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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Kimon seinen verlorenen Mut vollständig wieder, und er antwortete, ohne sich lange zu besinnen: »Lysimachos, wenn ich auf diesem Wege das erlangen soll, wovon du mir sprichst, so kannst du zu deinem Unternehmen weder einen mutigeren noch einen zuverlässigeren Gefährten finden. Bestimme mir also nur, was mir zu übertragen du für gut befinden wirst, und du sollst sehen, daß ich es mit mehr als natürlicher Kraft ausführen werde.« Darauf erwiderte Lysimachos: »Übermorgen werden die neuvermählten Frauen ihren ersten Einzug in das Haus ihrer Männer halten. Wir aber werden uns gegen Abend, du mit den Deinigen und ich mit einer Anzahl völlig zuverlässiger Gefährten, beiderseits bewaffnet, dort einschleichen, die beiden Bräute mitten aus dem Feste rauben und sie zu dem Schiffe führen, das ich schon heimlich habe zurüsten lassen. Jeder aber, der sich uns zu widersetzen wagt, ist des Todes.« Kimon war mit diesen Anordnungen zufrieden und kehrte bis zu der bestimmten Zeit ruhig in sein Gefängnis zurück.
    Glänzend und kostbar war am Hochzeitstage das Gepränge, und überall im Hause der beiden Brüder herrschte festliche Heiterkeit. Als die Zeit nun dem Lysimachos gelegen schien, versammelte er Kimon und dessen Gefährten sowie seine eigenen Freunde, die sämtlich unter den Kleidern Waffen trugen, und teilte sie, nachdem er sie zuvor mit vielen Worten zur Unternehmung angefeuert hatte, in drei Haufen. Den einen hieß er sich vorsichtig im Hafen aufstellen, damit niemand, wenn es erst so weit gekommen wäre, sie am Besteigen des Schiffes hindern könnte. Den zweiten ließ er an der Haustür, um sicher zu sein, daß sie nicht etwa eingeschlossen würden oder man ihnen den Eingang verwehrte. Er selbst endlich ging mit Kimon und den übrigen die Treppe hinauf, geradenwegs in den Speisesaal, wo sich die beiden Bräute mit noch vielen anderen Damen schon in geziemender Ordnung zu Tisch gesetzt hatten. Keck traten die jungen Männer heran, stürzten die Tische um, nahmen ein jeder die Seinige und übergaben sie den Armen ihrer Gefährten, damit diese sie augenblicklich auf das segelfertige Schiff brächten. Die beiden Bräute begannen zwar zu weinen und zu schreien und die übrigen Damen und die Diener nicht minder, so daß das ganze Haus alsbald von Lärm und Klagen erfüllt war. Kimon und Lysimachos aber zogen ihre Schwerter und bahnten sich, ohne daß jemand ihnen zu widerstehen gewagt hätte, den Weg zur Treppe. Als sie diese nun hinunterstiegen, begegnete ihnen Pasimundas, der auf den Lärm hin mit einem großen Knüppel bewaffnet herbeigeeilt war. Kimon traf ihn indes mit seinem Schwert so gewaltig auf den Kopf, daß er ihn wohl halb herunterhieb und Pasimundas ihm tot zu Füßen fiel. Ebenso tötete den armen Hormisdas, der seinem Bruder zur Hilfe eilte, ein zweiter Hieb des Kimon, und noch mehrere andere, die herbeispringen wollten, wurden von Lysimachos' und Kimons Gefährten siegreich zurückgeschlagen. Diese aber gelangten von dem Hause, das sie voll Blut, Geschrei, Wehklagen und Trauer hinter sich ließen, dicht zusammengedrängt und ohne auf ein Hindernis zu stoßen, mit ihrer Beute glücklich zu dem Schiffe, hießen ihre Damen schnell hineinsteigen, folgten ihnen selbst mit all den Ihrigen nach und ruderten dann mit allen Kräften glücklich ihren Hoffnungen entgegen, im Angesicht zahlreicher Bewaffneter, die sich schon am Ufer versammelt hatten, um die Damen zu befreien.
    In Kreta, wo sie von ihren vielen Freunden und Verwandten aufs beste empfangen wurden, feierten sie schnell unter großen Festlichkeiten die Verbindung mit ihren beiderseitigen Damen und erfreuten sich dann herzlich ihrer schönen Beute. In Zypern und in Rhodos wurde noch lange Zeit viel Lärm über diese kecke Tat gemacht, und an beiden Orten waren ernstliche Unruhen die Folge. Endlich aber legten sich hier wie dort die beiderseitigen Freunde und Verwandten ins Mittel und brachten es glücklich dahin, daß nach einigen Jahren des Exils Kimon sowohl mit Iphigenie nach Zypern als auch Lysimachos mit Kassandra nach Rhodos zurückkehren durfte, wo dann beide Paare noch lange glücklich miteinander in ihrer Heimat lebten.
     

Zweite Geschichte
     
     
    Costanza liebt Martuccio Gomito. Auf die Nachricht von seinem Tode bin überläßt sie sich verzweifelt und allein einem Kahne, den der Wind nach Susa treibt. In Tunis findet sie den Geliebten lebendig wieder und gibt sich ihm, der inzwischen durch klugen Ratschlag die Gunst des

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