Das Dampfhaus
Gestalten wälzten sich aus dem Walde hervor.
Plötzlich schlug ganz dasselbe Geräusch, welches wir in der Nacht gehört hatten, an unser Ohr.
In den tollsten Sprüngen wälzten sich wohl hundert Gestalten aus dem Walde hervor.
»Alle Teufel, rief Kapitän Hod, aus vollem Herzen lachend, das sind also Affen gewesen!«
In der That stürzte eine dichte Gesellschaft jener possirlichen Geschöpfe auf das Steam-House zu.
»Was mögen die Kerle vorhaben? fragte Mac Neil.
– Sie wollen uns sicherlich überfallen, meinte Kapitän Hod, der immer zur Abwehr bereit war.
– O, nein, warf Kâlagani, der die Affengesellschaft beobachtet hatte, ein, das ist nicht zu befürchten.
– Nun, was haben sie dann vor? fragte Mac Neil noch einmal.
– Sie wollen in unserer Gesellschaft über den Fluß setzen, weiter nichts!« antwortete der Hindu.
Kâlagani täuschte sich nicht. Wir hatten es hier weder mit jenen langarmigen, starkbehaarten Gibbons zu thun, welche unverschämt sind und sogar gefährlich werden können, noch mit »Mitgliedern der aristokratischen Familie«, die den Palast von Benares bewohnt. Es waren vielmehr sogenannte »Langours«, die größten Affen der Halbinsel, geschmeidige Vierhänder mit schwarzem Fell und glattem, von weißem Backenbart umrahmten Gesichte, was ihnen das Ansehen alter Advocaten verlieh. Bezüglich ihrer bizarren Haltung und maßlosen Gesticulationen hätte sogar Mathias Van Guitt in ihnen seinen Meister gefunden. Ihr Chinchillapelz war auf dem Rücken grau, am Bauche fast weiß und den Schwanz trugen sie meist hoch.
Ich erfuhr bei dieser Gelegenheit, daß die Langours in ganz Indien als geheiligte Thiere betrachtet werden. Der Sage nach stammen sie von den Kriegern Rama’s ab, welche die Insel Ceylon eroberten. In Amber haben sie einen Palast, den Zehnanah, inne, wo sie von Touristen vielfach aufgesucht werden. Sie zu tödten, ist ausdrücklich verboten, und die Mißachtung dieses Gesetzes hat schon manchem englischen Officier das Leben gekostet.
Diese Affen sind von sanftem Charakter und leicht zähmbar, dagegen äußerst gefährlich, wenn man sie angreift, und Louis Rousselet sagt von ihnen mit Recht, daß sie verwundet ebenso gefährlich wie Hyänen und Panther werden können.
Uns kam es jedoch gar nicht in den Sinn, die Langours anzugreifen, und Kapitän Hod setzte auch das Gewehr wieder beiseite.
Hatte Kâlagani Recht, indem er behauptete, daß die ganze Gesellschaft, welche nicht über den Strom gelangen konnte, unseren schwimmenden Apparat zu benutzen gedachte, um die Betwa zu überschreiten? Das war ja möglich, und wir sollten uns auch sogleich davon überzeugen. Der Stahlriese, der jetzt das Ufergelände überschritten hatte, erreichte eben das eigentliche Bett des Stromes.
Bald schwamm der ganze Zug mit ihm. In Folge einer Biegung des Flusses stand das Wasser an eben dieser Stelle fast stille, so daß auch das Steam-House sich kaum fortbewegte.
Die Affenheerde war inzwischen nahe herangekommen und plätscherte in dem seichten Wasser, welches das nächstliegende Land bedeckte.
Von feindseligen Absichten bemerkten wir nichts. Plötzlich aber singen Männchen und Weibchen, Alte und Junge an zu hüpfen und zu springen, reichten einander die Hand und gelangten zuletzt bis an den Zug, der sie zu erwarten schien.
Binnen wenig Secunden saßen gegen zehn auf dem Stahlriesen, etwa dreißig auf jedem Hause – eine ganze Gesellschaft lustiger Burschen, welche untereinander lebhaft zu plaudern schienen und offenbar ihre Befriedigung zu erkennen gaben, zu so gelegener Zeit einen schwimmenden Apparat angetroffen zu haben, der ihnen die Fortsetzung ihrer Wanderung ermöglichte.
Der Stahlriese trieb bald in die Strömung hinein und wendete sich dieser entgegen. Banks hatte einen Augenblick gefürchtet, diese Ueberlastung mit Passagieren werde unseren Zug zu schwer machen; das war jedoch nicht der Fall. Die Affen hatten sich wirklich recht geschickt über denselben vertheilt. Sie hockten da auf dem Rücken, dem Thürmchen, Halse und dem Rüssel des Elephanten bis zur äußersten Spitze, wo sie nicht einmal der ausgestoßene Dampf erschreckte. Andere befanden sich auf den abgerundeten Dächern unserer Pagoden, die einen zusammengekauert, andere stehend, diese auf die Füße gestützt, jene sich auf dem Schwanze haltend – selbst unter der Veranda des Balkons.
Das Steam-House hielt sich also, in Folge seiner glücklich vertheilten Luftkästen, in der richtigen Schwimmlinie, so
Weitere Kostenlose Bücher