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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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»Beschwören?« sagte Gianni, »wie soll man das aber anstellen?« »Ich verstehe mich auf das Beschwören«, antwortete die Frau. »Neulich, als ich zum Ablaß nach Fiesole ging, klagte ich meine Angst einer von jenen Klausnerinnen. Ach, Gianni, wie fromm die sind, das laß dir von Gott selbst sagen, denn ich vermag es nicht. Nun, die hatte Mitleid mit mir und lehrte mich einen heiligen und trefflichen Spruch, von dem sie, wie sie sagte, mehrmals Gebrauch gemacht, solange sie noch in der Welt gelebt, und ihn immer wirksam befunden hatte. Aber Gott weiß es, für mich allein hätte ich mich nie getraut, die Sache zu versuchen. Nun aber, da du hier bist, wollen wir hingehen und das Gespenst beschwören.«
    Gianni sagte, das sei ihm ganz recht, und somit standen sie auf und gingen leise miteinander bis zu der Tür, vor der Federigo, in welchem schon allerhand böse Gedanken aufzusteigen anfingen, immer noch stand. Hier angelangt, sagte die Frau zu Gianni: »Nun gib acht, daß du ausspuckst, wenn ich's sage.« »Schon recht«, sagte Gianni, und nun begann die Frau ihren Spruch folgendermaßen:
     
    Du Gespenst, das nachts umgeht,
    Wie du kamst, gehobnen Schweifes,
    So geh heim! Kannst du, begreif es.
    Wo der große Pfirsich steht,
    Findest du, davon zu schmausen,
    Innen Fettes, Fettes draußen,
    Auch was Hennen abgegangen,
    Und zur Flasche magst du langen.
    Dann geh heim und laß in Ruh
    Meinen Gianni, mich dazu.
     
    Als sie so gesprochen hatte, sprach sie zu ihrem Gatten: »Nun spucke, Gianni!« und Gianni spuckte.
    Federigo, welcher draußen stand und dies hörte, war mit einem Male aller Eifersucht ledig und fühlte trotz seines Trübsinns so herzliche Lust zum Lachen, daß er sich nicht halten konnte, und sprach, als Gianni ausspuckte, leise: »Spucke die Zähne aus!« - Als die Frau das Gespenst auf diese Weise dreimal beschworen hatte, ging sie wieder mit ihrem Manne zu Bett.
    Federigo, der sich auf das Abendessen mit seiner Tessa gefreut hatte und dessen Magen leer war, verstand die Worte des Spruches wohl, ging in den Garten, nahm die beiden Kapaune, die Eier und den Wein mit nach Hause und aß dort in guter Ruhe zur Nacht. Über jene Beschwörung aber lachte er noch manchesmal mit der Frau, sooft er sie wieder besuchte.
    Übrigens will ich nicht verschweigen, daß, wie einige wissen wollen, die Frau den Eselskopf allerdings mit der Schnauze nach Fiesole gewendet hatte, daß aber ein Arbeiter, der durch den Weinberg ging, zufällig mit seinem Stock daran geschlagen, so daß der Kopf sich mehrmals um und um drehte und zuletzt gen Florenz gekehrt blieb, weshalb Federigo im Glauben, daß dies Zeichen ihn rufe, gekommen sei. Die nun die Geschichte so erzählen, behaupten, der Spruch, den die Frau gesagt, habe so gelautet:
     
    Geh fort, Gespenst, das in der Nacht umgeht,
    Den Eselskopf, den hab ich nicht umgedreht.
    Wer es getan, den möge Gott bestrafen.
    Laß mich und meinen Gianni ruhig schlafen.
     
    Hiernach hätte also Federigo ohne Herberge und Nachtessen heimgehen müssen.
    Nun hat mir eine meiner Nachbarinnen, eine schon hochbetagte Frau, versichert, wie sie in ihrer Kindheit erfahren habe, seien beide Geschichten wahr. Nur sei die letzte nicht dem Gianni Lotteringhi, sondern einem gewissen Gianni di Nello begegnet, der am Tor von San Piero wohnte und kein geringerer Einfaltspinsel war.
    So steht es denn in eurer Wahl, ihr werten Frauen, welchen von den beiden Sprüchen ihr als richtig gelten lassen wollt. Ihre Wirkung ist in solchen Fällen erprobt, wie ihr aus meiner Erzählung gehört habt; lernt sie drum, und sie können euch noch nützen.
     

Zweite Geschichte
     
     
    Peronella versteckt, als ihr Gatte plötzlich nach Hause kommt, ihren Geliebten in einem Weinfaß. Der Mann sagt ihr, er habe das Faß verkauft, sie antwortet aber, daß sie den Handel schon mit einem ändern abgeschlossen habe, der eben hineingekrochen sei, um seine Festigkeit zu prüfen. Nun kommt dieser heraus, läßt das Faß noch vom Gatten ausschaben und dann in sein Haus tragen.
     
    Mit vielem Lachen wurde Emilias Geschichte vernommen und vor allem der Spruch der Tessa als wirksam und fromm gelobt. Am Ende dieser Erzählung aber hieß der König den Filostrato fortfahren, und dieser begann:
    So zahlreich, ihr lieben Damen, sind die Streiche, welche die Männer, besonders aber die Ehemänner, euch spielen, daß ihr, wenn es einmal einer Frau gelingt, ihren Mann anzuführen, euch billigerweise nicht nur erfreuen solltet, daß

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