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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Tür.
    Der Fernseher war auf Sky News eingestellt. Als erstes kam ein Bericht über die endgültige, jahrelang hinausgezögerte Zerstörung eines großen militärischen Satelliten. Die letzten feurigen Minuten des künstlichen Himmelskörpers hatte man auf der Insel Sachalin in spektakulären Aufnahmen eingefangen. Mitch starrte auf die Teleobjektivbilder des taumelnden, Funken sprühenden Feuerballes. Veraltet, nutzlos, in Flammen aufgegangen.
    Er griff nach der Fernbedienung und wollte das Gerät gerade abschalten, da erschien das Bild einer attraktiven jungen Frau mit kurzen dunklen Haaren, Ponyfrisur und großen Augen als Hintergrund zu einem Bericht über eine wichtige biologische Entdeckung in den Vereinigten Staaten.
    »Eine Virusvorstufe, die wie ein blinder Passagier seit Jahrmillionen in der DNA der Menschen lauert, wurde mit einer neuen Art der Grippe in Verbindung gebracht, an der nur Frauen erkranken«, begann der Sprecher. »Der Molekularbiologin Dr. Kaye Lang aus Long Island im Staat New York kommt das Verdienst zu, diesen unglaublichen Eindringling aus der Vergangenheit der Menschen vorhergesehen zu haben. Wir schalten jetzt zu Michael Hertz auf Long Island.«
    Hertz war voller höflichem Respekt, als er sich vor dem Hintergrund eines großen, modisch grünweißen Hauses mit der jungen Frau unterhielt. Lang wirkte der Kamera gegenüber misstrauisch.
    »Wir haben von den Centers for Disease Control und jetzt auch von den National Institutes of Health gehört, dass die neue Art der Grippe in San Francisco und Chicago eindeutig nachgewiesen wurde und dass der gleiche Nachweis auch in Los Angeles unmittelbar bevorsteht. Glauben Sie, dass es die größte Grippeepidemie seit 1918 werden könnte?«
    Lang blinzelte nervös in die Kamera. »Zunächst einmal ist es eigentlich keine Grippe. Der Erreger ähnelt keinem Influenzavirus und übrigens auch keinem anderen Virus, das mit Erkältung oder grippalen Erkrankungen in Verbindung gebracht wird. … Er ist ganz anders. Vor allem ruft er die Symptome offenbar ausschließlich bei Frauen hervor.«
    »Können Sie dieses neue, oder vielmehr sehr alte Virus genauer beschreiben?«, fragte Hertz.
    »Es ist groß, etwa achtzig Kilobasen, das heißt …«
    »Genauer gefragt, was für Symptome verursacht es?«
    »Es ist ein Retrovirus. Es vermehrt sich, indem es sein genetisches Material, seine RNA, in DNA umschreibt und dann in die DNA der Wirtszelle einbaut. Wie HIV. Es scheint spezifisch für den Menschen zu sein.«
    Die Augenbrauen des Reporters schossen in die Höhe. »Ist es so gefährlich wie das AIDS-Virus?«
    »Ich habe keine Anhaltspunkte dafür, dass es gefährlich ist. Wir tragen es seit Jahrmillionen in unserer DNA; in dieser Hinsicht hat es also keinerlei Gemeinsamkeiten mit dem HIVRetrovirus.«
    »Woran können unsere Zuschauerinnen erkennen, ob sie sich diese Grippe zugezogen haben?«
    »Die Symptome wurden von den CDC beschrieben, und ich weiß nicht mehr als das, was dort bekannt gegeben wurde. Leichtes Fieber, Halsschmerzen, Husten.«
    »Das trifft auch auf hundert andere Viren zu.«
    »Stimmt«, sagte Lang und lächelte. Mitch studierte ihr Gesicht, ihr Lächeln und war wie vor den Kopf gestoßen. »Ich kann nur raten, die Sache im Auge zu behalten.«
    »Was ist dann so bedeutsam an diesem Virus, wenn man nicht daran stirbt und wenn es nur so leichte Symptome verursacht?«
    »Es ist das erste Mal, dass ein HERV – ein humanes endogenes Retrovirus – aktiv wird, sich aus den menschlichen Chromosomen befreit und horizontal übertragen wird.«
    » Horizontal übertragen – was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, dass es ansteckend ist. Es kann von einem Menschen auf den anderen übergehen. Jahrmillionen lang wurde es nur vertikal übertragen – über die Gene der Eltern auf die Kinder.«
    »Gibt es in unseren Zellen noch andere alte Viren?«
    »Nach den neuesten Schätzungen könnte bis zu einem Drittel unseres Genoms aus endogenen Retroviren bestehen. Manchmal bilden sie Partikel in den Zellen, als wollten sie wieder ausbrechen, aber solche Partikel sind immer wirkungslos geblieben – bis jetzt.«
    »Könnte man sagen, dass diese übrig gebliebenen Viren schon vor langer Zeit zerstört oder unschädlich gemacht wurden?«
    »Die Sache ist kompliziert, aber so kann man es ausdrücken.«
    »Wie sind sie in unsere Gene gelangt?«
    »Irgendwann in unserer Vergangenheit hat ein Virus die Keimbahnzellen infiziert, also Geschlechtszellen wie Ei- oder

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