Das Dampfhaus
Dann dürften sie die Sprache der Hindus kennen, bemerkte ich.
– Rufen Sie Jene an, Kâlagani, sagte Banks, und wenn sie nicht antworten, geben wir Feuer.«
Kâlagani rief in seiner Muttersprache den schattenhaften Erscheinungen zu, hervorzutreten.
Es erfolgte ebenso wenig eine Antwort wie das erste Mal.
Da krachte ein Schuß. Der ungeduldige Kapitän Hod hatte nach einem Schatten geschossen, der sich zwischen den Bäumen hindurchwand.
Auf den Knall des Gewehres ward es plötzlich lebendig überall; nach links und rechts sahen wir eine große Menge Geschöpfe auseinander stieben. Phann und Black, welche ein Stück voraus waren, kamen bald darauf ruhig wieder und überzeugten uns, daß Alles geflohen sei.
»Ob das nun Landstreicher oder Nachzügler von der Karawane waren, sagte Kapitän Hod, jedenfalls haben sie sehr schnell Fersengeld gegeben!
– Ja, es wird uns nichts Anderes übrig bleiben, als in das Steam-House zurückzukehren. Ich will aber doch bis Tagesanbruch Wachen ausstellen.«
Kurze Zeit darauf waren wir bei den Anderen zurück. Mac Neil, Goûmi und Fox übernahmen es, zu wachen, während wir unsere Lagerstätten wieder aufsuchten. Die Nacht verlief ohne weitere Störung. Es war also anzunehmen, daß die Unbekannten, als sie das Steam-House so vortrefflich vertheidigt sahen, es vorgezogen hatten, zu verschwinden.
Am nächsten Tage, am 25. September, sollten wir, Oberst Munro, Kapitän Hod, Mac Neil, Kâlagani und ich, während schon die Abfahrt vorbereitet wurde, noch einmal den Saum des Waldes untersuchen.
Von der Bande, welche diese Nacht hier gewesen war, fand sich keine Spur mehr. Wir konnten uns also wohl jeder Besorgniß entschlagen.
Als wir zurückkamen, traf Banks eben Anstalt über die Betwa zu gehen. Der stark angeschwollene Fluß wälzte seine gelblichen Fluthen auf beiden Seiten weit über den Ufern hin. Die Strömung erwies sich als so heftig, daß der Stahlriese ihr gerade entgegenarbeiten mußte, um nicht zu sehr thalabwärts gezogen zu werden.
Der Ingenieur bemühte sich, zunächst eine geeignete Landungsstelle zu erspähen, und betrachtete deshalb mit dem Fernrohr das gegenüberliegende Ufer. Das Bett der Betwa mochte an der Stelle, wo wir uns befanden, augenblicklich wohl eine Meile in der Breite messen. Es war das also der bedeutendste Wasserübergang, den unser Zug bisher ausgeführt hatte.
»Aber, fragte ich, was beginnen die Reisenden oder Kaufleute, wenn sie an einen solchen, durch Hochwasser angeschwollenen Fluß kommen? Ich glaube kaum, daß man mit einer Fähre gegen eine solche Strömung, die schon mehr einer Stromschnelle gleicht, ankämpfen könnte.
– Ei, versetzte Kapitän Hod, das ist sehr einfach – sie gehen eben nicht über das Wasser.
– Und doch, fiel Banks ein, wenigstens, wenn sie Elephanten zur Hand haben.
– Wie? Elephanten könnten eine so weite Strecke schwimmend zurücklegen?
– Gewiß, versicherte der Ingenieur, und dabei verfährt man in der Weise, daß alles Gepäck auf den Rücken…
– Dieser Proboscidien geschafft wird! fuhr Kapitän Hod, in Erinnerung an seinen Freund Mathias Van Guitt, fort.
– Die Mahouts, erklärte Banks weiter, treiben sie dann in die Strömung. Zuerst zögert das Thier, weicht zurück und giebt einige unwillige Laute von sich; bald besinnt es sich aber anders, tritt ruhig in’s Wasser und überschreitet wacker schwimmend den Lauf des Flusses. Es kommt wohl vor, daß einmal einer von der Strömung fortgeführt wird, doch geschieht das unter der Hand eines geschickten Führers höchst selten.
– Gut, versetzte Kapitän Hod, wenn wir auch nicht »mehrere« Elephanten zur Hand haben, so besitzen wir doch einen…
– Der uns nicht im Stiche lassen wird, fiel Banks ein. Gleicht er nicht jenem
Oructor Amphibolis
des Amerikaners Evans, der schon im Jahre 1804 auf der Erde hinrollte und auf dem Wasser schwamm.
Wie sahen einige schweigsame Schatten. (S. 326.)
Jeder nahm nun seinen Platz im Zuge wieder ein; Kâlouth stand an der Feuerthür, Storr saß in dem Thürmchen und Banks, gleichsam als Steuermann, neben ihm.
Zuerst mußten wir gegen fünfzig Schritte durch das überschwemmte Uferland fahren und gelangten dann in die eigentliche Strömung. Der Stahlriese setzte sich langsam und sicher in Gang. Seine breiten Füße tauchten zwar schon in die Fluth, doch schwamm er noch nicht auf derselben. Der Uebergang von dem festen Boden in die dahineilende Fluth erforderte einige Vorsicht.
Hundert
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