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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Edelmann antwortete, von der Habsucht getrieben und in der Hoffnung, jenen zu foppen, er sei es zufrieden und Zima möge reden, soviel er wolle.
    Und so ließ er ihn im großen Saale seines Palastes und suchte seine Frau in ihrem Gemach auf. Hier erzählte er ihr, wie wohlfeil er zu Zimas Pferd gelangen könne, hieß sie mitkommen, um Zima anzuhören, befahl ihr aber auch, sich wohl zu hüten, auf irgend etwas, das er sage, zu antworten, weder viel noch wenig. Die Dame mißbilligte diesen Handel sehr. Da sie sich jedoch den Wünschen ihres Mannes fügen mußte, fand sie sich endlich bereit und folgte ihm in den Saal, um zu hören, was Zima ihr zu sagen hätte.
    Als dieser den Vertrag mit dem Edelmann noch einmal festgemacht hatte, setzte er sich mit der Dame, fern von den Leuten, an das eine Ende des Saales und sagte: »Verehrte Dame, unzweifelhaft scheint es mir, daß Ihr, einsichtig wie Ihr seid, schon seit langem bemerkt habt, welche große Liebe für Euch, Eure Schönheit, die alles, was ich bisher in meinem Leben gesehen habe, um vieles übertrifft, in mir entfacht hat, zu schweigen von Euren untadeligen Sitten und besonderen Vorzügen, die Ihr in solchem Maße besitzt, daß selbst der hochgesinnteste Mann nicht imstande wäre, ihnen zu widerstehen. Und so ist es denn unnötig, daß ich Euch mit Worten erkläre, wie diese Liebe die größte und glühendste ist, die je ein Mann für seine Dame empfunden hat. Auf die gleiche Weise werde ich aber auch so lange fortfahren, Euch zu lieben, als mein elendes Leben diese Glieder noch aufrechterhalten wird; ja, wenn man im Jenseits so wie hier liebt, so werde ich auch in der Ewigkeit Euch ebenso lieben. Darum könnt Ihr überzeugt sein, daß Ihr nichts besitzt, sei es Euch teuer oder von Euch gering geschätzt, das Ihr so Euer eigen nennen und auf das Ihr unter allen Umständen so zählen könntet wie auf mich und auf alles, was mir gehört. Um Euch einen klaren Beweis dafür zu geben, versichere ich Euch, daß ich es für eine große Gnade hielte, wenn Ihr mir in etwas, das zu tun ich imstande wäre und das Euch gefiele, Eure Befehle erteilen wolltet, als wenn die ganze Welt unweigerlich meinen Geboten gehorchte. Bin ich nun so sehr Euer eigen, wie Ihr es hört, so darf ich nicht ohne Ursache meine Bitten zu Eurer Hoheit erheben, da Ihr allein imstande seid, mir Frieden, Glück und Heil zu verleihen. Und so bitte ich Euch denn als Euer demütigster Diener, Euch, mein teures Kleinod, einzige Hoffnung meiner Seele, die sich im Feuer der Liebe noch durch Hoffen erhält, daß Ihr mir gewogen sein und die Härte, die Ihr mir bisher bewiesen habt, aufgeben möget; denn ich gehöre ja nur Euch zu, auf daß ich, von Eurem Mitleid erquickt, sagen könne, Eure Schönheit habe mich zwar in Liebe entzündet, dann aber auch das Leben mir wiedergeschenkt, ein Leben, das unfehlbar verlöschen wird, wenn Euer stolzer Sinn meinen Bitten nicht nachgibt, und als dessen Mörderin Ihr dann nach meinem Tode erscheinen werdet.
    Gereichte aber auch nicht mein Tod Euch zu geringer Ehre, so glaube ich doch, Euer Gewissen machte Euch zuzeiten Vorwürfe. Ihr würdet bedauern, so hart gewesen zu sein, und wohl einmal in freundlicherer Gesinnung sagen:
    Wie übel tat ich doch, mit meinem Zima kein Mitleid gehabt zu haben. Dann aber führte Eure Reue zu nichts und betrübte Euch nur um so mehr. So laßt denn, damit Eure Reue nicht zu spät komme, sie im voraus Euch zum Erbarmen bewegen, derweil Ihr mir noch Hilfe gewähren könnt; denn bei Euch allein steht es, mich zum frohesten und zum betrübtesten Menschen auf der Welt zu machen. Ich hoffe, Eure Huld wird groß genug sein, um es nicht zuzulassen, daß ich als Lohn für so heiße und lange Liebe den Tod empfange; vielmehr werdet Ihr mit freundlicher und liebevoller Antwort meine Lebensgeister beruhigen, die ganz verwirrt sind und bei Eurem Anblick zittern.«
    Hierauf schwieg Zima, und während er auf eine Antwort der edlen Dame wartete, folgten seinen tiefen Seufzern einige Tränen, die von den Augen niedertropften. So wenig nun seine langen Bemühungen, seine Waffenspiele, die Morgenständchen und die vielen ändern Dinge, die Zima ihr zuliebe unternommen, sie zu bewegen vermocht hatten, so sehr ergriffen sie nun doch die liebevollen Worte, die der leidenschaftliche Liebhaber zu ihr sprach, und sie begann zu fühlen, was sie nie zuvor gefühlt hatte, was nämlich Liebe sei. Obgleich sie nun, um den Befehlen ihres Mannes Folge zu leisten, schwieg,

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