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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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drehte sich um und sah zu, wie drei weitere Senatoren den Raum betraten. Nach ihnen kamen Shawbeck und der Gesundheitsminister. »Da kommen die Löwen, gefolgt von den Christen«, sagte er. »Anders sollte es auch nicht sein.« Bevor er sich umwandte, um sich am anderen Ende des Tisches auf einen der drei nicht mit einem Fähnchen markierten Stühle zu setzen, sagte er sehr leise: »Der Präsident hat zwei Stunden mit Alabama und Maryland gesprochen, Christopher. Sie haben sich dafür eingesetzt, dass er seine Entscheidung hinauszögert. Ich glaube, er will das nicht. In den letzten sechs Wochen wurden fünfzehntausend schwangere Frauen ermordet. Fünfzehntausend, Christopher!«
    Dicken hatte die Zahl schon mehrere Male gelesen.
    »Wir sollten uns niederknien und uns den Tritt in den Hintern abholen«, murmelte Augustine.

    Mitch schätzte die Menge, die sich den Hügel hinaufbewegte, auf mindestens sechshundert Menschen. Ein paar Dutzend Zuschauer folgten der entschlossenen Gruppe mit dem Ring und dem Holzpfahl.
    Kay griff nach seiner Hand. »Ist das eine Spezialität von Seattle?«, fragte sie und zog ihn hinter sich her. Die Vorstellung von einem Fruchtbarkeitsritual faszinierte sie.
    »Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Mitch. Seit San Diego ließen große Menschenmassen ihn erschaudern.
    Oben auf der Landzunge stellten Kaye und Mitch sich an den Rand einer großen, flachen Sonnenuhr, die etwa zehn Meter Durchmesser hatte. Sie bestand aus einem bronzenen Flachrelief mit astrologischen Bildern, Zahlen, ausgestreckten Händen und Kalligrafiebuchstaben für die vier Himmelsrichtungen. Vervollständigt wurde der Kranz durch Keramik, Glas und farbigen Beton.
    Mitch zeigte ihr, wie man als Besucher zum Zeiger der Sonnenuhr wurde, wenn man sich zwischen die parallelen Reihen mit den Jahreszeiten und Datumsangaben stellte. Nach ihrer Schätzung war es zwei Uhr nachmittags.
    »Wunderschön«, sagte sie. »Irgendwie ein heidnischer Ort, findest du nicht?« Mitch nickte, den Blick auf die wandernde Menschenmenge gerichtet.
    Mehrere Männer und Jungen, die Drachen steigen ließen, gaben den Weg frei. Sie zogen an ihren Leinen und spulten sie auf, während die Gruppe auf den Hügel stieg. Die drei Frauen, die jetzt den Ring trugen, schwitzten unter der Last. In der Mitte der Sonnenuhr legten sie ihn vorsichtig ab. Daneben standen zwei Männer mit dem Pfahl und warteten darauf, ihn ebenfalls zu platzieren.
    Fünf ältere Frauen in hellgelben Mänteln gingen mit gefalteten Händen in den Kreis, lächelten würdig und stellten sich um den Ring in der Mitte der Windrose auf. Die Gruppe war mucksmäuschenstill.
    Kaye und Mitch stiegen am Südabhang des Hügels hinunter, der den Lake Union überblickte. Mitch spürte leichten Wind aus Süden und sah, wie über der Innenstadt von Seattle ein paar Wolkenbänke aufzogen. Die Luft war wie Wein – rein und süß, mit einer Temperatur von knapp über zwanzig Grad. Schatten der Wolken wanderten dramatisch über den Hügel. »Zu viele Menschen«, sagte Mitch zu Kaye. »Bleiben wir mal hier und sehen, was die vorhaben«, erwiderte sie.
    Die Menge rückte eng zusammen und bildete konzentrische Kreise. Alle hatten sich an den Händen gefasst. Höflich baten sie Kaye und Mitch, ein Stück den Hügel hinunterzugehen, bis sie ihre Zeremonie beendet hatten.
    »Sie können gern von unten aus zusehen«, sagte eine korpulente junge Frau im grünen Hemd zu Kaye. Über Mitch sah sie demonstrativ hinweg. Ihre Blicke schienen an ihm vorbei und durch ihn hindurch zu wandern.
    Die einzigen Geräusche, die von der Versammlung ausgingen, waren das Rascheln der Mäntel und die Schritte der Sandalen auf dem Gras und dem Relief der Sonnenuhr.
    Mitch steckte die Hände in die Hosentaschen und zog die Schultern ein.

    Die Gouverneure setzten sich um den Tisch und beugten sich nach rechts oder links, um sich flüsternd mit ihren Assistenten oder Kollegen zu beraten. Shawbeck blieb stehen, die Hände vor sich verschränkt. Augustine hatte den Tisch zu einem Viertel umrundet und unterhielt sich mit dem Gouverneur von Kalifornien.
    Dicken versuchte, das Rätsel der Sitzordnung zu lösen, und stellte schließlich fest, dass jemand damit einen klugen Plan verfolgte.
    Man hatte die Gouverneure nicht nach Dienstalter oder Einfluss gesetzt, sondern nach der geographischen Lage ihrer Staaten. Kalifornien war auf der Westseite des Tisches vertreten, und der Gouverneur von Alabama saß fast am hinteren Ende des Raumes im

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