Das Daemonenschiff
niederzubrennen«, erwiderte Thure düster.
»Aber was hat dein Bruder dann hier gewollt?«, fragte Abu
Dun.
Thure antwortete nicht sofort, und als er es endlich tat, da war
seine Stimme leise und bitter. »Die Gewässer hier sind tückisch.
Manchmal wechselt der Wind in einem einzigen Augenblick,
und wenn man die Strömung nicht kennt …« Er hob die Schultern. »Unser Bruder war kein besonders guter Seemann. Ihr habt
ja selbst erlebt, was der Sturm und die See einem Schiff antun
können. Ich nehme an, er hat Schutz in der Bucht gesucht. Wir
hatten ihn gewarnt, der Insel nicht zu nahe zu kommen, aber er
war jung und ungestüm.«
»Aber es war nicht das Meer, das ihn umgebracht hat«, vermutete Andrej.
Thure starrte ihn zornig an, dann zwang er sich zu einem
Lächeln, wenn auch einem unechten, und wechselte das Thema.
»Ihr müsst halb erfroren sein. Wartet einen Moment.«
Er ging, kam aber schon nach einem Augenblick zurück, eine
flache, eiserne Schale, in der glühende Kohlen qualmten, in beiden Händen. »Es ist nicht viel, aber das wird euch wenigstens
ein bisschen wärmen, und –« Er stolperte und machte einen hastigen Ausfallschritt, um nicht zu stürzen, aber er ließ dabei um
ein Haar die Schale fallen. Ein faustgroßes Kohlestück sprang
heraus und prallte von Andrejs Handrücken ab. Es zischte, als
die Glut seine Haut verbrannte, und Andrej fuhr mit einem
Schmerzensschrei zurück und presste die andere Hand auf die
versengte Stelle. Der durchdringende Geruch nach verbranntem
Fleisch stieg ihm in die Nase, und er sah aus den Augenwinkeln,
wie Abu Dun aufspringen wollte.
»Nicht!«, sagte er hastig.
Abu Dun erstarrte gehorsam mitten in der Bewegung, aber seine Augen flammten vor Zorn, und seine Hände waren halb
geöffnet, bereit, jemanden zu packen und zu zerreißen, während
Thure gekonnt den Erschrockenen spielte.
»Das … das tut mir leid!«, stotterte er. »Bitte verzeiht mein
Ungeschick! Das wollte ich nicht! Hast du dich verletzt?«
Andrej verneinte mit zusammengebissenen Zähnen, obwohl
ihm der Schmerz schier die Tränen in die Augen trieb. »Das ist
nichts.«
»Lass mich deine Hand sehen!«, verlangte Thure. »Ich kenne
mich mit Brandwunden aus, und –«
»Ich sagte, es ist nichts«, unterbrach ihn Andrej, lauter und
deutlich schärfer als beim ersten Mal. »Nur eine Kleinigkeit.
Bring mir etwas, um die Hand zu verbinden, das muss genügen.«
Erst schien es, als wolle Thure nicht lockerlassen, dann aber
zuckte er mit den Schultern, verschwand geduckt in seinem Zelt
und kam so schnell mit einer Schale Wasser und Verbandszeug
unter dem Arm wieder zurück, als hätte er alles schon griffbereit
gehabt. Andrej wäre nicht überrascht gewesen, zu erfahren, dass
es genau so war. Er tauschte einen raschen, beschwörenden
Blick mit Abu Dun. Das Gesicht des Nubiers war undurchdringlich, aber in seinen Augen loderte noch immer blanke Wut.
»Ich habe eine Salbe mitgebracht«, sagte Thure eifrig. »Sie
kühlt und lindert den Schmerz, und –«
»Ein sauberes Tuch wird ausreichen«, unterbrach ihn Andrej.
Und bevor Thure richtig wusste, wie ihm geschah, riss er ihm
das Verbandszeug aus den Fingern und wickelte es so schnell
um seine Hand, dass der Nordmann nicht einmal einen kurzen
Blick auf die hässliche Brandwunde werfen konnte. Dabei hätte
er sie ihm durchaus zeigen können, denn Verbrennungen gehörten zu den wenigen Arten von Verletzungen, die Abu Dun und
ihm genauso zusetzten wie jedem anderen Menschen, und man
sah deutlich, wo die rot glühende Kohle die Haut versengt hatte.
Dennoch konnte er es nicht riskieren, sich dem Nordmann gegenüber offen zu zeigen. Es mochte sein, dass er sie auch morgen oder übermorgen zu Gesicht bekam und dann würde er sich
wundern, wie die Verletzung so schnell geheilt war.
»Es ist nicht so schlimm«, behauptete er, während er mit den
Zähnen den Knoten des improvisierten Verbandes festzog. »Ich
war wohl mehr erschrocken. Aber ich danke dir für deine Sorge.«
Thure wirkte enttäuscht, gab sich aber Mühe, weiterhin den
Zerknirschten zu spielen. Schließlich aber hob er nur trotzig die
Schultern und verschwand.
»Was soll das?«, zischte Abu Dun. »Wieso lässt du dich von
dem Kerl so reizen? Ich sollte ihn über Bord werfen!«
Andrej bewegte prüfend die Hand, ballte die Finger zur Faust
und öffnete sie dann mit einem Ruck wieder. Die Bewegung war
mühsam und tat sehr weh. Es würde Stunden dauern, bis er die
Hand
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