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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wieder wie gewohnt benutzen konnte. Die Vorstellung,
Abu Dun Thure einfach ins Meer werfen zu lassen und vielleicht
Wetten darauf abzuschließen, ob er schneller erfror oder ertrank,
hatte etwas durchaus Reizvolles. Trotzdem schüttelte er den
Kopf.
»Nein«, sagte er. Sein Blick suchte Thure. Er war zum Bug
des Schiffes gegangen und redete mit einem seiner Männer. Ein
lautes Lachen wehte zu ihnen herüber. »Er wollte mich nicht
demütigen, Abu Dun. Nur testen.«
Wie sich zeigte, hatte Thure die Wahrheit gesagt: Es verging
nicht mehr allzu viel Zeit, bis Andrej plötzlich einen sanften
aber kraftvollen Ruck spürte, als hätte sich eine unsichtbare
Hand um den Rumpf des Schiffes geschlossen, die sie nun durch
das Wasser zog, sodass sie fühlbar Fahrt aufnahmen. Das immer
noch prall geblähte Segel tat ein Übriges, und schon bald pflügte
das Drachenschiff so schnell durch die Wellen, dass weißer
Schaum unter seinem Bug aufspritzte und die Männer, die das
Pech gehabt hatten, auf den vorderen Bankreihen Platz zu nehmen, bis auf die Haut durchnässte. Oft blickte Andrej zur Insel
zurück und jedes Mal schien ihn ihr Anblick mehr zu beunruhigen. Das Signalfeuer brannte noch immer, und der Wind musste
wohl zwischenzeitlich vollkommen erloschen sein, denn der
schwarze Qualm stieg nun kerzengerade in die Höhe. Der Anblick gefiel ihm nicht, denn er erinnerte ihn daran, dass dieses
Schiff nicht das einzige sein musste, was der Rauch anlockte.
Darüber hinaus verschwand die Insel mit beinahe unheimlicher Schnelligkeit hinter ihnen. Andrej hasste Schiffe aus tiefstem Herzen. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte er als
Kapitän ein Schiff befehligt, und er war ein guter Kapitän gewesen. Aber etwas gut zu machen, bedeutete nicht, es nicht auch
gleichzeitig hassen zu können. Er hatte also hinlänglich Erfahrung, um beurteilen zu können, wie schnell sich das Drachenboot bewegte, und wie stark somit die Strömung war, die sie mit
sich zog. Nicht einmal die Fenrir, die alles andere als ein gewöhnliches Schiff war, hatte jemals ein solches Tempo erreicht.
Andererseits hatten sie sie auch nur zu zweit gerudert.
Eine gute Stunde musste vergangen sein, in der sie sich um
viele Meilen von der Insel entfernt hatten. Thure war nicht
zurückgekommen, wohl aber einer seiner Männer, um Abu Dun
und ihm trockene Felle zu bringen, die sie sich um die Schultern
gelegt hatten. Die Krieger hatten gegessen, aber niemand hatte
ihnen etwas angeboten, und ein bauchiger Krug mit Met hatte
die Runde gemacht. Stimmen, dann und wann unterbrochen von
einem rohen Lachen, waren an ihr Ohr gedrungen. Die Männer
scherzten, neckten sich gutmütig oder vertrieben sich auf andere
Weise die Zeit. Einmal war eine freundschaftliche Rauferei ausgebrochen, die Thure lange hatte gewähren lassen. Als Andrej
spürte, dass das Spiel in Ernst umzuschlagen drohte, hatte der
riesige Nordmann die Auseinandersetzung auf seine ganz eigene
Weise beendet: indem er die beiden Streithähne im Nacken
ergriff und ihre Köpfe zusammenschlug. Aber die Fröhlichkeit
und Ausgelassenheit waren nur aufgesetzt. Weder Abu Dun
noch ihm entgingen die nervösen Blicke und kleinen, fahrigen
Gesten der Männer, die bange Erwartung in ihren Augen, wenn
sie manchmal aufs Meer hinaussahen, und auch nicht der Umstand, dass jeder einzelne von ihnen noch immer in voller Rüstung war und seine Waffen griffbereit neben sich liegen hatte.
Die Männer warteten auf etwas. Und es war keine freudige Erwartung.
Abu Dun berührte ihn plötzlich an der Schulter und zeigte auf
die Wasseroberfläche vor dem Bug des Schiffes. Andrej wandte
den Blick und runzelte besorgt die Stirn. Nicht weit vor ihnen –
so nahe, dass er sich verblüfft fragte, wieso er es nicht früher
gesehen hatte – lag ein feiner grauer Dunst über dem Wasser.
Nebel.
Verwirrt blickte er nach oben. Das Segel über ihren Köpfen
war weiter straff gespannt. Wie konnte sich Nebel bei diesem
Wind halten?
Ihm blieb keine Zeit, eine Antwort auf diese Frage zu finden,
denn in diesem Moment unterbrach Thure das Gespräch mit
seinen Kriegern und kam wieder zu ihnen.
»Ich hoffe, ihr konntet ein wenig ausruhen und neue Kräfte
schöpfen. Ich habe euch gesagt, dass ihr sie brauchen werdet.«
Ohne auf seine Worte zu achten, deutete Andrej nach vorne.
»Was hat das zu bedeuten?«, wollte er wissen.
Als hätte er Andrejs Frage nicht verstanden, starrte Thure
einen Moment lang auf den grauen

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