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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eine neue Art von Erschrecken erschien
in ihren Augen. Vielleicht hätte er das nicht sagen sollen. »Das
… das war ein Scherz … oder?«
»Mit manchen Dingen scherze ich nicht«, antwortete Andrej,
zuckte mit den Schultern und fügte mit einem ganz bewusst
undeutbaren Lächeln hinzu: »Mit anderen schon.«
»Und wie …« Urd fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über
die Lippen, und er konnte ihr ansehen, wie angestrengt sie nach
Worten suchte. Schließlich rettete sie sich in ein hilfloses
Schulterzucken, warf Abu Dun einen ebensolchen Blick zu und
zwang sich dann mit sichtbarer Mühe, Andrej anzusehen. »Und
was geschieht jetzt mit mir?«
»Was sollte denn deiner Meinung nach mit dir geschehen?«,
gab Andrej mit übertrieben gespielter Verwirrung zurück. »Du
wirst irgendwann aufwachen und zwei Köpfe haben, und
außerdem ein Paar schwarzer Fledermausflügel.« Er runzelte die
Stirn. »Ich könnte mir vorstellen, dass sie dir gut stehen.«
Urd blieb ernst. »Ich meine es ernst, Andrej. Was passiert mit
mir?«
»Nichts«, antwortete Andrej. »Jedenfalls nichts, wovor du dich
fürchten müsstest. Außer, es macht dir etwas aus, nie wieder
krank zu werden und ein bisschen länger zu leben als die
meisten anderen. Aber wir brechen in einer guten halben Stunde
auf. Bis dahin solltest du dich erholt haben. Es sei denn, du
möchtest, dass Abu Dun dich trägt.«
»Wieso ich?«, beschwerte sich Abu Dun.
»Weil du der stärkere bist«, erwiderte Andrej, ohne den Nubier auch nur anzusehen. »Jedenfalls behauptest du das immer.
Meinst du, dass du das schaffst, Urd?«
»In … einer halben Stunde?« Urd starrte ihn an, als zweifelte
sie ernsthaft an seinem Verstand. »Aber ich bin –«
»Du kannst es«, sagte Andrej. »Du musst es nur wollen.
Vertrau mir.«
Urd sah ihn eine weitere Sekunde lang zutiefst verstört an,
aber dann tat sie genau das, was Andrej insgeheim befürchtet
hatte: Sie streifte die Decke ab und versuchte tatsächlich, sich in
die Höhe zu stemmen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Abu
Dun dazu ansetzte, die Hand auszustrecken, machte jedoch nur
eine rasche, abwehrende Geste und wartete, bis Urd mit einem
leisen Schmerzlaut wieder zurücksank.
»Und vielleicht«, fügte er in sanft spöttischem Ton hinzu,
»sollte ich dir noch sagen, dass nicht einmal du dich überschätzen darfst. Lass dir Zeit. Du hast genug davon.«
    Thure erwartete sie am anderen Ende des Lagers, und die
Blicke, mit denen er Andrej begrüßte, waren beinahe noch
finsterer als die, mit denen er gegangen war. »Wie geht es ihr?«,
fragte er rau.
    »Besser«, antwortete Andrej. »Sie hat großes Glück gehabt.
Ihre Wunde ist nicht so schlimm, wie es im ersten Moment
ausgesehen hat.«
    »Es gibt also keinen Grund, sie zurückzulassen«, fügte Abu
Dun hinzu.
Thure sah ihn böse an, zog es jedoch auch diesmal vor, die
Bemerkung des Nubiers nicht zu beachten – wie er es am
liebsten vermutlich überhaupt mit ihm getan hätte. »Ich lasse
bereits Tragen für die Verwundeten bauen«, sagte er demonstrativ an Andrej gewandt. »Urd kann –«
»Sie wird gehen können«, unterbrach ihn Andrej. Thure starrte
ihn ungläubig an, und Andrej fuhr mit einem beiläufigen
Schulterzucken fort: »Ich sagte doch, sie hat Glück gehabt. Und
du weißt ja, wie zäh deine Schwester ist. Oder möchtest du sie
lieber davon überzeugen, sich tragen zu lassen, wenn sie aus
eigener Kraft gehen will?«
Der Nordmann schwieg weiter, aber sein Blick wurde weicher,
als er an ihm vorbei zu dem Feuer starrte, an dem seine Schwester lag. Schließlich machte er nur eine vage, hilflose Bewegung
mit beiden Händen. »Hast du dich entschieden?«
»Ja«, antwortete Andrej. »Es ist besser, wenn du weiter die
Führung der Männer behältst. Es sind deine Krieger und die
Freunde deines Volkes.«
»Sie würden dir folgen.« Thure wirkte enttäuscht, beinahe
erschrocken. »Und sie –«
»Das würden sie, aber nicht, weil sie mir vertrauen, sondern
weil sie mich fürchten«, sagte Andrej kopfschüttelnd. »Du wirst
sie anführen. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn du Abu Dun
und mich dann und wann um Rat fragen … und ihn auch
beherzigen würdest.«
»Das werde ich«, versprach Thure in beinahe feierlichem Ton,
der Andrej unbehaglich ahnen ließ, dass dieser Antwort ein
ganzer Schwall von Versicherungen und Dankesbezeugungen
folgen würde. Vielleicht nur, um dem zuvorzukommen, drehte
er sich halb herum und deutete auf die

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