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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Buße ihren Anfang. Dann mußt du streng zu fasten und große Enthaltsamkeit zu üben beginnen, und das vierzig Tage lang, und in dieser Zeit darfst du nicht einmal deine eigene Frau, geschweige denn ein fremdes Weib anrühren. Außerdem mußt du dir in deinem Hause einen Ort suchen, wo du nachts den Himmel sehen kannst. Da mußt du dann um die Zeit des Abendgebetes hingehen und dort ein großes Brett bereithalten, welches so eingerichtet sein muß, daß du aufrechtstehend dich mit dem Rücken daran anlehnen kannst. Dann stellst du dich mit den Füßen auf den Boden, streckst die Arme wie ein Gekreuzigter aus, wobei du dich, wenn du das willst, an ein paar Pflöckchen festhalten kannst, und verharrst in dieser Stellung bis zur Frühmesse. Verständest du Latein, so müßtest du inzwischen eine Anzahl Gebete hersagen, die ich dir auch gerne gäbe. Da du dies aber nicht kannst, so mußt du dreihundert Paternoster und dreihundert Avemaria zu Ehren der Dreieinigkeit hersagen, dabei den Himmel ansehen und immer im Sinne haben, daß Gott Himmel und Erde geschaffen hat, und dich erinnern, was Christus in derselben Stellung wie du am Kreuze gelitten hat. Sobald es dann zur Frühmesse läutet, kannst du dich, wenn du Lust hast, angezogen, wie du bist, aufs Bett werfen und ein wenig schlafen. Vor Tische aber mußt du noch in die Kirche gehen und wenigstens drei Messen hören, fünfzig Vaterunser und ebenso viele Avemaria sagen. Dann kannst du deine Geschäfte, wenn dergleichen Vorkommen, mit gehöriger Ehrbarkeit verrichten und zu Mittag essen; zur Vesper aber mußt du wieder in der Kirche sein und gewisse Gebete, die ich dir aufschreiben werde, hersagen, denn ohne die geht es nun einmal nicht. Mit der Nacht kehrst du wieder an deinen Platz zurück. Tust du dies alles, wie ich's denn schon getan habe, und tust du es mit gehöriger Andacht, so hoffe ich, daß du wunderbare Dinge von der ewigen Seligkeit verspüren wirst, noch bevor du ans Ende dieser Buße gelangst.« Bruder Puccio sagte darauf: »Nun, das ist gar so schwer nicht und dauert auch gar nicht so lange. Das muß sich recht gut tun lassen, und so will ich denn in Gottes Namen nächsten Sonntag anfangen.«
    Darauf verließ er den Mönch, ging nach Hause und sagte, wie jener ihm erlaubt hatte, der Frau sein ganzes Vorhaben. Diese erriet aus dem unbeweglichen Stillstehen bis zum Morgen auf das beste, was der Mönch eigentlich beabsichtigte. Sie erwiderte deshalb, dieser Weg scheine ihr besonders gut zu sein, auch sei sie hiermit sowie mit allem ändern, was er zum Heil seiner Seele täte, völlig zufrieden und wolle, damit Gott ihm seine Buße gedeihen lasse, zur Gesellschaft mitfasten, die anderen Übungen aber nicht mitmachen. Wie sie sich nun hierüber geeinigt hatten und der Sonntag herangekommen war, fing Bruder Puccio seine Buße an. Der Herr Pater aber besuchte die Frau zu Stunden, wo man ihn nicht sehen konnte, und aß meist mit ihr zu Abend von den guten Speisen und Getränken, die er jedesmal mitbrachte. Dann ging er mit ihr zu Bett und stand erst um die Zeit der Frühmesse auf, wenn Bruder Puccio sich schlafen legte.
    Nun war der Platz, den Bruder Puccio zu seinen Bußübungen erwählt hatte, neben der Kammer, in welcher die Frau schlief, und von dieser durch nichts als eine dünne Wand getrennt. Als daher der Pater einmal mit der Frau und sie mit ihm gar zu unbändig schäkerte, kam es dem Bruder Puccio so vor, als hörte er die Dielen kräftig krachen, weshalb er nach dem ersten Hundert seiner Paternoster innehielt und, ohne sich zu bewegen, Isabetta fragte, was sie denn treibe. Die Frau, die sehr zu Späßen aufgelegt war und just den Gaul des heiligen Benedikt oder Giovanni Gualberti ritt, antwortete: »Mann, ich sage Euch, ich rühre mich aus Leibeskräften.« Bruder Puccio erwiderte darauf:
    »Wie rührst du dich denn? Wozu soll denn das Rühren dienen?« Die Frau erwiderte lachend und vergnügt, denn sie war ein wackeres Weib und mochte auch eben Grund zum Lachen haben: »Nun, wißt Ihr denn nicht, was das bedeuten soll? Hab ich doch tausendmal von Euch gehört: Wer fastet und wen Hunger plagt, rührt sich im Bett die ganze Nacht.« Bruder Puccio glaubte nun, das Fasten sei schuld, daß seine Frau nicht schlafe und sich im Bett herumwälze und sagte daher ganz treuherzig: »Frau, ich hab dir's gleich gesagt, du solltest nicht fasten; aber weil du's nun einmal so gewollt hast, denke nicht weiter dran und sieh zu, daß du schläfst.« Darauf sagte die

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