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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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als sich nur belustigen. Unter so bewandten Umständen hatte er sich, überdrüssig, theoretische Zoologie erfolglos vorzutragen, nach Indien begeben, um sich der praktischen Zoologie zu widmen. Diese Thätigkeit behagte ihm weit mehr und er schwang sich dabei zum wohlbestallten Lieferanten der großen Hamburger und Londoner Handelsfirmen empor, aus denen die öffentlichen und privaten Menagerien der Alten und Neuen Welt ihren Bedarf zu decken pflegen.
    Mathias Van Guitt befand sich augenblicklich in Tarryani, um eine umfassende Bestellung auf Raubthiere für Europa auszuführen. Sein Lagerplatz befand sich kaum zwei Meilen von der Stelle, wo wir ihn aus der Falle befreit hatten.
    Wie war der Händler aber da hineingerathen? Diese Frage richtete Banks an ihn, und er gab darauf folgende, mit abwechslungsreichen Gesten illustrirte Antwort:
    »Ja, das war gestern, die Sonne hatte schon den Halbkreis ihres täglichen Umlaufes vollendet. Da fiel es mir ein, eine der von mir eigenhändig errichteten Tigerfallen zu besichtigen. Ich verließ also meinen Kraal, den die Herren hoffentlich bald mit ihrem Besuche beehren werden, und gelangte nach dieser Waldblöße. Ich war allein; meine Leute hatten dringende Arbeiten vor und ich wollte sie nicht davon abhalten. Das war eine Unklugheit. Als ich zur Falle kam, überzeugte ich mich sogleich, daß die, die Thür bildende bewegliche Bohle noch aufgezogen war, und zog daraus die logische Schlußfolgerung, daß sich bis jetzt kein Raubthier gefangen haben könne. Indessen wollte ich mich überzeugen, ob der Köder sich noch vorfinde und ob der Hebel richtig und leicht functionire. Ich glitt also mit geschickter kriechender Bewegung durch den engen Eingang.«
    Mathias Van Guitt’s Hand erläuterte dabei durch eine elegante Wellenbewegung etwa das Schleichen einer Schlange durch das hohe Gras.
    »Im Innern der Falle angelangt, fuhr der Händler fort, prüfte ich das Ziegenviertel, dessen Ausdünstung die Bewohner dieses Theiles des Waldes anlocken sollte. Der Köder erwies sich unberührt. Eben wollte ich umkehren, als ein Stoß meines Armes das Spiel des Hebels auslöste: die Klappe fiel nieder, und ich saß, ohne jede Möglichkeit, daraus entkommen zu können, in meiner eigenen Falle gefangen.«
    Mathias Van Guitt schwieg einen Augenblick, um den ganzen Ernst seiner fatalen Lage zu kennzeichnen.
    »Immerhin, meine Herren, nahm er seine Rede wieder auf, muß ich gestehen, daß ich die Sache anfänglich von ihrer komischen Seite auffaßte. Ich war eingesperrt, richtig! Hier gab es keinen Stockmeister, um die Thüre des Kerkers zu öffnen, auch wahr! Aber ich sagte mir, daß meine Leute, wenn ich ihnen allzu lange ausbliebe, Nachforschungen anstellen würden, die ja nicht ohne Erfolg bleiben konnten. Das Ganze erschien mir nur als eine Frage der Zeit.
    »Was soll man in einer Herberge wohl anderes thun als schlafen? sagt ein französischer Erzähler. Ich schlief also ein, und so verflossen zwei Stunden ohne Veränderung meiner Situation. Der Abend sank hernieder, der Hunger meldete sich. Das Beste, was ich thun zu können glaubte, war, ihn durch Schlaf hinweg zu täuschen. Ich handelte als Philosoph und verfiel in tiefen Schlaf. Die Nacht war still; im Walde regte sich nichts. Mein Schlummer blieb ungestört, und vielleicht schliefe ich noch, wenn mich nicht ein ungewohntes Geräusch geweckt hätte. Die Klappe der Falle stieg langsam empor, das Licht des Tages brach sich Bahn in meinen dunklen Schlupfwinkel, und ich brauchte nur herauszutreten… Den Schreck können Sie sich vorstellen, als ich da das Mordinstrument auf meine Brust gerichtet sah. Noch einen Augenblick und ich war von einer Kugel durchbohrt! Der Herr Kapitän beliebte aber in mir noch rechtzeitig ein Wesen seiner eigenen Gattung zu erkennen, und so habe ich Ihnen, meine Herren, nur noch den verbindlichsten Dank für meine Erlösung auszusprechen!«
    So lautete die Erzählung des Händlers. Ich gestehe, daß wir uns nur mit Mühe bemeistern konnten, das Lachen zu unterdrücken, welches seine Worte und Gesten unwillkürlich erregten.
    »Ihr Lagerplatz, fragte Banks, ist also in diesem Theile Tarryanis aufgeschlagen?
    – Ja, mein Herr, bestätigte Mathias Van Guitt. Wie ich schon die Ehre hatte, Ihnen mitzutheilen, liegt mein Kraal kaum zwei Meilen von hier entfernt, und wenn Sie diesen mit Ihrer Gegenwart beehren wollen, wird es für mich ein Vergnügen sein, Sie daselbst zu empfangen.
    – Gewiß, Herr Van Guitt,

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