Das Dampfhaus
seine Absichten bald kennen lernen. Jedenfalls, und das wußte er auch selbst, war sein Erscheinen in der Provinz Aurungabad angemeldet worden, der General-Gouverneur hatte den Vicekönig in Calcutta davon benachrichtigt und einen Preis auf seinen Kopf gesetzt. Es blieb ihm also nichts Anderes übrig, als auf der Stelle zu entfliehen und einen verborgenen Zufluchtsort aufzusuchen, der ihn vor den Nachstellungen der anglo-indischen Polizei sicherte.
Nana verlor auch keine Minute. Er kannte das Land vollkommen und beschloß bis nach dem von Aurungabad fünfundzwanzig Meilen entfernten Ellora zu flüchten, wo er einen seiner Genossen zu finden hoffte.
Die Nacht war dunkel. Nachdem der falsche Fakir sich versichert, daß er nicht verfolgt werde, wandte er sich nach jenem, eine Strecke von der Stadt errichteten Mausoleum des Mohammedaners Sha-Sufi, eines Heiligen, dessen Reliquien in dem Rufe wunderthätiger Heilkräfte stehen. In dem Mausoleum schlief schon Alles, Priester sowohl wie Pilger, und Nana kam vorbei, ohne durch eine Frage belästigt zu werden.
»Kein Licht!« rief Nana. (S. 51.)
Es lagerte jedoch keine so tiefe Finsterniß über der Landschaft, daß jener ungeheure Granitblock, der vier Meilen weiter nördlich das uneinnehmbare Fort von Daoulutabad trägt und sich inmitten einer weiten Ebene gegen zweihundertvierzig Fuß hoch erhebt, den Blicken hätte verborgen bleiben können. Der Nabab erinnerte sich dabei, daß einer seiner Ahnen, ein Kaiser von Dekkan, einst beabsichtigte, die früher den Fuß des Forts umgebende geräumige Stadt zu seiner Residenz zu erheben. Wirklich wäre das eine unbezwingliche Stellung, ein geeigneter Mittelpunkt für eine insurrectionelle Bewegung in diesem Theile Indiens gewesen. Der Nabab wandte aber den Kopf weg und hatte nur einen Blick voll Haß für die, jetzt in den Händen seiner Todfeinde befindliche Veste.
Nach der Ebene hier kam eine mehr hügelige Gegend, mit den ersten Bodenwellen, die nach und nach zu Bergen anwachsen sollten. Nana, ein Mann im kräftigsten Alter, verlangsamte nicht im mindesten seine Schritte, als er die steilen Abhänge hinaufstieg. Er wollte in dieser Nacht fünfundzwanzig Meilen, das heißt die Entfernung zurücklegen, welche Ellora von Aurungabad trennt. Dort hoffte er in voller Sicherheit rasten zu können. Er hielt sich also nirgends auf, weder in einer Karawanserei, wie sie für Jeden, der des Weges daher kommt, offen stehen, noch in einem halbverfallenen Bungalow, wo er, schon in entlegenerem Theile des Gebirges, einige Stunden hätte schlummern können.
Er blickte im Dunkeln. (S. 54.)
Mit Sonnenaufgang eilte der Flüchtling um das Dorf Raupah herum, welches das einfache Grab des größten der mongolischen Kaiser, Aureng Zeb’s, enthält. Dann gelangte er nach jener berühmten Höhlengruppe, die ihren Namen von dem benachbarten Dorfe Ellora entlehnt hat.
Der Hügel, aus welchem man jene Höhlen herausgearbeitet hat, zeigt etwa die Gestalt des Halbmondes. Die wunderbaren Bauwerke desselben bilden vier Tempel, vierundzwanzig buddhistische Klöster und einige minder beträchtliche Grotten. Der Basaltbruch ist von der Hand des Menschen umfänglich ausgenutzt worden. Die Hindubaumeister entnahmen aus demselben das Gestein während der ersten Jahrhunderte der christlichen Aera aber nicht zur Errichtung der auf der ungeheuren Halbinsel da und dort verstreuten Meisterwerke der Baukunst, nein, dasselbe wurde nur gebrochen, um in der Felsenmasse selbst Hohlräume zu gewinnen, und diese Räume sind je nach ihrer Bestimmung »Chaityas« oder »Viharas« geworden.
Der außerordentlichste jener Tempel ist der sogenannte Kaïlasa. Man stelle sich einen Steinblock von hundertzwanzig Fuß Höhe und sechshundert Fuß Umfang vor. Diese Masse hat man mit unglaublicher Kühnheit aus dem Berge selbst ausgeschnitten, inmitten eines dreihundertsechzig Fuß langen und hundertsechsundachtzig Fuß breiten Hofes isolirt – ein Hof, den man mittelst Werkzeuge dem Basaltberge abgewann. Nach Herstellung dieses Einzelblocks haben die Baumeister ihn bearbeitet, wie der Bildschnitzer ein Stück Elfenbein. Aeußerlich formten sie aus demselben Säulen, meißelten kleine Pyramiden und runde Kuppeln, ließen dabei genug Steinmassen für die Herstellung von Basreliefs stehen, von denen über lebensgroße Elephanten das ganze Gebäude zu tragen scheinen; im Innern arbeiteten sie einen geräumigen Saal mit Kapellen an den Seiten aus, dessen Wölbung auf
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