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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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werden zu lassen, wenn Ihr, die Ihr das glücklichste Frauenzimmer seid, das lebt, Euch nicht alles verderben wollt. Derselbe Engel Gabriel trug mir auf, Euch zu bestellen, Ihr gefielet ihm so gut, daß er schon oft gekommen wäre, um die Nacht bei Euch zuzubringen, wenn er nicht gefürchtet hätte, Euch zu erschrecken. Und nun läßt er Euch durch mich sagen, daß er Euch eine Nacht besuchen und eine Weile bei Euch bleiben will. Weil er aber ein Engel ist und Ihr ihn nicht anrühren könntet, wenn er in Engelsgestalt käme, so will er, während er Euch besucht, Euch zu Gefallen menschliche Gestalt annehmen. Zu dem Ende will er von Euch wissen, wann und in wessen Gestalt er zu Euch kommen soll. Sobald er darüber Auskunft hat, wird er kommen, und Ihr könnt Euch für die glücklichste Frau von der Welt halten.«
    Die einfältige Madonna sagte darauf, es sei ihr sehr angenehm, wenn der Engel Gabriel sie liebe, denn sie habe ihn auch recht lieb und habe niemals ein Bild von ihm gesehen, ohne ein Dreierlicht davor anzuzünden. Wenn er sie besuchen wolle, sei er ihr jederzeit willkommen. Sie erwarte ihn ganz allein auf ihrer Stube. Das aber bedinge sie sich aus, daß er sie nicht um der Jungfrau Maria willen im Stich lasse. Man habe ihr gesagt, daß er der gar gut sei, und es komme ihr selbst so vor; denn überall, wo sie ihn sähe, läge er immer vor der Jungfrau auf den Knien. Im übrigen möge er kommen, in welcher Gestalt ihm beliebe, wenn sie nur nicht erschrecke.
    Dem entgegnete Bruder Alberto: »Madonna, was Ihr da sagt, ist sehr verständig, und ich werde mit dem Engel schon alles in Ordnung bringen, was Ihr mir auftragt. Ihr könntet mir aber eine große Gunst erzeigen, die Euch nichts kostete. Die Gunst ist nämlich die, daß Ihr den Engel in meiner Gestalt zu Euch kommen heißt. Nun will ich Euch aber auch sagen, warum das eine Gunst für mich ist. Nimmt er meine Gestalt an, so muß er mir die Seele aus dem Leibe holen und sie derweilen ins Paradies versetzen, dann geht er in meinen Körper ein, und solange er bei Euch bleibt, solange weilt meine Seele im Paradiese.« Darauf sagte die törichte Madonna: »Gut, ich bin es zufrieden. So mögt Ihr denn zur Entschädigung für die Prügel, die Ihr um meinetwegen bekommen, diese Freude haben.« »Tragt denn Sorge«, entgegnete Bruder Alberto, »daß er heute nacht Eure Haustür offen findet und ohne weiteres herein kann; denn wenn er, wie er das doch tun soll, in menschlicher Gestalt zu Euch kommt, so kann er nicht anders als durch die Tür herein.« Die gute Frau sagte, sie werde es besorgen, und Bruder Alberto empfahl sich. Sie aber warf sich, als sie allein war, so in die Brust, daß ihr der Hintere nicht ans Hemd langte, und es dünkten ihr tausend Jahre, bis der Engel Gabriel sie zu besuchen käme.
    Bruder Alberto hatte inzwischen in der Meinung, daß er diese Nacht nicht sowohl den Engel als den tüchtigen Reiter spielen müsse, um nicht allzu schnell aus dem Sattel gehoben zu werden, bereits angefangen, sich mit Zuckerwerk und ändern guten Dingen zu stärken. Dann ließ er sich vom Kloster Urlaub geben und ging mit einem ändern Mönch in das Haus einer seiner Freundinnen, von welchem aus er in vorkommenden Fällen den Weiberlauf schon öfter begonnen hatte. Als es ihm an der Zeit schien, begab er sich von dort in das Haus der Lisetta, wo er sich mit allerlei Narreteien, die er mitgebracht, als Engel verkleidete und dann hinauf in das Gemach der jungen Frau ging. Als diese die weiße Figur eintreten sah, warf sie sich vor ihr auf die Knie. Der Engel aber segnete sie, hieß sie aufstehen und winkte ihr, sich schlafen zu legen. Ihr kam dieses Geheiß nur gelegen, sie gehorchte mithin alsbald, und der Engel legte sich darauf neben seine Verehrerin. Bruder Alberto war wohlgewachsen und kräftig, auch standen ihm die Beine trefflich zu Leibe, und so lieferte er denn in den Armen Frau Lisettas, die ein festes Fleisch und weiche Haut hatte, ihr andere Beweise der Liebe, als sie sie von ihrem Manne gewohnt war. Auch ohne Flügel tat er die Nacht hindurch gar manchen Flug und erfreute so die junge Frau, der er noch überdies gar viel von der himmlischen Herrlichkeit erzählte, ausnehmend.
    Als endlich der Morgen herannahte, schied er, nach besprochener Wiederkehr, mit seiner Engelsmaske und kehrte zu dem Klosterbruder zurück, dem inzwischen, damit er sich allein im Bett nicht fürchten möchte, die gute Frau vom Hause freundliche Gesellschaft geleistet hatte. Frau

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