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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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sein, und der Herzog bestand darauf, sie hinrichten zu lassen. Da kam der Madeion, die schön und jung war und welcher der Herzog lange Zeit den Hof gemacht hatte, ohne die mindeste Gefälligkeit von ihr erlangen zu können, der Gedanke, wenn sie dem Herzog zu Willen wäre, könnte sie die Schwester vorm Feuertode retten. Sie ließ ihn daher durch einen schlauen Boten wissen, wenn er ihr zwei Dinge gewähre, wolle sie alle seine Befehle erfüllen. Das erste, daß sie ihre Schwester frei und unversehrt wiederbekomme, das zweite, daß dieses Abkommen geheim bleibe.
    Als der Herzog die Botschaft vernahm, gefiel sie ihm wohl, und wenngleich er sich lange besann, ob er darauf eingehen solle, tat er es am Ende doch und sagte, er sei bereit. Zu diesem Zweck ließ er, nach vorangegangener Verabredung mit der Dame, eines Nachts Folquet und Uc verhaften, als ob er sich bei ihnen über den Tod ihres Schwagers weiter unterrichten wollte, und nahm inzwischen heimlich bei Madeion sein Nachtquartier. Schon zuvor hatte er getan, als habe er Ninette in einen Sack stecken lassen, um sie noch in derselben Nacht im Meer zu versenken. Nun aber führte er sie zu ihrer Schwester zurück, schenkte sie dieser zum Dank für die genossene Nacht und bat am Morgen beim Scheiden die Dame Madeion, sie möge diese erste Nacht ihrer Liebe nicht die letzte sein lassen. Überdies riet er ihr noch, die Schuldige fortzubringen, damit nicht entweder ihre Straflosigkeit ihm zur Schande gereichte oder er gezwungen würde, mit neuer Strenge gegen sie zu verfahren. Am folgenden Morgen hörten Folquet und Uc, Ninette sei in der Nacht ertränkt worden, maßen der Nachricht vollen Glauben bei und kehrten, als sie ohne weiteres freigelassen worden waren, zu ihren Frauen zurück, um sie über den Tod ihrer Schwester zu trösten.
    Obgleich nun Madeion bemüht war, Ninette auf das sorgfältigste zu verbergen, wurde Folquet doch gewahr, wo sie sich befand. Über ihre Rettung nicht wenig verwundert, schöpfte er sogleich Verdacht gegen Madeion, von der ihm bereits zu Ohren gekommen war, daß der Herzog sie liebe. Als er sie fragte, wie es zugehe, daß Ninette bei ihr sei, antwortete Madeion mit einer langen Fabel, die sie sich ersonnen hatte, um ihn zu täuschen, und der er indes als schlauer Mann wenig Glauben schenkte, so daß sie sich bald von ihm in die Enge getrieben sah und ihm nach vielem Hin- und Herreden die Wahrheit gestand. Da ließ sich Folquet von seinem Schmerz überwältigen, zog wütend den Degen und tötete sie, ohne ihren Bitten um Gnade Gehör zu schenken. Dann aber ließ er aus Furcht vor dem Zorn und der Gerechtigkeit des Herzogs die Leiche im Zimmer liegen, ging mit scheinbar heiterer Miene in das Gemach, wo Ninette sich befand, und sagte zu ihr: »Gehen wir schnell dahin, wo ich dich nach dem Willen deiner Schwester hinbringen soll, damit du nicht wieder in die Hände des Herzogs fällst.« Ninette glaubte seinen Worten, und da sie in ihrer Angst nichts sehnlicher wünschte, als bald fort zu kommen, ging sie, ohne von ihrer Schwester weiter Abschied zu nehmen, in der schon hereingebrochenen Dunkelheit mit Folquet. Sie eilten mit dem wenigen Gelde, das Folquet hatte nehmen können, zum Meeresufer, bestiegen einen Kahn und entflohen, ohne daß man je erfahren, wohin sie gelangt seien.
    Als Madeion am ändern Morgen ermordet gefunden wurde, hatten einige aus Neid und Haß gegen Uc nichts Eiligeres zu tun, als dem Herzog die Kunde zu bringen. Dieser eilte, wegen seiner großen Liebe für Madeion doppelt aufgebracht, sogleich in das Haus, nahm Uc und seine Geliebte gefangen und wußte sie, da sie von Folquets und Ninettes Flucht noch nichts wußten, zu zwingen, daß sie sich als Folquets Mitschuldige und Madeions Mörder bekannten. Da sie nun infolge dieses Geständnisses mit Recht für ihr Leben fürchteten, bestachen sie mit vieler Mühe ihre Wächter, indem sie ihnen einen Teil des Geldes überließen, das sie für einen Notfall in ihrem Hause verborgen hatten. Dann bestiegen sie mit ihren Wächtern, ohne daß sie sich Zeit genommen hätten, etwas von ihren Sachen mitzunehmen, ein Boot und fuhren nachts nach Rhodos, wo sie nur noch kurze Zeit in Armut und Elend lebten.
    Zu solchem Ungemach also brachten Restagnons törichte Liebe und Ninettes Zorn sie selbst und ihre Gefährten.
     

Vierte Geschichte
     
     
    Gerbino greift gegen das Versprechen König Wilhelms, seines Großvaters, ein Schiff des Königs von Tunis an, um dessen Tochter zu

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