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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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hinauf und wirf mir ein paar herunter.« Schnell kletterte Pyrrhus hinauf und fing an, Birnen herunterzuwerfen. Doch während er so warf, begann er zu rufen: »Ei, Herr, was macht Ihr denn? Und Ihr, Madonna, schämt Ihr Euch denn nicht, das in meinem Beisein zu gestatten! Glaubt Ihr etwa, ich sei blind? Erst eben wart Ihr ja so krank; wie seid Ihr nun so schnell genesen, daß Ihr solche Dinge treibt? Steht Euch nun einmal der Sinn danach, so habt Ihr doch schöne Gemächer genug; warum geht Ihr nicht in eines derselben? Das wäre doch anständiger, als solche Geschichten hier in meiner Gegenwart zu tun!«
    Die Frau wandte sich zu ihrem Gatten und sprach: »Was schwatzt Pyrrhus? Ist er toll geworden?« »Ich bin nicht toll«, erwiderte Pyrrhus, »Madonna, glaubt Ihr denn, ich könnte nicht sehen?« Nikostratus wunderte sich nun auch und sagte: »Wahrhaftig, Pyrrhus, ich glaube, du träumst.« »Herr«, entgegnete dieser, »ich träume keineswegs. Ihr träumt aber auch nicht; vielmehr rührt Ihr Euch so eifrig, daß keine einzige Birne oben bliebe, wenn dieser Birnbaum es auch so machte.« Nun sprach die Frau: »Was kann das nur sein? Könnte es sein, daß er das wirklich zu sehen glaubt, was er behauptet? Weiß Gott, wäre ich so gesund wie ich war, ich müßte hinauf, um zu sehen, was das für Wunder sind, die er zu erblicken versichert.«
    Pyrrhus auf dem Birnbaum ließ indes nicht ab, von diesen Geschichten weiter zu reden. Da rief Nikostratus: »Steig herab!« Und er tat es. Nun fragte jener: »Was willst du also gesehen haben?« »Haltet Ihr mich denn für närrisch oder schlaftrunken?« sprach Pyrrhus. »Sah ich Euch etwa nicht auf Eurer Frau, da ich es doch einmal sagen soll, und sah ich nicht, daß Ihr aufstandet, als ich herabstieg, und Euch dorthin setztet, wo Ihr jetzt sitzt?« »Gewiß«, sprach Nikostratus, »du warst nicht bei Sinnen; denn seit du auf den Birnbaum stiegst, haben wir uns nicht mehr von der Stelle gerührt, als wie du uns eben jetzt siehst.« Hierauf entgegnete Pyrrhus: »Was streiten wir darüber? Ich habe Euch doch gesehen, und sah ich Euch, so sah ich Euch auf dem Eurigen.«
    Nikostratus wunderte sich immer mehr, bis er endlich sprach: »Nun, so will ich doch sehen, ob dieser Birnbaum behext ist, und ob der, der sich auf ihm befindet, solche Wunder sieht.« Und er stieg hinauf. Sobald er oben war, fingen die Dame und Pyrrhus an, sich miteinander zu ergötzen. Als Nikostratus das sah, rief er aus: »Wehe, du schändliches Weib, was tust du? Und du, Pyrrhus, auf den ich so vertraute?« Unter solchem Schelten begann er wieder hinabzusteigen. »Wir sitzen hier ganz still«, sprachen die Frau und Pyrrhus, und da sie ihn herabsteigen sahen, setzten sie sich wieder ebenso, wie er sie verlassen hatte.
    Als Nikostratus unten angelangt war und sie wieder da fand, wo er sie verlassen hatte, begann er sie zu schmähen. Pyrrhus aber entgegnete: »Nikostratus, jetzt erkenne ich in Wahrheit, daß ich mich, so wie Ihr gesagt habt, täuschte, als ich auf dem Birnbaum war, und das erkenne ich an nichts anderem als daran, daß ich gesehen und erfahren habe, wie sehr Ihr Euch eben getäuscht habt. Daß ich aber wahr spreche, werdet Ihr einsehen, sobald Ihr erwägen wollt, daß Eure Gattin, von ihrer hohen Sittsamkeit und großen Klugheit abgesehen, doch wahrlich, wenn sie Euch solchen Schimpf antun wollte, dies nicht vor Euren eigenen Augen täte. Von mir will ich nicht erst reden. Lieber ließe ich mich vierteilen, als an dergleichen nur zu denken, geschweige denn, es in Eurer Gegenwart zu tun. Gewiß also muß die Hexerei dieser Täuschung von dem Birnbaum ausgehen, denn die ganze Welt könnte mir nicht ausreden, daß Ihr hier Eurer Gattin beigewohnt habt, wenn ich Euch nun nicht behaupten hörte, ich hätte dasselbe getan, was ich doch sicherlich weder gedacht noch getan habe.«
    Die Dame, die sich gar zornig stellte, stand nun auf und sprach: »Möge dich der Himmel strafen, weil du mich für so einfältig hältst, solche Schlechtigkeiten, wenn ich mich schon darauf einlassen wollte, hier vor deinen Augen zu begehen, wie du behauptest. Bekäme ich Lust auf so etwas, dann sei gewiß, daß ich dazu nicht hierher kommen, sondern es in einer unserer Kammern schon so einzurichten wüßte, daß es wunderlich zuginge, wenn du es je erführest.«
    Nikostratus, der für wahr hielt, was beide beteuerten, daß sie sich nie getraut hätten, dergleichen vor seinen Augen zu tun, ließ nun von solcherlei Rede und von

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