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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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dort vorgenommen hätten.
    Die Erzählung von der Schönheit jenes Platzes erregte in dem Könige das Verlangen, ihn zu sehen. Er ließ daher schnell das Abendessen auftragen, und nachdem dies in gemeinsamer Heiterkeit beendet war, verließen die drei jungen Männer die Damen und gingen mit ihren Dienern zu dem Tale, das auch von ihnen noch keiner zuvor betreten hatte. Aufmerksam betrachteten sie alle seine Schönheiten und erklärten es zu einer der anmutigsten Stellen auf der Welt. Dann badeten sie sich, kleideten sich aber bald wieder an und kehrten, weil es schon spät war, nach Hause zurück, wo sie die Damen zu einem Liede, das Fiammetta sang, einen Reigen tanzend, fanden. Nach dem Ende des Tanzes unterhielten sie sich mit den Damen über die Schönheit des Frauentals und sagten viel zu seinem Lobe. Daher ließ denn der König den Seneschall herbeirufen und befahl ihm, Sorge zu tragen, daß am nächsten Morgen einige Ruhebetten hergerichtet und dort aufgestellt würden, im Fall der eine oder andere vielleicht Gefallen daran fände, dort während der Mittagsstunden zu schlafen oder auszuruhen. Dann aber ließ er Lichter, Wein und Zuckerwerk herbeibringen und gebot der Gesellschaft, nachdem sie sich ein wenig erquickt hatte, zum Tanze anzutreten. Panfilo führte auf des Königs Verlangen den Tanz an; dieser aber sagte, zu Elisa gewandt, freundlich: »Schöne Maid, du übertrugst mir heute die Ehre der Krone, so will ich dir für diesen Abend die des Liedes übertragen. Singe uns also eines, wie es dir am besten gefällt.« Elisa erwiderte lächelnd, daß sie gern dazu bereit sei und begann mit süßer Stimme in folgender Weise:
     
    Kann deiner Klau ich, Amor, mich entwinden,
    So hoff ich sicherlich,
    Kein andrer Hamen soll mich fürder binden.
     
    Als Kind schon ward ich dein mit Leib und Blut,
    Den Frieden, dacht ich, solltest du mir spenden,
    Und wie bei innigstem Vertraun man tut,
    Warf alle Waffen selbst ich aus den Händen.
    Doch du, Tyrann, wie eiltest du, zu wenden
    Die Waffen gegen mich
    Und mich mit schwerer Kette zu umwinden.
     
    Kaum aber, daß sie mich gefesselt hat,
    Gibst du mich auch, an Tränen fast erstickend,
    Dem Mann, der mir zum Tod ins Leben trat
    Und der mir noch gebeut, den Sinn berückend.
    So schwer ist seine Tyrannei, so drückend,
    Daß sie kein Haar breit wich
    Den Seufzern, die mein Leid, verzehrend, künden.
     
    Mein Flehen all, die Winde streun's umher,
    Er hört's nicht, horcht ihm nicht, wenn sie's ihm böten,
    Drum wächst mein Leiden auch je mehr und mehr.
    Das Leben haß ich, weiß mich nicht zu töten,
    Erbarm dich meiner, Herr, in diesen Nöten.
    Du kannst es ja, nicht ich.
    Laß ihn, von dir für mich besiegt, mich finden.
     
    Verweigerst du mir dies, so wolle nun
    Das Band, das Hoffnung einst geknüpft, zerhauen.
    Inständig bitt ich, Herr, dich das zu tun.
    Tust du's, so heg ich sicheres Vertrauen,
    So schön mich wieder, als ich war, zu schauen.
    Und froh zu sehn, wie sich
    Die Rosen meiner Wangen neu entzünden.
     
    Als Elisa ihr Lied mit einem gar kläglichen Seufzer beendet hatte, wunderten sich zwar alle über diese Worte; keiner unter ihnen vermochte aber zu entdecken, was sie für einen Anlaß hatte, also zu singen.
    Inzwischen ließ der König, der in der besten Laune war, den Tindaro herbeirufen und befahl ihm, seine Sackpfeife zu bringen, bei deren Klang nach seiner Anordnung noch zahlreiche Tänze aufgeführt wurden. Erst als ein beträchtlicher Teil der Nacht bereits verstrichen war, hieß er einen jeden schlafen gehn.
     

ES SCHLIESST DES DEKAMERON SECHSTER TAG, UND ES BEGINNT DER SIEBENTE, AN DEM UNTER DIONEOS REGIERUNG VON DEN STREICHEN ERZÄHLT WIRD, WELCHE, SEI ES AUS LIEBE ODER UM SICH AUS EINER VERLEGENHEIT ZU ZIEHEN, FRAUEN IHREN MÄNNERN GESPIELT HABEN, MÖGEN NUN DIESE ES GEWAHR GEWORDEN SEIN ODER NICHT.

Schon war jeder Stern aus dem östlichen Himmel entflohen, den Morgenstern ausgenommen, den wir den Lichtbringer nennen und der allein noch durch den weißlichen Schimmer der Morgenröte glänzte, als der Seneschall sich erhob und mit schwerer Last sich in das Frauental verfügte, um hier alles nach dem vom Gebieter erhaltenen Auftrag und Befehl einzurichten.
    Nicht lange nach diesem Aufbruch erhob sich auch der König, den das Lärmen der Aufladenden und der Saumtiere geweckt hatte, und hieß ebenso die Damen und die jungen Männer aufstehen. Noch waren die Strahlen der Morgensonne nicht ganz hervorgebrochen, als die ganze Gesellschaft sich

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