niemanden, mich zu
begleiten. Aber es wird Zeit. Wir müssen den Berg erreichen,
bevor es hell wird.«
Abu Dun schürzte verächtlich die Lippen und ließ Thure
vergebens auf eine Reaktion warten. Schließlich gab der
riesenhafte Nordmann ein ärgerliches Knurren von sich und
wandte sich auf dieselbe, auffordernd-ungeduldige Art an
Andrej.
»Und du?«
»Wir sollten miteinander reden, Thure«, sagte Andrej, ruhig
und so leise, dass nur Thure und allenfalls noch Abu Dun und
Urd seine Worte verstehen konnten. »Allein.«
Für einen winzigen Moment verdüsterte sich Thures Gesicht
vor Zorn. Seine Hand schloss sich so fest um den Griff seiner
Streitaxt, dass die dünnen Lederriemen hörbar knirschten, mit
denen er umwickelt war. Dann aber zuckte er nur trotzig mit den
Schultern, wies aber auch zugleich mit einer Kopfbewegung
nach links, irgendwo hinein in die Dunkelheit, die nahezu
vollkommen geworden war, seit sie die Klippe erreicht hatten.
Noch immer wortlos und mit Bewegungen, denen man seinen
verhaltenen Zorn ansah, fuhr er herum und stapfte zwei oder
drei Dutzend Schritte davon, bis er tatsächlich in den Schatten
verschwand. Andrej und Abu Dun folgten ihm, und wie er es
erwartet hatte (aber nicht unbedingt zu seiner Freude), schloss
sich ihnen auch Urd an.
»Also?«, empfing sie Thure, kaum dass sie ihn erreicht hatten
und noch bevor Andrej auch nur ein einziges Wort sagen
konnte. »Was soll das? Wenn ihr plötzlich Angst habt, dann ist
es ein bisschen zu spät dafür, meinst du nicht auch, Andrej?«
»Das hat nichts mit Angst zu tun«, sagte Andrej, um seine
Fassung bemüht. »Aber in einem Punkt hast du recht, Thure. Es
ist zu spät, um noch kehrtzumachen.«
»Und was tun wir dann hier?«, wollte Thure wissen.
Diesmal kam Abu Dun Andrej zuvor. »Das wäre jetzt der
passende Moment, uns die Wahrheit zu sagen.« Thure wollte
auffahren, doch Abu Dun schnitt ihm mit einer jetzt eindeutig
wütenden Bewegung das Wort ab. Seine Stimme wurde lauter.
»Du hast uns gebeten, für dich zu kämpfen. Für dein Volk und
dich.«
»Und jetzt, wo es so weit ist, kommen euch Bedenken?«
Zu Andrejs Überraschung nahm der Nubier auch diese nunmehr ganz unverhohlene Beleidigung ohne mit der Wimper zu
zucken hin. »Ich habe kein Problem damit«, antwortete er
hörbar ruhiger als bisher. »Und nur, falls du es tatsächlich noch
nicht gemerkt haben solltest: Andrej und ich sind die Einzigen
hier, die vermutlich nichts zu befürchten haben. Aber ich habe
ein Problem damit, Männer vollkommen sinnlos in den Tod zu
schicken.«
»Und belogen zu werden«,

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