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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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auch sein Bart ist, bildet er sich dennoch ein, so schön und anmutig zu sein, daß seiner Meinung nach alle Frauenzimmer, die wir zu Gesicht kriegen, in ihn sich verlieben, und ließe man ihn gewähren, so liefe er allen nach und verlöre Gürtel und Kragen. Einräumen muß ich indes, daß er mir vielfach sehr behilflich ist, denn so geheim auch jemand mit mir zu reden haben mag, ist er doch immer zur Stelle, um sich sein Teil davon abzulauschen, und wenn ich, wie es vorkommt, etwas gefragt werde, so ist er so besorgt, ob ich auch auf die Antwort gerüstet sei, daß er sich jedesmal vordrängt und alsbald ja oder nein für mich antwortet, wie es ihm angebracht scheint.«
    Diesen hatte Bruder Cipolla im Wirtshaus zurückgelassen und ihm angelegentlich befohlen, darüber zu wachen, daß niemand seine Sachen, besonders aber seinen Quersack anrühre, weil sich darin heilige Gegenstände befänden. Guccio Schmutzfink indes weilte in der Küche noch lieber als die Nachtigall auf ihrem grünen Zweige, am liebsten aber, wenn er dort irgendeine Magd witterte. Nun hatte er in der Wirtsküche solch ein Frauenzimmer zu sehen bekommen, das dick und fett und klein und mißgestaltet war, ein Paar Brüste hatte wie zwei Mistkörbe, ein Gesicht, als gehörte sie zur Familie der Baronci, und dabei verschwitzt, schmierig und eingeräuchert war.
    An diese machte er sich nun heran, nicht anders als der Geier an das Aas, und ließ die Stube des Bruders Cipolla und dessen sämtliche Sachen im Stich. Obwohl es August war, setzte er sich zu ihr, die Nuta hieß, ans Feuer, fing ein Gespräch mit ihr an und erzählte ihr, daß er ein Edelmann in geheimen Auftrag sei und daß er Gulden hätte, mehr wie lügenmaltausend, die noch nicht einmal gerechnet, die er ändern schuldig sei, deren eher mehr wäre als weniger, und daß er soviel könne und verstehe wie der Tausendsasa in Person. Obwohl nun seine Kapuze so schmierig und fettig war, daß sie ausgereicht hätte, um den großen Suppenkessel von Altopascia zu würzen; obwohl sein Wams zerrissen und geflickt war und um den Hals und unter den Achseln so glänzend vor Schmutz, mit Flecken und so vielerlei Farben übersät, daß tatarische und indische Stoffe nie buntere Farben zeigten; obwohl seine Schuhe völlig zerrissen und seine Strümpfe vielfach durchlöchert waren: so kümmerte ihn dies alles nicht im mindesten, vielmehr versicherte er der Magd, nicht anders als wäre er der gnädige Herr von Castiglione, daß er sie neu bekleiden und ausstatten, jener Knechtschaft, wo sie fremden Leuten dienen müsse, ohne sich groß etwas erwerben zu können, entheben und ihr Aussichten auf glücklichere Umstände eröffnen wolle. Mit so vielem Nachdruck er aber auch dies alles und noch viel mehr vorbrachte, so war es doch, wie es immer bei seinen Unternehmungen zu geschehen pflegte, nicht anders, als hätte er in den Wind gesprochen, und seine Beredsamkeit blieb ohne Erfolg.
    Die zwei jungen Leute fanden sonach den Guccio Schweinigel mit der Nuta beschäftigt. Höchlichst zufrieden darüber, da sie nun halbe Mühe zu haben glaubten, gingen sie, ohne von jemand angehalten zu werden, in Bruder Cipollas Zimmer, das offen stand, und das erste, worüber sie sich hermachten, um es zu durchsuchen, war der Quersack des Mönches, in dem die Feder stecken mußte. Wirklich fanden sie hier in einem großen, vielfach mit Zindeltaffet umwickelten Bündel ein kleines Kästchen, und in diesem, nachdem sie es geöffnet hatten, eine der Schwanzfedern eines Papageien, von der sie mit Recht vermuteten, daß es dieselbe sein werde, die er den Certaldesen zu zeigen versprochen hatte. In der Tat konnte er zu jener Zeit dergleichen dem Volke wohl weismachen, denn noch waren die glänzenden Spielereien aus Ägypten nur zu einem kleinen Teil nach Toskana herübergebracht worden, während sie später zum größten Unheil von ganz Italien in unzähliger Menge bei uns eingeführt wurden. Waren sie damals überhaupt noch wenig bekannt, so wußten die Bewohner jenes Landstädtchens so gut wie nichts von ihrem Dasein, und solange die anspruchslose Einfalt unserer Altvorderen bestand, hatte dort wohl die große Menge nie den Namen eines Papageien nennen gehört, geschweige denn einen solchen gesehen.
    Zufrieden, die Feder gefunden zu haben, nahmen sie die zwei jungen Leute zu sich und füllten das Kästchen, um es nicht leer zu lassen, mit einigen Kohlen, die sie in einer Zimmerecke liegen sahen. Dann verschlossen sie es, brachten

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