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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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lieber Maucler, darauf aufmerksam, sich diese Banjaris genau anzusehen.«
    Unser Zug stand jetzt längs der Seite der Landstraße. Es wäre auch unmöglich gewesen, einer solchen Lawine von gehörnten Thieren, vor der alle Raubthiere eiligst zu entfliehen pflegen, Widerstand zu leisten.
    Wie mir Banks empfohlen, beobachtete ich aufmerksam den ganzen Zug; ich muß jedoch gestehen, daß das Steam-House unter den gegebenen Verhältnissen nicht seine gewohnte Wirkung hervorbrachte. Der Stahlriese, der sonst stets allgemeine Bewunderung erregte, zog kaum die Blicke dieser Banjaris auf sich, welche gewohnt zu sein schienen, über nichts zu erstaunen.
    Die Männer wie die Frauen dieser Zigeuner-Race zeichneten sich gleichmäßig aus – die Männer waren groß, stark, hatten ausdrucksvolle Gesichtszüge, eine Adlernase, welliges Haar, die Hautfarbe ähnelte einer Bronze mit Ueberschuß von Kupfergehalt; sie trugen einen langen Ueberrock nebst Turban, als Waffen eine Lanze, einen runden Schild und einen langen Säbel an schräg über die Brust hängendem Lederzeug; – die Frauen waren ebenfalls hochgewachsen und gut proportionirt, wie die Männer stolz auf ihren Stamm, hatten den Oberkörper in eine Art Schnürleib eingezwängt, während der übrige Körper unter den Falten eines langes Rockes verschwand und die ganze Gestalt vom Kopfe bis zu den Füßen ein elegant drapirtes Oberkleid umhüllte; dazu trugen sie Edelsteine in den Ohren, glitzernde Halsbänder, Armspangen und Ringe von Gold, Elfenbein oder Muscheln um die Knöchel.
    Neben den Männern, Frauen, Greifen und Kindern marschirten in friedlichem Schritt, ohne Sattel und Halfter, Tausende von Ochsen, ihre rothen Troddeln schüttelnd, wobei die am Kopfe angebrachten Schellen erklangen, und trugen quer über den Rücken einen Doppelsack mit Getreide oder anderen Cerealien.
    Wir hatten einen ganzen, zu einer Karawane vereinigten Stamm vor uns, der unter Führung eines gewählten Häuptlings, eines »Naik«, dahinzog, welcher für die Dauer der Fahrt unbeschränkte Machtvollkommenheit besitzt.
    Die Spitze nahm ein besonders großer Stier ein, der in stolzer Haltung, geschmückt mit scharlachrothen Stoffen, einer ganzen Garnitur von Schellen und Muscheln, voranschritt. Ich richtete an Banks die Frage, welche Bewandtniß es mit diesem prächtigen Thiere habe?
    »Darüber wird Kâlagani uns gewiß aufklären können, antwortete der Ingenieur. Wo ist er denn?«
    Kâlagani wurde gerufen. Er kam nicht, man suchte nach ihm. Er war nicht mehr im Steam-House.
    »Er wird ohne Zweifel einen alten Bekannten getroffen haben, meinte Oberst Munro, aber jedenfalls wiederkehren, bevor wir weiter fahren.«
    Eine solche Erklärung schien ganz natürlich, und wir brauchten uns über die augenblickliche Abwesenheit des Hindu wohl nicht zu beunruhigen; dennoch konnte ich mich eines unangenehmen Eindrucks dabei nicht ganz erwehren.
    »Nun, sagte Banks, wenn ich nicht irre, repräsentirt dieser Stier bei den Karawanen der Banjaris deren Gottheit. Wohin er geht, gehen sie nach. Bleibt er stehen, so rastet man; ich glaube indeß, der Naik wird dabei heimlich seine Hand mit im Spiele haben. Kurz, die ganze Religion jener Nomaden beruht in der Verehrung dieses Stiers.«
    Erst zwei Stunden später vermochten wir das Ende des langen Zuges wahrzunehmen. Ich sachte unter den Nachzüglern Kâlagani und sah ihn wirklich im Gespräch mit einem Hindu, der nicht zu den Banjaris gehörte. Offenbar war es einer der Eingebornen, welche zeitweilig bei den Karawanen Dienste nehmen, wie es ja auch Kâlagani wiederholt gethan. Beide sprachen heimlich mit einander. Von wem und wovon mochte die Rede sein? Wahrscheinlich von dem Gebiete, durch welches der wandernde Stamm eben gekommen war und das wir unter der Leitung unseres neuen Führers durchreisen sollten. Der Eingeborne, welcher sich am Ende der Karawane hielt, blieb auf einen Augenblick vor dem Steam-House stehen. Mit einem gewissen Interesse beobachtete er den Zug, nebst dessen künstlichem Elephanten, obwohl er am meisten den Oberst Munro in’s Auge zu fassen schien und uns übrigens nicht ansprach. Dann winkte er Kâlagani ein Lebewohl zu, schloß sich seinem Zuge wieder an und war bald in den dichten Staubwolken um denselben unseren Blicken verschwunden.
    Als Kâlagani zu uns zurückkehrte, sagte er, ohne darum gefragt zu sein, zu Oberst Munro:
    »Einer meiner alten Kameraden, der seit zwei Monaten angestellt ist.«
    Das war Alles. Kâlagani nahm seinen

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