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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Cuba bewacht, betrübte er sich gar sehr und gab fast alle Hoffnung auf, sie nur noch einmal wiederzusehen, geschweige denn, sie jemals zu besitzen. Weil ihn aber dennoch die Liebe festhielt, schickte er sein Schiffchen heim und ging, da er sicher war, daß niemand ihn kannte, bei seinem längeren Verweilen häufig an der Cuba vorüber.
    Da traf es sich denn eines Tages so glücklich, daß er seine Restituta an einem Fenster erblickte und sie ihn ebenfalls gewahr wurde, worüber beide sich unsäglich freuten. Gianni aber, welcher sah, wie einsam und abgelegen die Gegend war, näherte sich dem Fenster, soviel er konnte, redete seine Geliebte an und ging nicht eher wieder von dannen, als bis sie ihm gesagt hatte, wie er es anzustellen habe, um mehr in der Nähe mit ihr zu sprechen, und er sich selbst die Örtlichkeiten sehr genau betrachtet hatte.
    Als nun die Nacht gekommen und schon zum Teil verstrichen war, kehrte er zurück und kletterte über eine Mauer, die so glatt war, daß kein Specht sich daran hätte festhalten können, glücklich in den Garten hinüber. Hier fand er eine Stange, lehnte sie bei dem Fenster, welches das Mädchen ihm bezeichnet hatte, an die Wand und gelangte auf diese Weise ziemlich leicht hinauf. Das Mädchen aber meinte bei sich selbst, seine Jungfräulichkeit, um derentwillen es bis dahin gegen den Geliebten ein wenig streng gewesen war, sei nun doch verloren und es könne sich zumindest niemand ergeben, der seiner würdiger sei als eben er. Auch hoffte sie ihn zu bewegen, daß er sie entführe, und aus allen diesen Gründen hatte sie, entschlossen, ihm alles zu gewähren, was er von ihr wünschen könnte, das Fenster offengelassen, damit er gleich ohne weiteres in das Zimmer gelangen könne.
    So schlüpfte denn Gianni leise durch das offene Fenster ins Zimmer und legte sich sofort zu dem Mädchen, das noch wach war. Bevor sie jedoch weiteres Vornahmen, offenbarte ihm Restituta alle ihre Wünsche und bat ihn auf das inständigste, daß er sie von dort befreien und mit sich nehmen möge. Gianni erwiderte ihr darauf, daß ihm selbst nichts erwünschter sein könne. Auch versprach er ihr, sobald er sie verlassen hätte, alles so vorzubereiten, daß er sie mitnehmen könne, wenn er das nächste Mal wieder zu ihr komme.
     
    Nachdem sie diese Verabredungen miteinander getroffen hatten, umarmten sie sich voller Entzücken und genossen das Vergnügen, das Amor selbst durch kein größeres zu überbieten vermag. Einige Male wiederholten sie diese Genüsse und schliefen endlich, ohne es selbst gewahr zu werden, einer in des ändern Armen ein.
    Inzwischen erinnerte sich der König der Maid, die ihm gleich beim ersten Anblick besonders Wohlgefallen hatte, und da er sich wieder vollkommen gesund fühlte, beschloß er, obgleich es schon gegen Morgen war, sich eine Weile mit ihr zu ergötzen. Von einigen seiner Diener begleitet, machte er sich in der Stille nach der Cuba auf, ging in das Wohnhaus und trat, nachdem er sich die Türe leise hatte öffnen lassen, mit einer brennenden Wachsfackel in das Zimmer, in dem das Mädchen schlief. Gleich beim ersten Blick auf das Bett aber sah er sie, wie sie nackt und schlafend in Giannis Armen lag. Im ersten Augenblick waren sein Unmut und sein Zorn über diese Entdeckung so groß, daß wenig daran fehlte, so hätte er, ohne ein Wort zu sagen, beide mit einem Messer, das er bei sich trug, auf der Stelle erstochen. Dann aber überlegte er, wie die Ermordung zweier Nackender im Schlafe jedermann, geschweige denn einen König, schändete, und er bezwang sich deshalb in der Absicht, sie öffentlich und zwar durchs Feuer, hinrichten zu lassen. Darauf sagte er zu dem einzigen Begleiter, der bei ihm war: »Was hältst du von diesem verworfenen Geschöpf, auf das ich bisher meine Hoffnung gerichtet hatte?« Dann fragte er ihn weiter, ob er den jungen Menschen kenne, der keck genug gewesen sei, ihm, dem Könige, in seinem eigenen Hause Schimpf und Kränkung zuzufügen. Der Gefragte erwiderte indes, daß er sich nicht erinnere, ihn jemals gesehen zu haben.
    Darauf verließ der König in großer Erbitterung das Zimmer und befahl, daß die beiden Liebenden, nackend wie sie waren, gefangen und gebunden und, sobald es heller Tag wäre, nach Palermo geführt würden. Dort solle man sie dann auf dem großen Platz, die Rücken gegeneinandergekehrt, an einen Pfahl binden und, nachdem sie bis zur dritten Stunde den Augen aller in diesem Zustande bloßgestellt worden wären,

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