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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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einer Dame von höherer Abkunft getan hättet.«
    Bertrand schwieg, und der König ließ große Zurüstungen zum Hochzeitsfeste machen. Als nun der festgesetzte Tag herangekommen war, vermählte sich Bertrand, so ungern er es auch tat, in Gegenwart des Königs mit dem Mädchen, das ihn mehr als sich selbst liebte. Sobald dies aber geschehen war, beurlaubte er sich, wie er schon zuvor beschlossen hatte, beim König unter dem Vorwande, daß er in seine Grafschaft zurückkehren und dort erst die Ehe vollziehen wolle. Damit stieg er zu Pferde und reiste nicht in seine Grafschaft, sondern kam nach Toskana. Als er hier vernahm, daß die Florentiner mit den Sienesern im Kriege begriffen seien, entschloß er sich, zu ihren Gunsten am Streite teilzunehmen. Er ward mit großer Freude und Ehren aller Art empfangen, und als sie ihn zum Anführer einer Abteilung ihrer Kriegsleute gemacht und ihm einen bedeutenden Sold ausgesetzt hatten, blieb er eine gute Weile in ihren Diensten.
    Die junge Frau war über diese Wendung der Dinge nicht sehr erfreut. Sie reiste indes in der Hoffnung, ihn durch ihr gutes Benehmen in seine Grafschaft zurückzurufen, nach Roussillon und ward dortselbst von allen als ihre Gebieterin aufgenommen. Weil nun während der langen Abwesenheit des Grafen alle Geschäfte verwahrlost waren, brachte sie diese vermöge ihres großen Geschicks mit viel Mühe und Fleiß wieder in die beste Ordnung, worüber die Untertanen sich gar sehr freuten und ihr besonders zugetan wurden, auch den Grafen, dem sie nicht recht war, lebhaft tadelten.
    Als sie nun alles im Lande wieder in guten Stand versetzt hatte, gab sie dem Grafen durch zwei Edelleute Nachricht davon und bat ihn, wenn er um ihretwillen zögere, in seine Grafschaft zu kommen, so möge er sie davon unterrichten, und sie werde alsdann ihm zu Gefallen die Gegend verlassen. Der Graf antwortete den Boten äußerst hart: »Mag sie tun, wozu sie Lust hat. Was mich aber betrifft, so werde ich nicht eher heimkehren, um mit ihr zu leben, als bis sie diesen Ring am Finger und ein Kind, das ich mit ihr gezeugt habe, auf dem Arm trägt.« Eben den Ring aber hielt er sehr wert und trennte sich auch wegen einer gewissen Kraft, die derselbe, wie man ihm eingeredet hatte, besitzen sollte, niemals von ihm.
    Die Edelleute fühlten wohl die Härte der Bedingung, die von zwei fast unmöglichen Dingen abhängig war; da sie aber sahen, daß sie ihn durch ihre Worte nicht von seinem Vorsatz abbringen konnten, kehrten sie zu der Dame zurück und berichteten ihr des Grafen Antwort. Sie wurde darüber gar sehr betrübt, entschloß sich indes nach langer Überlegung, zu versuchen, ob sie nicht vielleicht jene Forderungen erfüllen könne. Um nun auf solche Weise in Zukunft ihren Gemahl wiederzugewinnen, versammelte sie, sobald sie mit sich einig geworden war, was sie tun solle, einige der ältesten und tüchtigsten Männer aus der Grafschaft und erzählte ihnen ganz der Ordnung nach mit kläglichen Worten, was sie alles aus Liebe zu dem Grafen getan und welchen Lohn sie dafür erhalten hatte. Zuletzt eröffnete sie ihnen ihre Absicht, dem Grafen nicht durch längeres Verweilen ein ewiges Exil zu bereiten, sondern vielmehr den Rest ihres Lebens allein zu Pilgerfahrten und mitleidigen Werken zum Heil ihrer Seele zu verwenden. Deshalb bat sie jene Männer, daß sie Überwachung und Verwaltung der Grafschaft übernehmen und den Grafen in Kenntnis setzen möchten, wie sie den Besitz frei und ledig gelassen habe und in der Absicht fortgezogen sei, nie wieder nach Roussillon zu kommen. Während sie also sprach, vergossen die guten Leute viele Tränen und baten sie dringend, ihren Entschluß aufzugeben und bei ihnen zu bleiben. Alles war indes vergebens.
    Die Dame empfahl sich dem göttlichen Schutze und trat in Begleitung eines ihrer Vettern und einer Dienerin in Pilgerkleidern und mit Geld und Edelsteinen wohlversehen die Reise an, ohne daß jemand gewußt hätte, wohin sie gingen, verweilte auch nicht eher, als bis sie in Florenz angekommen war. Hier kehrte sie, vom Zufall geleitet, in einem kleinen Gasthof ein, der einer guten Witwe gehörte, und gab sich, voller Verlangen, von ihrem Herrn Nachricht zu erhalten, für eine arme Pilgerin aus. Nun traf es sich, daß sie schon am ändern Tag Bertrand mit seinem Gefolge vor dem Gasthofe vorüberreiten sah. Obgleich sie ihn gar wohl erkannte, fragte sie doch die gute Wirtin, wer es sei. Diese erwiderte: »Er ist ein fremder Edelmann, der sich Graf

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