Das Dalai-Lama-Prinzip für Paare: Wie achtsame Liebe gelingt
sich diese Dinge nicht miteinander vergleichen ließen. Ich arbeitete ja nur deswegen so viel, damit wir zusammen ein angenehmes Leben führen konnten – ich arbeitete also sozusagen für sie mit. Die Auseinandersetzung über dieses Thema wurde über die Jahre immer heftiger. Jeder versuchte seine Position zu rechtfertigen und gab dem anderen die Schuld an der unglücklichen Situation. Es wurde gedroht (»Wenn du nicht weniger Zeit für deinen Job aufbringst und mehr für mich, werde ich dich verlassen.« »Wenn du dich mit deinem Exfreund triffst, treffe ich mich mit meiner Bekannten.«) – mit dem Ergebnis, dass sich die Fronten immer mehr verhärteten. Jeder war der Auffassung, keine Schuld an der Situation zu tragen und gar keine andere Möglichkeit zu haben, als sich so zu verhalten,
wie er es eben tat. Wir waren beide vom Verhalten des jeweils anderen verletzt, es bestand aber über Monate und Jahre hinweg keine Möglichkeit, dies offen anzusprechen und das dahinterliegende Problem aus dem Weg zu räumen. Die Gelegenheit, diesen Konflikt konstruktiv zu lösen, war gleich zu Beginn verpasst worden.
Hauptfehler Nummer vier: Eifersucht und Neid
Unausgewogene Situationen – und das ist eigentlich üblich in Partnerschaften, denn nur selten treffen sich zwei in jeder Beziehung gleich starke Menschen – bergen die Tendenz, dass Neid und Eifersucht in die Beziehung einziehen. Ist zum Beispiel ein Partner vom anderen abhängig, ist einer der beiden wesentlich erfolgreicher, attraktiver, reicher, selbstbewusster oder lebensfähiger als der andere, dann kann es sein, dass der sich als schwächer fühlende Teil neidisch auf das Leben des anderen wird. So kann schon der Gedanke »Wie kann er mich lieben, obwohl er doch so erfolgreich im Beruf ist und ich nur zu Hause rumsitze?« ausreichen, um eine Beziehung zu vergiften.
Eifersucht ist nichts anderes als eine bestimmte Form von Neid. Wir gönnen dem Partner den Erfolg beim anderen Geschlecht nicht. Ein Mann lächelt meine Freundin an, eine Bekannte macht meinem Mann Komplimente – warum sollten wir uns deswegen schlecht fühlen? Wieso beeinträchtigt das unsere Beziehung? Warum freue ich mich nicht darüber? Je geringer das Selbstbewusstsein eines Menschen ist oder je stärker Misstrauen in seiner Persönlichkeit angelegt ist, desto häufiger wird er eifersüchtig reagieren.
Erste-Hilfe-Maßnahme bei Streit
Hass und Zorn zu umgehen, einen Streit konstruktiv zu lösen, das beginnt am besten gleich zu Beginn des Konflikts: Wenn man spürt, dass eine Situation eskaliert und man in Wut gerät, dann hilft es erst einmal, Abstand zu nehmen, zeitlich oder räumlich. Es ist gut, den Raum oder die Wohnung zu verlassen, einen kleinen Spaziergang zu machen und erst einmal nachzudenken: Was ist das eigentliche Problem? Was war die Ursache des Streits? Was meint der andere genau? Was hat mich verletzt? Was will ich von meinem Partner? Habe ich ihn vielleicht beleidigt oder unter Druck gesetzt?
Die räumliche und zeitliche Distanz und die Konzentration auf sich selbst lassen die Wut verrauchen. Erst wenn man tief durchgeatmet hat und die Situation verstanden hat, ist es angebracht, sich wieder mit dem Partner auseinanderzusetzen und mit ihm gemeinsam zu versuchen, eine Lösung zu finden, die beide zufriedenstellt. Das wird nicht immer gelingen, aber Geduld und Zurückhaltung sind die einzigen Methoden, um mit zerstörerischen Gefühlen umzugehen. (Wir werden uns später damit noch eingehender beschäftigen.)
Andererseits fühlt man sich oft auch geschmeichelt, wenn der Partner eifersüchtig ist. Eifersucht ist für viele ein unverzichtbarer Bestandteil einer Beziehung, quasi ein Liebesbeweis. Doch im Grunde ist Eifersucht eines der rätselhaftesten und destruktivsten Gefühle überhaupt. Denn im Unterschied zum Zorn tritt es bereits auf, bevor überhaupt etwas geschehen ist. Jeder Blick, jedes Wort des Partners wird in Hinblick auf vermeintliche Untreue analysiert. Der Partner wird gezwungen, sich zu rechtfertigen, ohne dass er weiß oder ahnt, warum er das tun sollte. Doch keiner kann permanent seine Unschuld beweisen. Fortgesetztes Misstrauen und Zweifel am Partner vergiften auf Dauer jede Beziehung.
Besitzanspruch und Angst vor Verlust
Diesem Verhalten liegt oft die irrige Annahme zugrunde, dass man den anderen besitzt und mehr Anrecht auf ihn hat als jeder andere Mensch. Fehlendes Vertrauen in sich selbst und in die Beziehung sowie die Unfähigkeit, sich am Glück
Weitere Kostenlose Bücher