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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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herzlich albern und ungeschliffen sind, alles besser verstehen und machen wollen als andere Leute, während sie doch viel geringer zu achten sind als jene, da sie sich aus Niedrigkeit ihrer Gesinnung nicht getrauen, wie andere Menschen auf eigenen Beinen durchs Leben zu gehen, sondern den Schweinen gleich dahin flüchten, wo sie ohne Arbeit zu essen bekomnen. Ich erzähle euch, ihr liebenswürdigen Mädchen, diese Geschichte nicht nur, weil die Reihe mich eben trifft, sondern auch um euch zu zeigen, wie selbst die Pfaffen, zu denen wir in übermäßiger Leichtgläubigkeit allzu großes Vertrauen haben, von unsereins, geschweige denn von Männern, mit einiger Schlauheit gehörig angeführt werden können und werden.
    Vor einigen Jahren lebte in unserer Stadt, die an Trug reicher ist als an Güte und Redlichkeit, eine Edeldame, welche die Natur nicht minder als irgendeine andere mit Schönheit geschmückt und mit hohem Sinn und feinem Verstand begabt hatte. Ich verschweige ihren mir wohlbekannten Namen, wie auch die übrigen, die in diese Geschichte verflochten sind: denn noch sind mehrere am Leben, die sich vor Zorn darüber nicht würden zu lassen wissen, während der Vorfall doch nur belacht zu werden verdient. Diese Dame, die ihrer vornehmen Abkunft ungeachtet an einen Wollweber verheiratet war, konnte nie verwinden, wie kränkend es für sie war, einen Handwerker zum Manne zu haben. Denn ein Bürgerlicher schien ihr immer, wie reich er auch sein mochte, einer adeligen Frau unwürdig. Die niedrige Beschäftigung ihres Mannes, der es mit all seinem Reichtum nie weiter brachte, als sich aufs Sortieren, auf Einschlag und Aufzug zu verstehen oder sich mit den Spinnerinnen um die Gebinde zu zanken, bestärkte sie in ihrem Vorsatz, seinen Umarmungen, soweit es sich tun ließe, aus dem Wege zu gehen, wofür sie sich dann bei jemandem zu entschädigen gedachte, der ihr würdiger als der Wollweber schiene.
    Wirklich verliebte sie sich so in einen ganz wackeren Edelmann von mittleren Jahren, daß sie nachts nicht schlafen konnte, wenn sie ihn den Tag über nicht gesehen hatte. Der gute Mann aber, der nichts davon ahnte, bekümmerte sich nicht um sie, und sie war zu vorsichtig, um durch weibliche Botschafter oder Briefe sich etwaigen Gefahren aussetzen zu wollen. Dagegen hatte sie gemerkt, daß er häufig mit einem Pfaffen verkehrte, der, so einfältig und ungebildet er war, wegen seines strengen Lebens doch bei den meisten für einen ganz besonderen Mönch galt.
    Die Dame war der Meinung, dieser Geistliche könne zwischen ihr und ihrem Geliebten am besten den Mittelsmann abgeben. Deshalb ging sie, nachdem sie mit sich selbst über die Art ihres Benehmens einig geworden war, in die Kirche, zu welcher er gehörte, ließ ihn rufen und sagte, sie wünsche, wenn es ihm gefällig sei, bei ihm zu beichten. Der Pfaffe zeigte sich sogleich bereit; denn er sah ihr an, sie müsse eine Frau von Stande sein. Nach der Beichte sagte die Dame: »Ehrwürdiger Herr, noch muß ich Euch um Rat und Hilfe in einer Angelegenheit bitten, über die ich Euch unterrichten will. Ihr kennt aus meiner eigenen Beichte meine Familie und meinen Mann. Er liebt mich mehr als sein Leben, und kaum äußere ich irgendeinen Wunsch, so erfüllt er ihn auf der Stelle, wie er das vermöge seines Reichtums wohl vermag. Dafür liebe ich ihn denn auch mehr als mich selbst, und wenn ich nur eines Gedankens, geschweige denn einer Handlung fähig wäre, die seiner Ehre oder seinem Gefallen zuwiderliefe, so verdiente gewiß keine arge Hexe den Scheiterhaufen so sehr wie ich. Nun werde ich aber, vielleicht weil er mich ändern Sinnes glaubt, von einem jungen Manne förmlich belagert, dessen Name mir nicht bekannt ist, der aber von Stande zu sein scheint, hübsch und groß von Gestalt ist, gewöhnlich feines braunes Tuch trägt und, wenn ich mich nicht irre, viel mit Euch umgeht. Ich kann vor keine Tür und an kein Fenster treten oder gar aus dem Hause gehen, ohne daß er gleich bei der Hand wäre. Mich wundert's nur, daß er nicht schon hier ist. Mir aber ist die ganze Sache äußerst unlieb; denn solch ein Benehmen kann auch die anständigste Frau in einen üblen Ruf bringen. Ich hatte mir schon vorgenommen, es ihm durch meine Brüder sagen zu lassen; dann habe ich aber wieder bedacht, wie Männer solche Bestellungen so auszurichten pflegen, daß die Antwort übel ausfällt. Es gibt einen Wortwechsel, und von den Worten kommt es am Ende zu Tätlichkeiten. Darum habe ich

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