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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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sich mit seinen Gefährten in einiger Entfernung von dem Hause.
    Inzwischen suchten Crivello und die Magd, sobald Giacomino fortgegangen war, einer den ändern auf jede erdenkliche Weise zu entfernen. Crivello sagte zur Magd: »Warum gehst du denn noch nicht schlafen? Was in aller Welt hast du dich noch im Hause herumzutreiben?« »Ich möchte nur wissen«, entgegnete die Magd, »warum du deinen Herrn nicht holen gehst. Warum wartest du denn, nun du gegessen hast?« Und so gelang es keinem, den ändern von der Stelle zu bringen. Als aber endlich die Stunde herangekommen war, die Giannole mit Crivello verabredet hatte, sagte dieser bei sich selbst: »Was habe ich mich um die Alte zu kümmern? Will sie nicht still sein, so kann sie noch ihr Teil abkriegen.« Damit machte er das verabredete Zeichen und ging, um die Tür zu öffnen. Sogleich traten Giannole, der schon herbeigeeilt war, und zwei seiner Begleiter in das Haus und ergriffen das Mädchen, das sie im Saale fanden, um es fortzuschleppen.
    Das Mädchen aber schrie und wehrte sich, was es nur konnte, und die Magd schrie nicht minder. Minghino vernahm das Geschrei und eilte mit den Seinigen rasch dahin, von wo er es kommen hörte. Wie diese nun das Mädchen schon zur Tür herauszerren sahen, zogen sie sämtlich ihre Schwerter und riefen: »Ihr Verräter, ihr seid des Todes! Das soll euch nicht gelingen! Was ist das für ein Unfug?« Mit diesen Worten schlugen sie auf jene los, und über dem Lärm kamen denn auch die Nachbarn mit Lichtern und Waffen herbeigelaufen und tadelten nicht allein den versuchten Frevel, sondern standen auch dem Minghino tätig bei. So gelang es dem letzteren nach langem Kampfe, das Mädchen dem Giannole wieder abzunehmen und es in die Wohnung des Giacomino zurückzubringen. Das Handgemenge hatte aber nicht eher ein Ende, als bis die Lanzenlmechte des Stadthauptmanns dazugekommen waren, die viele der Anwesenden und unter diesen namentlich den Minghino, den Giannole und den Crivello festnahmen und ins Gefängnis brachten.
    Erst nachdem der ganze Lärm vorüber war, kam Giacomino nach Hause und war im Anfang äußerst ungehalten über das Geschehene. Als er aber bei genauerer Untersuchung des Vorfalls sich überzeugte, daß das Mädchen dabei vollkommen schuldlos war, beruhigte er sich ein wenig und nahm sich im stillen vor, es so bald wie immer möglich zu verheiraten, damit dergleichen sich nie mehr wiederholen könne.
    Als die Angehörigen beider Parteien am ändern Morgen der Wahrheit gemäß gehört hatten, was geschehen war, sahen sie wohl ein, welche üblen Folgen die Sache für die beiden jungen Leute haben konnte, wenn Giacomino diejenigen Schritte tat, zu denen er völlig berechtigt war. Deshalb gingen sie zu ihm und baten ihn mit guten Worten, daß er weniger auf die Beleidigung sehen möge, welche die jungen Männer in ihrer Unbesonnenheit ihm zugefiigt hätten, als auf die Liebe und das Wohlwollen, das er, wie sie glaubten, für sie, die Bittenden, hege, wobei sie sich selber zu jeder Buße bereit erklärten, die zu fordern ihm beliebte, und dasselbe zugleich im Namen der beiden Anstifter anboten.
    Giacomino, der in seinen Tagen mancherlei erlebt hatte und ein Mann von wohlmeinender Gesinnung war, erwiderte mit wenig Worten: »Werte Herren, wäre ich auch hier in meiner Heimat, wie ich in der eurigen bin, so hegte ich dennoch viel zu viel Freundschaft für euch, um in dieser Sache anders als nach euren Wünschen zu verfahren. Um so mehr aber muß ich mich eurem Verlangen fügen, da ihr durch das Geschehene niemand als euch selbst zu nahe getreten seid. Wisset nämlich, daß das Mädchen, um das es sich handelt, nicht, wie die meisten glauben mögen, aus Cremona oder Pavia gebürtig, sondern eine Faentinerin ist, wenn auch weder ich noch sie selbst noch der, von dem ich sie erhalten habe, anzugeben wissen, wessen Tochter sie ist. Darum soll denn in der Angelegenheit, um derentwillen ihr mich bittet, alles so geschehen, wie ihr selbst bestimmen werdet.«
    Als die guten Männer vernahmen, das Mädchen sei aus Faenza, wunderten sie sich nicht wenig und baten deshalb den Giacomino, nachdem sie ihm zuvor für seine wohlwollende Antwort gedankt hatten, daß er ihnen doch sagen möge, wie das Mädchen in seine Hände gekommen sei und wie er erfahren habe, daß sie aus Faenza stamme. Giacomino erwiderte ihnen: »Guidotto von Cremona, der mein Freund und Waffengefährte gewesen ist, sagte mir auf seinem Totenbette, daß er, als diese Stadt

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