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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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den Himmel mit Wolken und das Meer mit verheerenden Winden aufwühlte. So sehr wütete der Sturm, daß niemand zu erkennen vermochte, was man tun und wohin man sich wenden sollte, ja daß die Schiffer sich nicht einmal aufrecht zu halten und einige Hilfe zu leisten imstande waren. Wie sehr Kimon darüber betrübt war, bedarf keiner Worte. Es dünkte ihn, die Götter hätten ihn nur ans Ziel seiner Wünsche gelangen lassen, damit er den Tod, der ihm vorher gar gleichgültig gewesen wäre, um so schmerzlicher empfinden sollte. Es beklagten sich auch die Gefährten, vor allem aber jammerte Iphigenie, weinte laut und schreckte bei jedem Wellenstoße neu zusammen. Mit harten Worten verwünschte sie unter ihren Tränen Kimons Liebe und schalt auf seine Verwegenheit. Denn nur darum, sagte sie, sei dieses stürmische Unwetter entstanden, weil die Götter, weit entfernt zu gestatten, daß Kimon, der sie wider ihren Willen zur Frau begehre, seines anmaßenden Begehrens froh würde, ihn vielmehr elendiglich umkommen lassen wollten, nachdem er sie zuvor habe sterben sehen.
    Unter solchen und noch heftigeren Klagen wurde das Schiff, das die Seeleute auf keine Weise zu lenken vermochten, von dem immer heftiger tobenden Sturm in die Nähe der Insel Rhodos geführt. Da nun aber die Schiffer nicht wußten, daß es Rhodos sei, bemühten sie sich, um ihr Leben zu retten, aus allen Kräften, dort womöglich das Land zu gewinnen. In der Tat war ihnen das Glück behilflich dazu und führte sie in eine kleine Bucht, in welche kurz vorher auch die von Kimon freigelassenen Rhodier mit ihrem Schiffe eingelaufen waren. Nicht eher aber erkannten sie, daß sie nach Rhodos verschlagen worden waren, als bis sie beim Dämmerlicht, das am ändern Tage das aufsteigende Morgenrot über den etwas aufgehellten Himmel verbreitete, etwa einen Bogenschuß weit entfernt das Schiff gewahr wurden, das sie am Tage zuvor verlassen hatten. Kimon, der die Gefahr drohen sah, der er nachher wirklich anheimfiel, erschrak darüber unsäglich und befahl, daß alle Kräfte aufgeboten würden, um nur von dort wieder zu entkommen und sich dann treiben zu lassen, wohin es immer dem Schicksal gefallen möchte, da sie ja doch nirgendwo schlimmer aufgehoben sein konnten als eben hier.
    Die Schiffer ließen nichts unversucht, um hinauszukommen; aber alles war vergeblich. Der Wind blies so heftig in der entgegengesetzten Richtung, daß sie, weit entfernt, sich aus jener kleinen Bucht herausarbeiten zu können, allen Widerstrebens ungeachtet an das Land getrieben und, kaum dort angelangt, von den rhodischen Seeleuten, die ihr Schiff inzwischen verlassen hatten, erkannt wurden. Sogleich lief einer von diesen nach einem nahegelegenen Landgut, wohin die jungen rhodischen Edelleute schon vorausgegangen waren, und berichtete ihnen, wie das Unwetter Kimon mit Iphigenie gezwungen hatte, gleich ihnen dort mit seinem Schiffe zu landen. Hocherfreut über diese Nachricht eilten die Edelleute mit einer Menge Volk von jenem Gute an das Meer, wo sie Kimon, der mit den Seinigen schon ausgestiegen war und in einen benachbarten Wald zu flüchten gedachte, mit Iphigenie und allen ändern gefangennahmen und sie zusammen nach dem erwähnten Landhause führten. Als aber Pasimundas von dem Geschehenen Kunde erhalten hatte, beklagte er sich beim Senat von Rhodos, und auf dessen Beschluß kam Lysimachos, der in jenem Jahr bei den Rhodiern die höchste Würde bekleidete, mit einem großen Geleit von Kriegsmännern aus der Stadt hinaus und führte Kimon und seine Gefährten ins Gefängnis.
    Auf solche Weise verlor der arme liebende Kimon seine Iphigenie, die er kurz zuvor erst gewonnen, ohne ihr mehr als einen Kuß genommen zu haben. Iphigenie dagegen wurde von vielen rhodischen Damen empfangen, die ihr Trost wegen der erlittenen Gefangenschaft und der auf dem stürmischen Meer ausgestandenen Angst zusprachen und sie bis zu dem Tage bei sich behielten, der für die Hochzeit festgesetzt worden war. Dem Kimon und seinen Gefährten wurde indes mit Rücksicht darauf, daß sie tags zuvor die jungen Rhodier freigelassen hatten, das Leben geschenkt, obwohl Pasimundas bemüht gewesen war, ihr Todesurteil zu bewirken. Freilich wurden sie dafür zu ewiger Gefangenschaft verurteilt, und wie traurig, wie ohne Hoffnung, je wieder eine Freude zu erfahren, sie diese ertrugen, läßt sich leicht denken.
    Während indes Pasimundas die Vorbereitungen zur bevorstehenden Hochzeit soviel wie möglich beschleunigte,

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