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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Todeskampfe auf dem Boden wälzte.
    Durch ein bedauernswerthes Mißgeschick war der glatte abgehauene Kopf der Schlange dem Armen an die Brust geflogen, die Zähne bohrten sich hier noch ein, und der Unglückliche hauchte, das entsetzliche Gift in den Adern, in kaum einer Minute sein Leben aus, ohne daß wir im Stande gewesen wären, ihn zu retten.
    Zuerst erstarrt vor Schreck über dieses gräßliche Schauspiel, eilten wir dann sofort auf den Oberst Munro zu.
    »Du bist doch nicht verletzt? fragte Banks, der seine Hand besorgt ergriff.
    – Nein, Banks, beruhige Dich!« antwortete Sir Edward Munro.
    Dann erhob er sich und ging auf den Hindu, seinen Lebensretter, zu.
    »Ich danke Dir, mein Freund!« sagte er.
    Der Hindu gab durch eine Bewegung zu verstehen, daß er für seine That keinen besonderen Dank verdient habe.
    »Wie ist Dein Name? fragte ihn Oberst Munro.
    – Kâlagani!« antwortete der Hindu.
Drittes Capitel.
Der Kraal.
    Der Tod des armen Teufels erregte, vorzüglich bei den Umständen, unter denen er erfolgte, unsere innigste Theilnahme, doch der Biß der Peitschenschlange, der giftigsten der ganzen Halbinsel, schont einmal nicht. Es war nur ein weiteres Opfer zu den Tausenden, welche jenen furchtbaren Reptilien jährlich in Indien erliegen. 1
    Man hat, – jedenfalls nur scherzweise – behauptet, daß es auf Martinique früher keine Schlangen gegeben habe und die Engländer solche nur dahin gebracht hätten, als sie die genannte Insel an Frankreich ausliefern mußten. Den Franzosen fehlte jede Veranlassung zu solchen Repressalien, als sie ihre Erwerbungen in Indien aufgaben. Die wären unnütz gewesen, denn nach dieser Seite hin hatte schon die Natur sich wahrhaft verschwenderisch erwiesen.
    Der Körper des Indiers ging unter dem Einflusse des Giftes rasch in Zersetzung über, so daß er ohne Zögern beerdigt werden mußte. Seine Kameraden unterzogen sich dieser Pflicht, und er wurde in eine hinreichend tiefe Grube gelegt, um dem Ausscharren durch Raubthiere vorzubeugen.
    Nach Beendigung der traurigen Ceremonie lud uns Mathias Van Guitt ein, ihn nach seinem Kraal zu begleiten – eine Einladung, welche von uns mit Vergnügen angenommen wurde.
    Binnen einer halben Stunde erreichten wir den Lagerplatz des Händlers, welcher den Namen eines »Kraals« vollkommen rechtfertigte, während man diesen sonst nur auf die Ansiedlungen im südlichen Afrika angewendet findet.
    Jener bestand aus einer geräumigen, länglichen Einzäunung tief im Walde und in der Mitte einer größeren Lichtung. Mathias Van Guitt hatte denselben den Bedürfnissen seines Geschäftes anzupassen gewußt. Auf allen vier Seiten umschloß ihn eine Palissadenwand mit einem hinreichend weiten Thore, um seine Wagen durchzulassen. In der Mitte des Hintergrundes diente eine lange, aus Baumstämmen und Planken roh gezimmerte Hütte als Wohnstätte für alle Insassen des Kraals. Sechs, in mehrere Einzelzellen abgetheilte Käfige auf vierrädrigen Gestellen schlossen sich rechtwinklich an das linke Ende der Umplankung an. Das Gebrüll aus denselben verrieth, daß sie nicht leer waren. Rechts lagerten etwa ein Dutzend Büffel im Freien und weideten die fetten Bergwiesen ab. Diese bildeten die gewöhnlichen Zugthiere der beweglichen Menagerie. Sechs Büffeltreiber, welchen die Führung der Wagen oblag, und zehn mit der Jagd auf Raubthiere vorzüglich vertraute Hindus bildeten das Personal der Niederlassung.
    Die Büffeltreiber waren nur für die Dauer der Jagdzeit gemiethet. Ihre Beschäftigung bestand darin, die Karren mit den Käfigen nach den Jagdgründen zu fahren und dieselben dann nach der nächsten Eisenbahnstation zu schaffen. Hier verlud man die Karren auf Trucks und beförderte sie in kurzer Zeit nach Allahabad, Bombay oder Calcutta. Die Hindujäger gehörten zu den Leuten, welche man allgemein »Chikaris« nennt. Sie suchen die Spuren der Raubthiere, treiben diese auf und fangen sie mit großer Geschicklichkeit ein.
    Das war die Mannschaft des Kraals. Mathias Van Guitt und seine Leute bewohnten denselben schon seit mehreren Monaten. Sie waren hier freilich ebenso den Ueberfällen wilder Thiere, wie dem Fieber ausgesetzt, das besonders n Tarryani herrscht. Die Feuchtigkeit der Nächte die Ausdünstung schädlicher Bodenfermente und die feuchte Hitze unter dem dichten Laubgewölbe, das die Sonnenstrahlen nur wenig durchdrangen, machen die untere Zone des Himalaya zu einer ungesunden Gegend.
    Der Händler und die Hindus waren hier jedoch so

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