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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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ärgsten Schimpfreden gesagt, mit denen jemals ein schlimmer Geselle überhäuft worden war. Überdies warf ihm der eine den, der andere jenen Unrat ins Gesicht. Auf solche Weise hielten sie ihn eine lange Weile fest, bis endlich die Neuigkeit noch zum Glück in sein Kloster gelangte, worauf nicht weniger als sechs Mönche sich auf den Weg machten. Als sie auf dem Platz ankamen, warfen sie ihm eine Kutte über, banden ihn los und brachten ihn nicht ohne johlendes Geschrei in ihre Behausung, wo er, wie man glaubt, nach einem trübseligen Leben im Kerker gestorben ist.
    So tat Alberto, der böse war und für gut galt, Schlechtes, und niemand glaubte daran. Er wagte es, sich für den Engel Gabriel auszugeben, wurde in einen wilden Mann verwandelt und mußte endlich verdientermaßen in Schimpf und Schande seine Sünden erfolglos beweinen. Möchte es Gott gefallen, daß es allen ändern seines Schlages ebenso erginge!
     

Dritte Geschichte
     
     
    Drei Jünglinge lieben drei Schwestern und fliehen mit diesen nach Kreta. Die älteste von ihnen ermordet aus Eifersucht ihren Geliebten. Die zweite rettet jene dadurch vom Tode, daß sie sich dem Herzog von Kreta ergibt. Dafür ermordet aber ihr Geliebter sie und flieht mit der ältesten. Die dritte Schwester und ihr Freund werden dieses Mordes beschuldigt und bekennen sich im Gefängnis dazu. Aus Furcht vor dem Tode bestechen sie die Wächter und fliehen arm nach Rhodos, wo sie im Elend sterben.
     
    Als Filostrato das Ende von Pampineas Geschichte vernommen hatte, blieb er eine Weile nachdenklich und sagte dann zu ihr: »Eure Geschichte wurde gegen das Ende erträglich und mir wohlgefällig. Vorher aber enthielt sie zuviel Lustiges, das ich gern entbehrt hätte.« Darauf wandte er sich Lauretta zu und sprach: »Dame, fahret fort, und wo möglich mit einer besseren Geschichte.« Lauretta erwiderte lächelnd: »Ihr seid mit den Liebenden auch gar zu unbarmherzig, wenn Ihr ihnen immer ein schlimmes Ende wünscht. Um Euch aber zu gehorchen, will ich von drei Paaren erzählen, die sämtlich nach kurzem Liebesgenuß elendiglich umkamen.« Und nachdem sie das gesagt hatte, begann sie folgendermaßen:
    Wie ihr, junge Damen, deutlich erkennen könnt, gereicht jedes Laster nicht nur dem, der sich ihm ergibt, sondern nicht selten auch anderen zum größten Nachteil. Unter allen übrigen Lastern aber scheint mir der Zorn eines von denen zu sein, das uns am meisten mit verhängten Zügeln in Gefahren hineinstürzen läßt. Der Zorn, sage ich, der nichts anderes als eine plötzliche, unüberlegte Aufregung der Seele ist, die, durch einen Verdruß veranlaßt, alle Vernunft von sich stößt, die Augen des Geistes mit Finsternis umhüllt und das Gemüt zu siedender Wut entflammt. Obgleich nun diese Leidenschaft häufig an Männern wahrgenommen wird und den einen mehr als den ändern beherrscht, hat man sie doch, und zwar mit nachteiligeren Wirkungen, auch schon bei Frauen beobachtet. Denn in ihnen entzündet sie sich leichter, brennt mit einer lebhafteren Flamme und regiert sie mit minderer Scheu. Auch ist es kein Wunder, daß es sich so verhält, denn wenn wir darauf achten, so finden wir, daß das Feuer seiner Natur nach die leichten und zartgewebten Dinge eher ergreift als die härteren und schwereren. Die Männer mögen es aber nicht übel deuten: weicher und zarter als sie sind wir, und um vieles leichtsinniger. Weil ich nun finde, daß wir zu diesem Fehler neigen, und weil ich zugleich erkenne, daß unsere Sanftmut und Freundlichkeit ebensoviel zu der Ruhe und dem Glück der Männer beiträgt, mit denen wir verkehren, als ihnen unser Zorn und unsere Heftigkeit lästig und gefährlich sind, will ich, auf daß wir uns mit um so festerem Willen vor diesen hüten, euch in meiner Geschichte die Liebesabenteuer dreier junger Männer und ebenso vieler Mädchen berichten, welche, wie ich schon früher erwähnte, durch den Zorn eines der letzteren aus vollem Glück in das tiefste Unglück gestürzt wurden.
    Die alte und ehrenwerte Stadt Marseille, die ehemals an großen Kaufleuten reicher war, als sie es jetzt ist, liegt, wie ihr wissen werdet, am Meeresufer, in der Provence. Unter jenen Kaufleuten war einer namens Arnaut Cluada, ein Mann von niedriger Abkunft, aber erprobter Ehrlichkeit, ein rechtlicher und an Geld und Besitzungen über die Maßen reicher Kaufherr, dem seine Frau unter mehreren anderen Kindern drei Töchter hinterlassen hatte, die älter waren als die Söhne. Zwei dieser

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