Das Dalai-Lama-Prinzip für Paare: Wie achtsame Liebe gelingt
Erwachsene zeigen wir oft ein kindliches Verhalten: Haben wir eine Sprosse auf der Karriereleiter erklommen, muss bald die nächste folgen. Ein Auto mit 90 PS? Dann doch lieber einen neuen Wagen mit 150 PS! Und ist die neue Kollegin nicht vielleicht attraktiver als die Partnerin zu Hause? Wir wollen immer mehr, wir wollen uns verbessern, vergrößern, verschönern. Doch zu oft konzentrieren wir uns dabei nicht auf ein inneres Wachsen, sondern einfach auf die Befriedigung unserer Lust auf Äußerlichkeiten und Konsumgüter. Dieses Verhalten macht uns langfristig nicht glücklich. Denn Glück lässt sich nicht kaufen.
Dabei geht es nicht nur um das Anhäufen materieller Güter wie die neue Stereoanlage, die Reise ins Luxushotel, den Designermantel. Und es geht auch nicht unbedingt um reine Selbstsucht. Denn oftmals steht das Streben nach Erfolg und Wohlstand durchaus im Dienste der Familie. Um seinen Liebsten ein schönes Leben zu bieten, wird härter und länger als notwendig gearbeitet und mehr in Dinge investiert als vielleicht nötig. »Ich will ja nur, dass es meiner Familie gut geht.« Doch dieses materielle Streben kann die wirklich wichtigen Faktoren wie Zeit, Zuwendung und Liebe nicht ersetzen. Die Überbetonung der materiellen Versorgung birgt die Gefahr in sich, dass der Partner oder die Kinder sich zurückgesetzt fühlen, weil zu wenig Zeit oder Energie für Reden, Lieben oder gemeinsames Nichtstun übrig bleibt. Auch hier muss man darauf achten, dass die Balance erhalten bleibt und die Wertvorstellungen aller Beteiligten harmonieren.
Die Vorstellung, Glück durch etwas Äußeres erreichen zu können, führt – Sie wissen es bereits – zu Anhaftung. Anhaftung führt wiederum zu Leid. Dahinter verbirgt sich eine einfache Erkenntnis: Wir werden die Dinge, die wir haben wollen, nicht immer bekommen oder vielleicht nicht in der Form oder zu dem Zeitpunkt, den wir uns vorgestellt haben. Das kann uns unglücklich machen. Und selbst wenn wir das bekommen, was wir uns wünschen, besteht immer die Gefahr, dass wir es wieder verlieren oder dass es uns jemand wegnimmt.
Das Gleiche gilt im Prinzip für alle Äußerlichkeiten. Egal, wie hart wir trainieren, welche Cremes wir benutzen oder ob wir zum Schönheitschirurgen gehen – unser Körper wird mit 60 nicht mehr aussehen wie mit 20. Wir können den Verfall vielleicht aufschieben, aufhalten lässt er sich nicht. Wer sein Glück auf Schönheit und Attraktivität bauen möchte, baut auf Sand und verhindert wahres Glück.
Liebe als Tauschhandel
Gier, also der dringende Wunsch, etwas zu bekommen oder zu behalten, ist die eine Seite. Die Unlust, auf etwas zu verzichten oder zu teilen, die andere. Letzteres bedeutet nicht nur, in Gelddingen oder beim Verschenken oder Verleihen sehr zurückhaltend zu sein. Dazu gehört auch die Unfähigkeit, von bestimmten Wünschen oder Vorstellungen abzulassen. Oder die Zeit, die man anderen widmet, rigoros zu beschränken.
Partnerschaften werden heute oft wie Geschäftsbeziehungen geführt. Man widmet dem Partner nicht mehr
Zeit als gerade nötig, rechnet sich gegenseitig vor, was man alles für den anderen macht beziehungsweise wie viel Geld oder Zeit man in ihn investiert. Manchmal fühlen wir uns ungerecht behandelt, weil wir glauben, mehr als unser Partner für die Partnerschaft zu tun: »Immer muss ich abwaschen (die Wohnung putzen, den Müll runtertragen, mich um die Kinder kümmern …).« »Wieso muss ich heute schon wieder für das Essen bezahlen?« »Wenn ich das für dich tue, möchte ich aber auch, dass du etwas für mich tust.«
Anne-Bärbel Köhle
Als mein Mann Fergus und ich, beide noch Studenten, unser erstes Kind bekamen, war das Glück groß. Das blieb genau sechs Wochen so. Dann begann der Alltag mit Gewalt an unseren Nerven zu zerren. Fergus hatte damals gerade seine Doktorarbeit angefangen. Ich war, nach nur sechs Wochen Babypause, an die Uni zurückgegangen, um zu Ende zu studieren. Zu allem Überfluss bereiteten wir damals auch noch unseren Umzug von Deutschland nach England vor, weil Fergus dort eine Stelle erhalten hatte. Wir wollten, dass alles möglichst schnell geht: schnell die Uni fertig machen, schnell eine neue Wohnung beziehen, schnell Geld verdienen. Mich trieb die Panik, ohne Studium und ohne Job den Rest meines Lebens als Hausfrau zu versauern.
Und Fergus ließ sich von akademischen Würden hetzen.
Beides verständlich – aber für eine Partnerschaft nicht gedeihlich. Und so begannen
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