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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Königs erworben hat, zu erkennen. Er heiratet sie und kehrt mit ihr als reicher Mann nach Lipari zurück.
     
    Als die Königin gewahr wurde, daß die Geschichte des Panfilo zu Ende sei, sagte sie viel zu ihrem Lobe und trug dann Emilia auf, mit einer anderen Erzählung fortzufahren. Diese aber begann folgendermaßen:
    Billigerweise soll ein jeder sich über die Ereignisse freuen, in denen die Wünsche entsprechend belohnt werden. Da nun aber die Liebe auf die Dauer viel mehr Freude als Betrübnis verdient, so werde ich durch meine Erzählung über den jetzt aufgegebenen Gegenstand bei weitem lieber der Königin gehorchen, als ich es in meiner vorigen dem König tat.
    Wisset denn, o zärtliche Mädchen, daß nicht weit von Sizilien eine kleine Insel, Lipari genannt, gelegen ist, auf welcher vor nicht gar langer Zeit eine wunderschöne Jungfrau lebte, die Costanza hieß und angesehener Leute Tochter war. In diese verliebte sich ein junger Mann von derselben Insel, namens Martuccio Gomito, der mit feinen Sitten und gefälligem Benehmen große Geschicklichkeit in seinem Gewerbe verband. Nicht minder war aber auch das Mädchen für ihn entbrannt, so daß es keinen glücklichen Augenblick hatte, als wenn es ihn sah. Martuccio, der sie zur Frau begehrte, ließ bei ihrem Vater um ihre Hand anhalten. Dieser antwortete indes, Martuccio sei arm, und darum wolle er sie ihm nicht geben.
    Tief gekränkt, daß er seiner Armut wegen verschmäht worden war, verschwor Martuccio sich nun mit einigen Freunden und Verwandten, nie anders als reich nach Lipari zurückzukehren. In dieser Absicht segelte er von seiner Heimat ab und ging an den Küsten der Berberei gegen jeden, der schwächer war als er, auf Seeräuberei aus. Dabei wäre ihm dann auch das Glück gar günstig gewesen, hätte er es über sich gewinnen können, seinen Erfolgen ein Ziel zu setzen. Weil er aber, so wenig wie die Seinigen, sich mit den erworbenen großen Schätzen begnügen wollte und übermäßigen Reichtum zu gewinnen begehrte, geschah es, daß sie eines Tages von mehreren sarazenischen Schiffen überfallen und nach langem Widerstande sämtlich gefangen wurden. Die Mehrzahl der Männer ward von den Sarazenen ins Meer geworfen und das Schiff versenkt. Martuccio selbst aber wurde nach Tunis geführt und dort in langem Elend gefangengehalten. Inzwischen kam die Nachricht, daß alle, die sich mit Martuccio auf jenem Schiffe befunden, ertränkt worden seien, nicht etwa nur durch ein oder zwei Personen, sondern auf vielen verschiedenen Wegen nach Lipari.
    Costanza aber, die schon über die Abreise ihres Geliebten unmäßig traurig gewesen war, weinte nun lange Zeit, als sie vernahm, daß er mit den ändern umgekommen sei, und beschloß, nicht länger zu leben. Da es ihr jedoch an Mut fehlte, sich selbst auf irgendeine Weise gewaltsam umzubringen, erdachte sie ein neues Mittel, sich den Tod zu geben. Eines Nachts nämlich schlich sie sich heimlich aus dem Hause ihres Vaters zum Hafen, wo sie zufällig in einiger Entfernung von den übrigen einen Fischerkahn fand, der, weil seine Besitzer ihn eben erst verlassen hatten, mit Mast, Segeln und Rudern noch vollständig versehen war. Diesen bestieg sie sogleich und spannte, sobald sie sich mit den Rudern ein wenig ins Meer hinausgearbeitet hatte, vermöge ihrer seemännischen Tüchtigkeit, die sie mit der Mehrzahl der Inselbewohnerinnen teilte, die Segel auf, warf Steuer und Ruder fort und überließ sich dann dem Winde in der Überzeugung, daß das unbelastete und steuerlose Fahrzeug notwendig entweder Umschlägen oder auf einen Felsen geworfen und zerschmettert würde, wo sie dann, selbst wenn sie sich retten wollte, es nicht zu tun vermöchte, sondern in jedem Falle ertrinken müßte. Darauf hüllte sie den Kopf in ihren Mantel und legte sich weinend auf den Boden des Nachens nieder.
    Aber alles kam ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Da nämlich der Wind gerade aus Norden blies und ziemlich schwach war, auch das Meer durchaus nicht hoch ging, blieb das Schiffchen unversehrt und wurde an dem Tag, der auf die Nacht folgte, als das Mädchen vom Lande gestoßen war, gegen Abend wohl hundert Meilen von Tunis entfernt, nicht weit von einer Stadt namens Susa, ans Land getrieben. Costanza, welche die ganze Zeit den Kopf um keines Anlasses willen gehoben hatte und auch ferner so zu tun gedachte, wurde nicht gewahr, daß sie sich nun wieder an Land statt auf der See befand. Zufällig war aber, gerade als der Kahn ans

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