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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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ein Geschäft zu treiben, hielt er sich viel in der Kirche auf. Er war ein unwissender Mensch von grobem Teige, und so betete er denn seine Paternoster ab, ging in die Predigten, hörte Messen und blieb gewiß nie zu Hause, wenn die Laienbrüder Laudes zu singen hatten. Außerdem fastete er und geißelte sich, denn man wollte wissen, daß er zu den Geißelbrüdern gehöre. Seine Frau, die Donna Isabetta hieß und erst achtundzwanzig bis dreißig Jahre alt, dabei munter, hübsch und rot wie ein Wachsapfel war, mußte wegen der Frömmelei und vielleicht auch wegen des Alters ihres Mannes gar sehr oft länger Diät halten, als sie es gewünscht hätte. Und wenn sie schlafen oder sich mit ihm ergötzen wollte, erzählte er ihr das Leiden Christi, die Predigten des Bruders Anastasius, die Reue der Magdalena oder ähnliche Geschichten.
    Um diese Zeit kam ein Mönch namens Don Felice, der in San Pancrazio Ordensgeistlicher war, ein ziemlich junger und wohlgestalteter Mann von großem Scharfsinn und tiefen Kenntnissen, aus Paris zurück und wurde bald mit Bruder Puccio genauer bekannt. Weil diesem nun der Mönch alle seine Zweifel auf das beste zu lösen wußte und sich außerdem, als er Puccios Gesinnung kennengelernt hatte, äußerst gottesfürchtig zeigte, begann Bruder Puccio, ihn zuweilen mit nach Hause zu nehmen und ihm, wenn sich's traf, mitunter ein Mittagbrot oder Abendessen vorzusetzen. Auch war Puccios Frau ihm zuliebe gegen den Mönch freundlich und tat ihm gern eine Ehre an. Als dieser nun längere Zeit in Bruder Puccios Haus aus– und einging und das frische, runde Aussehen der Frau beobachtete, erriet er wohl, was für ein Ding es war, an dem sie am meisten Mangel litt, und um Bruder Puccio die Mühe abzunehmen, beschloß er, ihr beizuspringen, so gut er's vermöchte. Er wußte sie einige Male gar pfiffig anzusehen und brachte es endlich dahin, daß er in ihrem Herzen das gleiche Verlangen entfachte. Wie er dies gewahr wurde, sagte er ihr bei der ersten Gelegenheit sein Begehren.
    So sehr er sie aber auch zur Ausführung aufgelegt fand, so schwer war es doch, Mittel und Wege dazu zu finden, denn sie traute sich nirgendwo anders in der Welt als in ihrem Hause mit dem Mönch zusammenzukommen. In ihrem Hause ging es aber wieder nicht, weil Bruder Puccio niemals verreiste, worüber denn der Mönch sich sehr betrübte. Nach langer Zeit ersann er aber doch ein Mittel, um sich, ohne Verdacht zu erregen, im eigenen Hause der Frau und sogar in Bruder Puccios Anwesenheit mit ihr zu ergötzen. Als nämlich Bruder Puccio ihn eines Tages besuchte, sprach er folgendermaßen zu ihm: »Ich habe schon oft wahrgenommen, Bruder Puccio, daß dein ganzes Verlangen dahin gerichtet ist, selig zu werden. Mir kommt es aber so vor, als ob du, um zu diesem Ziele zu gelangen, einen weiten Weg gehst, während es doch einen ganz kurzen gibt, den der Papst und seine obersten Prälaten recht wohl kennen und benutzen. Sie wollen freilich nicht, daß man ihn den Leuten weise; denn dann wäre der geistliche Stand, der doch größtenteils von Almosen lebt, auf der Stelle zugrunde gerichtet und die Laien wendeten ihm weder Geschenke noch sonst etwas zu. Weil du aber mein Freund bist und mir viel Ehre erwiesen hast, so lehrte ich dich wohl jenen Weg, wenn ich nur wüßte, daß du ihn dann befolgtest und keinem Menschen auf der Welt etwas davon sagtest.«
    Bruder Puccio, der nach dieser Sache höchst begierig geworden war, begann ihn mit großem Nachdruck zu bitten, daß er sie ihn lehren möchte. Dann schwor er, daß er niemals jemand mehr davon entdecken würde, als was jener ihm selbst zuvor erlaubte, und versicherte, wenn er irgend dazu imstande sei, wolle er gewiß diesen Weg einschlagen.
    »Nun«, sagte der Mönch, »wenn du mir das versprichst, so will ich dich's lehren. Du mußt wissen, daß nach den heiligen Kirchenvätern jeder, der selig werden will, folgende Buße tun muß. Aber verstehe mich recht: ich sage nicht, daß du nach der Buße nicht ebensowohl wie jetzt ein Sünder sein wirst, sondern es wird geschehen, daß die Sünden, die du bis zur Zeit der Buße schon begangen hast, alle abgewaschen und dir wegen dieser vergeben werden. Die Sünden aber, die du nachher begehst, werden dir nicht zur Verdammnis angerechnet, sondern mit dem Weihwasser abgewaschen werden, wie das jetzt bei den läßlichen Sünden der Fall ist. Vor allen Dingen also mußt du mit der größten Gewissenhaftigkeit deine Sünden beichten, und damit nimmt diese

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