Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
später glücken. In den Jahren 1827, 1837, 1847 gab es Aufstände in Indien. Alle zehn Jahre erfaßt die Hindus das Fieber der Rebellion. Wohlan, dieses Jahr sollen sie sich durch ein Bad in Strömen europäischen Blutes heilen!
    – Brahma sei mit uns, murmelte Nana, und dann Verderben für Verderben! Wehe den Führern der königlichen Armee, die nicht den Streichen unserer Sipahis erlagen! Lawrence ist todt, Barnard ist todt, Napier ist todt, Hobso sowie Havelock! Einige leben aber noch, wie Campbell, Rose und Andere, unter ihnen der, den ich vor Allen hasse, Oberst Munro, der Abkömmling jenes Henkers, welcher zuerst Hindus vor den Schlund der Kanonen binden ließ, der Mann, von dessen eigener Hand meine Gefährtin, die Rani von Jansi, den Tod erlitt! Wenn er in meine Hand fällt, mag er sehen, ob ich die Schandthaten des Oberst Neil, die Metzeleien des Sekander Bogh, die Verwüstungen des Palastes der Begum, der von Bareilli, Jansi, Morar, der Insel Hidaspe und von Delhi vergessen habe! Ob ich es vergessen, daß er mir den Tod geschworen hat, wie ich ihm!
    – Ist er nicht aus der Armee getreten? fragte Balao Rao.
    – O, bei der ersten Bewegung wird er wieder Dienste nehmen, versicherte Nana Sahib. Doch wenn der Aufstand fehlschlägt, ihn werde ich erdolchen, und wäre es in seinem Bungalow in Calcutta!
    – Gut, aber jetzt?…
    – Jetzt gilt es, das begonnene Werk weiter zu führen. Diesmal muß die Erhebung eine nationale werden! Die Hindus der Städte und der Dörfer mögen sich nur erheben, bald werden die Sipahis mit ihnen gemeinschaftliche Sache machen. Ich habe den mittleren und nördlichen Theil von Dekkan durchstreift; überall fand ich die Geister reif zur Empörung. In allen Städten, allen Flecken warten unsere Führer darauf, zu handeln. Die Brahmanen werden die Menge fanatisiren. Die Religion wird diesmal die Anhänger Shiva’s und Wischnu’s mit fortreißen. Zur bestimmten Zeit und auf ein gegebenes Zeichen werden Millionen von Hindus aufstehen und die königlichen Heere vernichtet sein!
    – Und Dandou Pant?… fragte Balao Rao, die Hand des Bruders ergreifend.
    – Dandou Pant, erwiderte Nana, wird nicht allein als Païschwah auf dem Castell von Bilhur gekrönt, sondern der Herrscher über das heilige Land von Indien werden!«
    Nach diesen Worten verfiel Nana Sahib, die Arme kreuzend und mit dem unbestimmten Ausdruck des Blickes Derjenigen, die weniger auf die Vergangenheit oder Gegenwart als in die Zukunft schauen, in stilles Sinnen…
    Balao Rao hütete sich wohl ihn zu stören. Es gefiel ihm, diese wilde Seele sich an sich selbst entflammen zu lassen, im Nothfall war er ja bei der Hand, das in Jenem schlummernde Feuer zu schüren. Nana Sahib konnte einen inniger an seine Person geknüpften Genossen gar nicht finden, keinen eifrigeren Rathgeber, der ihn seinem Ziel entgegen trieb. Er war wie gesagt sein zweites Ich.
    Nach wenigen Minuten des Schweigens erhob er seinen Kopf wieder.
    »Wo sind unsere Leute?
    – In den Höhlen von Adjuntah, wo sie uns verabredetermaßen erwarten sollten.
    – Und unsere Pferde?
    – Die habe ich in Büchsenschußweite von hier auf der Straße von Ellora nach Boregami zurückgelassen.
    – Wohl unter Obhut Kâlagani’s?
    – Ja, Bruder. Sie sind gut bewacht, durch Futter und Ruhe gestärkt, und erwarten uns nur noch, um aufzubrechen.
    – Also vorwärts, mahnte Nana. Wir müssen vor Tagesanbruch in Adjuntah sein.
    – Und wohin wenden wir uns von da aus? fragte Balao Rao. Hat diese übereilte Flucht Deine Pläne nicht gestört?
    – Nicht im mindesten, antwortete Nana Sahib. Wir werfen uns in die Sautpourra-Berge, in denen ich alle Schliche und Wege kenne und alle Nachstellungen der englischen Polizei zu vereiteln vermag. Dort befinden wir uns übrigens in dem Gebiete der Bilhs und Gounds, die unserer Sache stets treu geblieben sind. Da, in der Gebirgsregion der Vindhyas, wo der Zündstoff der Empörung immer aufzuflammen bereit ist, kann ich den günstigen Augenblick abpassen.
    – Vorwärts denn, mahnte Balao Rao, o, sie haben dem zweitausend Pfund versprochen, der Dich singe! Doch es ist nicht genug, einen Preis auf Deinen Kopf zu setzen, man muß ihn auch haben!
    – Es wird ihn Keiner bekommen, antwortete Nana Sahib. Komm schnell, Bruder, keinen Augenblick verloren, komm!«
    Sicheren Schrittes ging Balao Rao durch den engen Gang, der zu diesem dunklen Zufluchtsorte unter dem Grunde des Tempels führte. An dem von dem Rücken des Elephanten verdeckten

Weitere Kostenlose Bücher