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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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habe mit ein paar Leuten telefoniert, die Sie kennen. Ich habe gehört, Ihr Vater wolle kommen und Sie aus dem Krankenhaus holen, und ich habe auch mit ihrer Mutter gesprochen.«
    »Bitte kommen Sie zur Sache, Professor«, sagte Mitch.
    Luria hob die Augenbrauen und kramte in seinen Papieren.
    »Man hat mir gesagt, Sie seien ein sehr guter Wissenschaftler, gewissenhaft, ein Experte für die Planung und Durchführung heikler Grabungsprojekte. Sie haben das Skelett gefunden, das als Pasco-Menschen bekannt ist. Als die amerikanischen Ureinwohner protestierten und ihn als einen ihrer Vorfahren für sich beanspruchten, haben Sie die Knochen von der Fundstelle entfernt.«
    »Um sie zu schützen. Sie waren an einer Böschung ausgewaschen worden und lagen am Flussufer. Die Indianer wollten sie wieder in der Erde vergraben. Die Knochen waren für die Wissenschaft von großer Bedeutung. Ich konnte das nicht zulassen.«
    Luria beugte sich nach vorn. »Ich glaube, der Pasco-Menschen ist an einer infizierten Speerwunde im Oberschenkel gestorben, oder?«
    »Möglicherweise«, erwiderte Mitch.
    »Sie haben eine Nase für Vorzeittragödien«, sagte Luria und kratzte sich mit einem Finger am Ohr.
    »Das Leben damals war ganz schön hart.«
    Luria nickte zustimmend. »Wenn wir hier in Europa ein Skelett finden, gibt es solche Probleme nicht.« Er lächelte seinen Kollegen zu. »Wir haben keinen Respekt vor unseren Toten – sie werden ausgegraben und ausgestellt, und die Touristen zahlen Eintritt, um sie zu sehen. Was Sie getan haben, ist also für uns nicht unbedingt ein großer Makel, aber offensichtlich war es das Ende der Beziehung zu Ihrem Arbeitgeber.«
    »Politische Korrektheit«, sagte Mitch. Er bemühte sich, keine Verbitterung anklingen zu lassen.
    »Möglicherweise. Ich bin durchaus bereit, einem Mann mit Ihrer Erfahrung zuzuhören – aber, Doktor Rafelson, zu unserem Bedauern haben Sie etwas sehr Unwahrscheinliches erzählt.« Luria deutete mit seinem Kugelschreiber auf Mitch. »Welcher Teil Ihrer Geschichte ist gelogen, und welcher ist die Wahrheit?«
    »Warum sollte ich lügen?«, fragte Mitch. »Mein Leben ist doch ohnehin schon verpfuscht.«
    »Vielleicht um wissenschaftlich einen Fuß in der Tür zu behalten? Um nicht so schnell aus dem Haus der Anthropologie ausgesperrt zu sein?«
    Mitch lächelte wehmütig. »Das würde ich vielleicht sogar tun«, sagte er, »aber dann würde ich mir nicht eine so verrückte Geschichte ausdenken. Der Mann und die Frau in der Höhle hatten eindeutig die Merkmale von Neandertalern.«
    »Auf welche Kriterien stützen Sie diese Einordnung?«, fragte Brock, der sich damit zum ersten Mal in das Gespräch einmischte.
    »Dr. Brock ist Experte für Neandertaler«, sagte Luria respektvoll.
    Mitch beschrieb die Leichen langsam und ausführlich. Wenn er die Augen schloss, konnte er sie vor sich sehen, als schwebten sie über dem Bett.
    »Ihnen ist sicher bewusst, dass die einzelnen Wissenschaftler bei der Beschreibung der so genannten Neandertaler unterschiedliche Kriterien verwenden«, sagte Brock. »Früh, mittel, spät, aus verschiedenen Regionen, grazil oder robust, vielleicht verschiedene Rassengruppen innerhalb der Subspezies. Manchmal sind die Abgrenzungen so geartet, dass ein Beobachter in die Irre gehen kann.«
    »Es waren keine Homo sapiens sapiens .« Mitch goss sich Wasser ein und bot auch den anderen ein Glas an. Luria und die Frau nahmen an. Brock schüttelte den Kopf.
    »Nun ja, wenn sie wirklich gefunden werden, können wir die Sache ohne weiteres aufklären. Ich bin neugierig, wie Ihre zeitliche Einteilung für die Evolution des Menschen aussieht …«
    »Da bin ich nicht dogmatisch«, erwiderte Mitch.
    Luria wiegte den Kopf – comme ci, comme ça – und steckte ein paar Seiten mit Notizen weg. »Clara, gib mir doch bitte das große Buch da. Ich habe ein paar Fotos und Karten angestrichen – an den Stellen könnten Sie gewesen sein, bevor Sie gefunden wurden.
    Kommt Ihnen irgendetwas davon bekannt vor?«
    Mitch nahm das Buch und schlug es auf der Bettdecke unbeholfen auf. Die Bilder waren bunt, scharf und wunderschön. Die meisten waren am helllichten Tag bei blauem Himmel aufgenommen worden. Er sah sich die markierten Seiten an und schüttelte den Kopf. »Hier ist nirgendwo ein gefrorener Wasserfall.«
    »Kein einziger Bergführer kennt in der Nähe der Gletschernadel oder überhaupt auf der Hauptmasse des Gletschers einen gefrorenen Wasserfall. Vielleicht können Sie uns

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