Das Dampfhaus
vortrefflich acclimatisirt, daß ihnen die »Malaria« nicht mehr schadete als den Tigern oder den Eingebornen von Tarryani. Wir hätten freilich nicht lange ungestraft in dem Kraal verweilen dürfen. Das lag auch gar nicht in Kapitän Hod’s Plan. Wir wollten nur einige Nächte auf den Anstand gehen und dann nach dem Steam-House in die höhere Zone zurückkehren, welche die Ausdünstungen der Ebene nicht mehr erreichen.
An dem Lagerplatze Mathias Van Guitt’s angelangt, öffnete sich uns das Thor zu demselben.
Mathias Van Guitt schien unser Besuch sehr zu schmeicheln.
»Jetzt, meine Herren, begann er, gestatten Sie mir, die Pflichten des Wirthes zu erfüllen. Diese Niederlassung entspricht allen Anforderungen meiner Kunst. Sie ist freilich nicht viel mehr als eine große Hütte, wie sie die Jäger der Halbinsel einen »Houddi« zu nennen pflegen.«
Während dieser Anrede hatte der Händler die Thüren der Wohnstätte geöffnet, welche er mit seinen Leuten theilte. Alles darin war höchst einfach Ein erstes Zimmer – wenn man ihm diesen Namen geben darf – für den Herrn; ein zweites für die Chikaris, ein drittes für die Wagenlenker; in jedem als einziges Mobiliar ein Feldbett; ein vierter Raum, der gleichzeitig als Küche und Speisezimmer diente – man sieht, daß Mathias Van Guitt’s Wohnung wirklich sehr dürftig war und die Bezeichnung als Houddi mit Recht verdiente. Wir hatten eine größere Hütte vor uns, weiter nichts.
Nachdem wir die Wohnung »dieser zur ersten Classe der Säugethiere gehörenden Zweihänder« in Augenschein genommen, lud man uns ein, nun auch den Aufenthaltsort der Vierfüßler zu besichtigen.
Das war unbestreitbar der interessanteste Theil des Kraals. Die Einrichtung erinnerte mehr an eine wandelnde Menagerie als an die bequemen und eleganten Behälter eines Zoologischen Gartens. In der That fehlten hier nur die in Wasserfarben gemalten und am bunten Gerüst aufgehängten Bilder, welche in greller Colorirung einen Thierbändiger in rosafarbenen Tricots und Sammetwamms inmitten einer umherspringenden Horde von Bestien darstellen, welche sich mit blutigem Maule und drohenden Krallen, unter der Peitsche eines heroischen Bidel oder Pezon krümmen. Freilich mangelte es auch an Publikum für den Zuschauerraum.
Einige Schritte davon lagen die zahmen Büffel. Sie befanden sich zur rechten Hand, in einer besonderen Abtheilung des Kraals, wo man ihnen neben dem Futter, welches der Boden lieferte, noch täglich eine gewisse Menge frisches Gras vorlegte. Es wäre unthunlich gewesen, sie auf benachbarten Weideplätzen ganz frei herumlaufen zu lassen. Wie Mathias Van Guitt sich gewählt ausdrückte, »war diese Hütungsfreiheit, welche in den Clans des Vereinigten Königreichs angebracht ist, gänzlich unvereinbar mit den Gefahren in den Wäldern des Himalaya«.
Die eigentliche Menagerie umfaßte sechs Käfige auf vierrädrigen Gestellen. Jeder an der Vorderseite mit Eisenstäben vergitterte Kasten zerfiel in drei Zellen. Durch Thüren, oder vielmehr von unten nach oben bewegliche Schieber konnte man je nach Bedarf die Thiere aus einer Zelle in die andere treiben. Diese Käfige enthielten zur Zeit sieben Tiger, zwei Löwen, drei Panther und zwei Leoparden.
Mathias Van Guitt erklärte uns, daß sein Stock erst vollzählig sei, wenn er noch zwei Leoparden drei Tiger und einen Löwen gefangen habe. Dann gedachte er den Lagerplatz zu verlassen, nach der nächsten Eisenbahnstation zu ziehen und sich nach Bombay zu wenden.
Die Thiere, welche man in den Käfigen bequem beobachten konnte, waren prächtige Exemplare, aber offenbar sehr wild. Sie befanden sich noch zu kurze Zeit in der Gefangenschaft, um dieser beschränkten Lebensweise gewohnt zu sein. Das bewies ebenso ihr entsetzliches Gebrüll, wie das unermüdliche Hin-und Herlaufen von einer Scheidewand zur andern und das Schlagen gegen die Gitter, welche vielfach verbogen waren.
Als wir vor die Käfige traten, verdoppelte sich nur ihre Wuth, ohne daß Mathias Van Guitt darauf weiter zu achten schien.
»Arme Thiere! sagte Kapitän Hod.
– Arme Thiere! wiederholte der getreue Fox.
– Glauben Sie denn, diese hier seien mehr zu beklagen als jene, welche Sie tödten? fragte der Händler im trockenen Tone.
– Weniger zu beklagen als zu tadeln… daß sie sich fangen ließen!« erwiderte Kapitän Hod.
Wenn es zutrifft, daß die Raubthiere in Ländern wie Afrika – wo Wiederkäuer, ihre gewöhnliche Nahrung, nur seltener vorkommen –
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