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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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hinzu, faltete die Hände auf dem Tisch und rieb sie aneinander, während ihre Blicke von einem zum anderen wanderten.
    Bao stand auf, nahm einen knallroten Filzstift und ging zur Schreibtafel. Schnell und fast unbeherrscht kritzelte sie: »Allein im letzten Monat zwei Millionen HerodesPrimärfehlgeburten. Die Krankenhäuser sind überfüllt.«
    »Ich besuche diese Krankenhäuser«, sagte Dicken. »Das gehört zu meiner Aufgabe an vorderster Front.«
    »Auch wir haben Patientinnen hier und im ganzen Land aufgesucht«, erwiderte Bao mit gereizt verkniffenem Mund. »Allein hier im Gebäude haben wir dreihundert SHEVAMütter. Manche davon sehe ich jeden Tag. Wir schotten uns nicht ab, Christopher.«
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Dicken. Bao nickte. »Siebenhunderttausend bestätigte HerodesSekundärschwangerschaften. Na ja, da widersprechen sich die Statistiken – was wirklich los ist, wissen wir nicht.« Sie sah Dicken durchdringend an. »Wo sind die vielen anderen? Darüber wird nichts berichtet. Weiß Mark Bescheid?«
    »Ich weiß es«, sagte Dicken, »und Mark weiß es auch. Es sind heikle Informationen. Wir wollen nicht bekannt geben, wie viel wir wissen, so lange der Präsident nicht die politische Entscheidung über den Vorschlag der Taskforce getroffen hat.«
    »Ich kann es mir denken«, sagte House sarkastisch. »Gebildete Frauen mit den entsprechenden Mitteln besorgen sich RUauf dem Schwarzmarkt oder verschaffen sich auf andere Weise in den verschiedensten Schwangerschaftsstadien eine Abtreibung.
    Unter den Medizinern, in den Frauenkliniken herrscht regelrechter Aufruhr. Sie geben wegen der neuen Vorschriften über das Abtreibungsverfahren keine Meldungen mehr an die Taskforce weiter. Ich nehme an, Mark will nur offiziell absegnen, was ohnehin überall im Land geschieht.«
    Dicken hielt einen Augenblick inne, um seine Gedanken zu ordnen und seine bröckelnde Fassade zu glätten. »Mark hat keinen Einfluss auf das Repräsentantenhaus oder den Senat. Wenn er sich zu Wort meldet, wird er gar nicht weiter beachtet. Wir alle wissen, dass die Gewalt in den Familien zunimmt. Viele Frauen werden zu Hause rausgeworfen. Es gibt Scheidungen. Morde.« Dicken ließ seine Worte wirken, wie sie in den letzten Monaten auch auf sein eigenes Denken und Selbstbewusstsein eingewirkt hatten.
    »Gewalt gegen schwangere Frauen war noch nie so häufig wie jetzt. Manche greifen sogar zu Quinacrin, wenn sie es sich beschaffen können, und machen sich selbst unfruchtbar.«
    Bao schüttelte traurig den Kopf.
    Dicken war noch nicht fertig. »Viele Frauen wissen, dass es der einfachste Ausweg ist, wenn sie die Sekundärschwangerschaft lange vor dem Ende abbrechen, noch bevor andere Nebenwirkungen auftreten.«
    »Mark Augustine und die Taskforce weigern sich, diese Nebenwirkungen genauer zu beschreiben«, sagte Bao. »Ich nehme an, Sie meinen damit die Maskenbildung und den Melanismus bei den Eltern.«
    »Ich meine damit auch das Auftreten von Gaumenspalten und Fehlbildungen an der Nasenhöhle«, erklärte Dicken.
    »Warum auch die Väter?«, wollte Bao wissen.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Dicken. »Hätten die NIH die klinischen Testpersonen nicht ziehen lassen – ziehen lassen aufgrund übertriebener persönlicher Bedenken –, dann wüssten wir heute vielleicht schon viel mehr, und das unter einigermaßen kontrollierten Bedingungen.«
    Bao erinnerte Dicken daran, dass keiner der Anwesenden etwas mit dem Abbruch der klinischen Studien der Taskforce in demselben Gebäude zu tun hatte.
    »Ich verstehe«, sagte Dicken, und dabei war er sich selbst so heftig zuwider, dass er es kaum verbergen konnte. »Ich will Ihnen in diesem Punkt auch gar nicht widersprechen. Alle brechen die Sekundärschwangerschaften ab – alle, bis auf diejenigen, denen das Geld fürs Krankenhaus oder die Pillen fehlt … oder auch diejenigen …«
    »Oder wer?«, fragte Meeker.
    »Oder auch diejenigen, die überzeugt sind.«
    »Überzeugt wovon?«
    »Von der Natur. Von der Vorstellung, man solle diesen Kindern eine Chance geben, ganz gleich, wie groß die Wahrscheinlichkeit von Totgeburten oder Fehlbildungen ist.«
    »Augustine ist offenbar nicht der Ansicht, dass man auch nur einem einzigen solchen Kind eine Chance geben sollte«, sagte Bao.
    »Warum?«
    »Weil die Herodes-Grippe eine Krankheit ist und man Krankheiten auf diese Weise bekämpft.« So kann das nicht mehr weitergehen. Entweder kündigst du, oder du scheiterst bei dem Versuch, Dinge zu

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