Das Dekameron
Tasche geschickt zu haben, damit er jenem, wenn die Dame ihm die Geschenke gegeben hätte, nicht den Glauben daran nähme. Aber der Pater sagte ganz aufgebracht: »Du schlechter Mensch, wie kannst du das leugnen? Da sieh her! Mit vielen Tränen hat sie selber sie mir gebracht, und nun sage, ob du sie erkennst.« Der Edelmann tat sehr beschämt und sagte: »Freilich kenne ich diese Geschenke und bekenne, daß ich unrecht getan habe. Ich schwöre aber auch, weil ich sie also gesinnt sehe, daß Ihr von dieser Sache nie wieder ein Wort hören sollt.« Nun wurde noch viel hin und her geredet. Endlich aber gab Bruder Einfalt Gürtel und Tasche an den Freund heraus und entließ ihn dann nach langen Strafpredigten und Bitten, sich in Zukunft solcher Dinge zu enthalten.
Der Edelmann ging, hocherfreut über die Gewißheit, daß seine Dame ihn liebte, wie über das schöne Geschenk, sobald er den Mönch verlassen hatte, mit Vorsicht an eine Stelle, von der aus er die Dame sehen lassen konnte, daß er das eine wie das andere erhalten hatte. Der Dame war dies um so lieber, als sie nun am glücklichen Fortgang ihres Planes nicht mehr zweifelte.
Während sie nun, um ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen, nichts als eine gelegentliche Abwesenheit ihres Gatten erwartete, traf es sich, daß wenig später ihr Mann gewisser Geschäfte wegen genötigt war, nach Genua zu reisen. Kaum war er des Morgens zu Pferde gestiegen und fortgeritten, so ging unsere Dame auch schon zum gestrengen Pater und sagte unter Schluchzen und Tränen: »Würdiger Vater, nun erkläre ich Euch, ich kann's nicht länger aushalten. Aber weil ich Euch neulich versprochen habe, nichts zu unternehmen, ohne Euch zuvor davon zu sagen, so komme ich, um mich zu rechtfertigen. Damit Ihr indes einseht, wieviel Recht ich habe, zu weinen und mich zu beklagen, will ich Euch nur erzählen, was Euer guter Freund oder vielmehr der Teufel aus der Hölle mir heute morgen kurz vor der Frühmesse getan hat. Ich weiß nicht, was für ein böser Geist ihm mitgeteilt hat, daß mein Mann gestern früh nach Genua gereist ist; genug, heute morgen, um die Zeit, die ich Euch gesagt habe, kommt er in meinen Garten und klettert auf einem Baum bis an das Fenster meines Schlafzimmers, das nach dem Garten hinausgeht. Schon hatte er das Fenster aufgemacht und wollte in die Kammer steigen, als ich aufwachte und sogleich aus dem Bette sprang. Eben wollte ich zu schreien anfangen, und ich hätte gewiß geschrien, wenn er nicht unter Nennung seines Namens mich noch von außen um Gottes und um Euretwillen um Gnade gebeten hätte. Euch zuliebe schwieg ich still, lief aber nackt, wie ich auf die Welt gekommen bin, ans Fenster und schlug es ihm vor der Nase zu. Ich glaube, er ist zum Teufel gegangen, denn ich habe ihn dann nicht weiter gehört. Nun sagt mir selbst, ob das ein anständiges Benehmen ist, und ob man das dulden darf. Was mich betrifft, so denke ich es nicht mehr zu ertragen; habe ich ihm die ganze Zeit über doch nur Euch zuliebe allzuviel nachgesehen.«
Als der Mönch dies hörte, wurde er über die Maßen zornig und wußte nichts zu erwidern, als daß er sie mehrmals fragte, ob sie denn auch gewiß gesehen habe, daß es jener Edelmann und kein anderer gewesen sei. »Nun, gottlob«, antwortete die Dame, »den kann ich wohl noch von einem ändern unterscheiden. Ich sage Euch, er war's, und sollte er's leugnen, so glaubt ihm nur nicht.« »Meine Tochter«, erwiderte darauf der Mönch, »dazu kann ich nichts sagen, als daß es eine übermäßige Frechheit und abscheuliche Missetat ist. Du tatest deine Pflicht, als du ihn fortschicktest. Aber nun möchte ich dich noch bitten, daß du, weil Gott dich vor Schande bewahrte, meinem Rat, dem du schon zweimal gefolgt bist, auch diesmal folgst und es, ohne dich bei deinen Angehörigen zu beklagen, mir überläßt, ob ich diesen Teufel, der aus der Hölle entsprungen zu sein scheint und den ich für einen Heiligen gehalten hätte, nicht zu bändigen imstande bin. Gelingt es mir, ihn von seinem viehischen Betragen abzubringen, so ist es gut; wo nicht, so gebe ich dir jetzt mit meinem Segen das Versprechen, daß ich dich nicht wieder hindern will, zu tun, was dir richtig zu sein scheint.« »Nun wohl«, sagte die Dame, »ich will Euch für diesmal weder erzürnen noch Euch ungehorsam sein. Aber nun sorgt dafür, daß er sich hüte, mich ferner zu plagen, denn wahrlich, zu Euch komme ich in dieser Sache nun nicht wieder.«
Und damit ging sie, ohne
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