Das Dekameron
können glaubten, bis er ins Werk gesetzt würde.
Als nun die Nacht gekommen war, in welcher sie das Schiff besteigen sollten, öffneten die drei Schwestern einen großen Kasten ihres Vaters, nahmen daraus eine Menge Gold und Edelsteine und gingen damit in aller Stille aus dem Hause, hin zu dem Platz, wo ihre drei Liebhaber sie nach der getroffenen Abrede bereits erwarteten. Dann bestiegen sie ohne Verzug das Schiff, ließen die Ruder sich ins Wasser senken, stießen vom Lande und verweilten an keinem Ort, bevor sie nicht am folgenden Abend Genua erreichten, wo die liebenden Paare zuerst die Freuden ihrer Liebe genossen. Nachdem sie hier die notwendigen Erfrischungen eingenommen, fuhren sie weiter und gelangten von Hafen zu Hafen, noch vor dem achten Tage ohne jeden Unfall nach Kreta, wo sie sich ausgedehnte und schöne Besitzungen kauften und unweit der Stadt Candia köstliche und anmutige Wohnungen bauten. Hier lebten sie dann mit ihren Geliebten im Besitze einer zahlreichen Dienerschaft, trefflicher Hunde, Falken und Pferde, unter Gastgelagen wie die größten Herren, als die glücklichsten Leute von der Welt in lauter Herrlichkeit und Freuden.
Während sie aber noch ein solches Leben führten, geschah es - wie wir ja tagtäglich sehen, daß den Menschen Dinge überdrüssig werden, die ihnen noch so sehr behagten, weil sie zu großen Überfluß davon haben -, daß nun, da sie ihm ohne Gefahr in allem zu Willen sein konnte, Restagnon Ninette, die er zärtlich geliebt hatte, satt bekam und ihr nicht mehr die gehörige Liebe erwies. Darauf fand er bei einem Feste an einem jungen, schönen und edlen Mädchen, das dort zu Hause war, besonderes Behagen, ging ihm eifrig nach und erschöpfte sich ihm zu Ehren in Huldigungen und Festlichkeiten.
Als Ninette das gewahr wurde, ward sie so eifersüchtig auf Restagnon, daß er keinen Schritt mehr gehen konnte, den sie nicht ausgekundschaftet und über welchen sie nicht ihm und sich nachher durch Vorwürfe und schlechte Laune das Leben sauer gemacht hätte. Wie aber das Übermaß der Dinge sie uns zum Ekel werden läßt, so vermehrt die Verweigerung der begehrten Dinge die Lust zu ihnen, und so fachte Ninettes Verdruß in Restagnons Herzen die Flammen seiner neuen Liebe nur um so mehr an. Wie es sich nun im Laufe der Zeit zugetragen haben mag, ob Restagnon die Freundschaft der geliebten Dame erlangte oder nicht, das lassen wir unentschieden; genug, Ninette glaubte, der Himmel weiß, auf wessen Bericht hin, es verhalte sich so. Sie verfiel darüber zunächst in tiefe Traurigkeit, dann in glühenden Zorn und gab sich endlich einer solchen Wut hin, daß ihre bisherige Liebe für Restagnon in den bittersten Haß verwandelt wurde und daß sie, von ihrem Zorn verblendet, den Schimpf, den Restagnon ihr, ihrer Meinung nach, angetan, nur durch dessen Tod sühnen zu können wähnte. Sie ließ sich daher eine alte Griechin rufen, die in der Bereitung der Gifte äußerst erfahren war, und bewog sie durch Geschenke und Versprechungen, ihr ein tödliches Wasser zu bereiten, das Ninette dann, ohne sich mit irgendjemand zu beraten, eines Abends, als Restagnon erhitzt war und nichts Arges ahnte, diesem zu trinken gab. Die Kraft des Trankes war so groß, daß Restagnon ihm noch vor dem Ende der Nacht erlag.
Als Folquet und Uc seinen Tod erfuhren, beweinten sie ihn, ohne zu wissen, daß er an Gift gestorben war, mit ihren Geliebten und mit Ninette bitterlich und ließen ihn dann ehrenvoll zur Erde bestatten. Nun geschah es aber, daß nach wenigen Tagen die Alte, die Ninette das vergiftete Wasser bereitet hatte, wegen anderer Schlechtigkeiten verhaftet wurde und auf der Folter unter ihren übrigen Verbrechen auch dieses, unter genauer Angabe, wozu das Gift gedient habe, bekannte. Der Herzog von Kreta erwähnte niemand gegenüber ein Wort von dieser Aussage, sondern umringte eines Nachts in der Stille das Schloß des Folquet und führte Ninette ohne Lärm und Widerstand von dort gefangen mit sich fort. Diese wartete die Folter nicht erst ab, sondern gestand sogleich, was der Herzog über Restagnons Tod von ihr hören wollte. Inzwischen erfuhren Folquet und Uc unter der Hand vom Herzog, warum er Ninette gefangengesetzt hatte, und von ihnen bekamen es ihre Frauen zu wissen. Die Nachricht betrübte sie alle sehr, und sie boten alles auf, was sie nur wußten, um Ninette vor dem Scheiterhaufen zu retten, zu dem sie, wie sie vermuteten, verdientermaßen verurteilt würde. Alles schien aber umsonst zu
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