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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Jugend,
Leidenschaft zu zeigen. Er wird sich beruhigen, und wir wollen
uns nicht den Abend verderben lassen.« Er schlug noch einmal
und ebenso kraftlos wie eben mit der flachen Hand auf den
Tisch. »Und jetzt trinkt und seid fröhlich! Musik! Und mehr
Met! Betrinkt euch! Euer König befiehlt es!«

4
    Am nächsten Morgen erwachte Andrej mit dem ersten grauen
Schimmer der Dämmerung, der durch das schmale Fenster in
sein Zimmer drang. Sein frühes Erwachen erstaunte ihn – der
Missklang über Thures so überhasteten Aufbruch hatte nur wenige Augenblicke angehalten, dann hatten die Männer dem aufgefahrenen Festmahl und vor allem dem Met in reichlichem Maße zugesprochen, und die Feier hatte bis lange nach Mitternacht
gedauert, bis schließlich auch der letzte Krieger betrunken vom
Stuhl gefallen war oder sich schwankend erhoben hatte, um ins
Freie zu torkeln. Längst nicht alle hatten es auch geschafft.
Andrej hatte eine verschwommene Erinnerung an Abu Dun, der
irgendwann eine, dann gleich zwei blonde Schönheiten auf
seinen Oberschenkeln geschaukelt und damit begonnen hatte,
Geschichten aus seiner Heimat und seiner Vergangenheit zu
erzählen, Geschichten, die wüster und unglaubhafter wurden, je
mehr er dem süßen Honigbier zusprach, das in einem riesigen
Krug vor ihm stand. Einem Krug, der im Übrigen nie leer zu
werden schien, so sehr sich der Nubier auch bemühte. Schließlich hatten auch sie sich erhoben, wie üblich als Letzte, um in
die Quartiere zu wanken, die man ihnen zugewiesen hatte. Doch
so lange das Fest auch gedauert hatte – die Nächte waren hier
ebenso lang wie die Tage kurz, und Andrej erwachte mit jenem
Gefühl bleierner Schwere in den Gliedern, das von zu langem
Schlaf herrührte.
    Er drehte sich auf die Seite und tastete mit der Hand hinter
sich, doch das Bett neben ihm war leer und kalt. Wenn er sich
richtig erinnerte, hatte er Abu Dun in der vergangenen Nacht
zusammen mit den beiden jungen Frauen in seinem Quartier
verschwinden sehen, wobei er sie beide wie Kinder auf den
Armen getragen hatte. Und er meinte sich auch (ganz sicher war
er nicht; anscheinend hatte er dem süßen Met, der ihm doch
eigentlich gar nicht schmeckte, reichlicher zugesprochen, als gut
für ihn war) an das eine oder andere Angebot erinnern zu
können, das ihm ein hübsches Augenpaar oder ein lächelnder
Mund gemacht hatte. Die Menschen in diesem Teil der Welt,
das hatten sie (und vor allem Abu Dun) rasch herausgefunden,
hatten eine erfrischend natürliche Einstellung zu körperlicher
Liebe, und dazu kam sicherlich auch, dass das ganze Dorf ihnen
nicht nur zu Dank verpflichtet war, sondern gerade Abu Dun mit
seiner riesenhaften Statur und seiner exotischen Erscheinung
eine unbestreitbare Wirkung auf Frauen ausübte. Er selbst hatte
sich jedoch schließlich allein schlafen gelegt – wie meistens in
letzter Zeit.
    Ein nicht einmal kleiner Teil von ihm bedauerte die entgangene Gelegenheit, wie immer, wenn er nach einem Abend wie dem
gestrigen allein erwachte, doch Andrej fragte sich auch, ob
dieses Bedauern tatsächlich echt oder ob er tief in seinem
Inneren froh war, für sich zu sein.
    Außerdem war in ihm die Erinnerung an ein schmales Gesicht
und das Haar eines Engels lebendig, und – so verrückt es auch
war – wäre er auf eines der verführerischen Angebote eingegangen, so hätte er das Gefühl gehabt, Urd, die er kaum kannte und
der er nichts schuldig geblieben war, betrogen zu haben.
    Andrej blinzelte die letzte Müdigkeit weg, setzte sich auf und
stellte fest, dass er offensichtlich nicht der erste war, der an diesem Morgen erwachte. Auf dem kleinen Schemel neben seinem
Bett stand ein Tablett mit Brot, Obst und einem Becher noch
warmer Milch, und er glaubte, Urds betörenden Duft wahrzunehmen, von dem noch ein schwacher Hauch in der Luft hing.
Es konnte noch nicht lange her sein, dass sie an seinem Lager
gewesen war. Vielleicht war es auch ihr Eintreten gewesen, das
ihn geweckt hatte.
    Er trank die Milch, rührte das Essen jedoch nicht an (sein
Magen rebellierte allein bei seinem Anblick) und lächelte dann,
als er die Schale mit sauberem Wasser entdeckte, die neben dem
Schemel auf dem Boden stand. Tatsächlich fühlte er sich
schmutzig vom vergangenen Abend, aber er bückte sich trotzdem nicht nach der Schale, sondern schlüpfte nur rasch in Wams
und Hose und verließ dann das Haus.
    Anders als gestern Morgen war er nicht allein. In den meisten
Häusern

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