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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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wenn deine Herrschaft über Ischia noch anerkannt wird. Überdies sind das zwei junge Leute, die schon seit langem einander lieben und nur von der Gewalt der Liebe bezwungen, keineswegs aber, um deine Majestät zu kränken, sich jenes Vergehens schuldig gemacht haben, wenn es ein Vergehen genannt werden kann, wozu die Liebe junge Menschen führt. Warum also schickst du die in den Tod, die du mit erlesenen Aufmerksamkeiten und Geschenken ehren solltest?«
    Als der König diese Rede vernahm und deutlich erkannte, daß Ruggieri die Wahrheit sagte, stellte er nicht nur sein grausames Verfahren ein, sondern bereute auch, was er bis dahin getan hatte. Alsbald befahl er, daß die beiden jungen Leute vom Pfahle losgebunden und vor ihn gebracht werden sollten. Und so geschah es. Dann aber sann er darauf, wie er, da ihm nun alle ihre Umstände bekannt geworden waren, durch Ehrenbezeigungen und Geschenke das ihnen angetane Unrecht wiedergutmachen könnte. Zu diesem Ende ließ er sie zunächst auf das anständigste bekleiden und feierte dann, da er hörte, daß beide in ihren Wünschen übereinstimmten, die Verlobung zwischen Gianni und dem jungen Mädchen. Doch erst als er ihnen auch noch prachtvolle Geschenke gegeben hatte, schickte er sie zu ihrer großen Zufriedenheit in ihre Heimat zurück, in der sie mit lautem Jubel empfangen wurden und dann noch lange in Lust und Freuden miteinander lebten.
     

Siebente Geschichte
     
     
    Theodor verliebt sich in Violante, die Tochter des Messer Amerigo, seines Herrn, schwängert sie und wird deshalb zum Strange verurteilt. Während er mit Geißelhieben zur Hinrichtung geführt wird, erkennt und befreit ihn sein Vater, und er vermählt sich mit Violante.
     
    Als die Damen, die mit Bangigkeit erwartet hatten, ob die beiden Liebenden verbrannt würden oder nicht, vernahmen, daß sie gerettet wurden, dankten sie Gott dafür und freuten sich alle. Die Königin aber übertrug, als die Geschichte zu Ende war, Lauretta die Pflicht weiterzuerzählen, und diese begann fröhlichen Mutes also:
    Schöne Damen, zu der Zeit, als der gute König Wilhelm Sizilien beherrschte, wohnte auf jener Insel ein Edelmann, namens Amerigo Abate von Trapani, der unter ändern zeitlichen Gütern auch mit Kindern reichlich gesegnet war. Weil er nun deshalb einer zahlreichen Dienerschaft bedurfte, kaufte er, als eines Tages genuesische Korsaren auf ihren Galeeren aus der Levante zurückkamen, wo sie, an den Küsten Armeniens kreuzend, viele Kinder gefangen hatten, einige von diesen, die er für Türken hielt.
    Unter ihnen befand sich aber ein Knabe namens Theodor, der sich, während alle übrigen Hirtenkinder zu sein schienen, durch ein vornehmeres und adliges Aussehen von ihnen unterschied. Als dieser mit der Zeit älter wurde, wuchs er, obgleich er für einen Knecht galt, mit des Messers Amerigo Kindern im Hause auf und nahm dabei, mehr von seiner inneren Natur geleitet als von der Lage, in welche der Zufall ihn versetzt, ein so gefälliges Betragen und so gute Sitten an, daß Messer Amerigo ihn wegen des Wohlgefallens, das er an ihm fand, aus der Knechtschaft freiließ. Dann ließ er ihn, in der Annahme, daß er ein Türke sei, auf den Namen Pietro taufen, machte ihn zu seinem Haushofmeister und vertraute ihm in allen Stücken.
    Während aber die übrigen Kinder des Messer Amerigo heranwuchsen, kam auch eine seiner Töchter, die Violante genannt ward und ein gar schönes und zierliches Mädchen war, zur Reife, und da der Vater eine Weile zögerte, sie zu verheiraten, wollte der Zufall, daß sie sich in Pietro verliebte. So sehr sie ihn aber auch liebte und so hohe Meinung sie von seinen Sitten und seiner Tapferkeit hegte, scheute sie sich dennoch, ihm ihre Neigung zu offenbaren.
    Indes, binnen kurzem tat Amor es an ihrer Stelle. Denn nachdem auch Pietro sie einige Male aufmerksam betrachtet hatte, verliebte er sich so in sie, daß er sich unglücklich fühlte, solange er nicht mit ihr zusammen war. Auch er aber fürchtete sich, daß irgendjemand diese Liebe, die er selbst für eine unerlaubte hielt, gewahr werde. Das Mädchen jedoch erriet, weil es ihn liebhatte, bald seine Gesinnung, und um ihm Mut zu machen, zeigte es sich, wie es auch wirklich war, über seine Aufmerksamkeiten ausnehmend erfreut. Dennoch währte es lange Zeit, daß sie beide, so großes Verlangen sie auch danach trugen, sich nicht getrauten, das mindeste über ihre Neigung zueinander zu sagen. Endlich wußte der Zufall, während sich beide, in

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