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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Nikostratus hatte nämlich zwei Knaben bei sich, die ihm von ihren Vätern übergeben worden waren, damit sie, ihrer adeligen Abkunft gemäß, in seinem Hause gute Sitten lernen möchten. Wenn Nikostratus speiste, schnitt der eine ihm vor, der andere aber reichte ihm zu trinken. Diese beiden ließ sie rufen, redete ihnen ein, daß sie aus dem Mund röchen, und wies sie an, den Kopf soweit sie könnten zurückzuziehen, wenn sie Nikostratus bedienten. Doch sollten sie mit niemand darüber sprechen.
    Die Knaben, welche ihr glaubten, fingen nun an so zu tun, wie ihnen geheißen war. Die Frau aber fragte eines Tages den Nikostratus: »Hast du bemerkt, was jene Knaben tun, wenn sich dich bedienen?« »Freilich«, sprach er, »auch habe ich sie schon fragen wollen, warum sie so tun.« »Tue das ja nicht«, antwortete die Frau, »denn ich kann es dir sagen, und wenn ich es dir die ganze Zeit her verschwiegen habe, so geschah es, um dich nicht zu verletzen. Das geschieht dir nur, weil du gar stark aus dem Munde riechst, und ich weiß nicht, woran das liegt, da es doch sonst nicht so zu sein pflegte. Für dich aber ist das verdrießlich, da du mit adeligen Leuten umzugehen hast.
    Drum sollten wir zusehen, ob dem nicht abzuhelfen ist.« Darauf sprach Nikostratus: »Was könnte das nur sein? Sollte ich vielleicht einen faulen Zahn im Munde haben?« »Vielleicht«, antwortete Lydia.
    Damit führte sie ihn an ein Fenster, ließ ihn den Mund aufmachen, und nachdem sie auf beiden Seiten nachgesehen hatte, rief sie aus: »O Nikostratus, wie hast du das nur so lange ausgehalten! Hier auf dieser Seite hast du einen Zahn, der, wie mir scheint, nicht nur schadhaft, sondern ganz faul ist. Wenn du ihn länger im Munde behältst, verdirbt er gewiß die, welche ihm zur Seite stehen. Darum rate ich dir, tue ihn heraus, bevor die Sache schlimmer wird.« »Da es dir so scheint, so bin ich's zufrieden«, antwortete Nikostratus; »schicke denn unverzüglich zu einem Zahnarzt, der ihn mir ausziehe.« Darauf jedoch antwortete die Frau: »Gott bewahre, daß deshalb ein Arzt herkomme. Der Zahn scheint mir so zu stehen, daß ich ihn ohne Arzt sehr gut allein ausziehen kann. Auch sind diese Leute bei diesem Geschäft so unbarmherzig, daß mein Herz es in keiner Weise ertragen könnte, dich unter ihren Händen zu sehen oder zu wissen. Darum will ich es auf jeden Fall selber tun. Wenigstens kann ich, wenn es dich zu sehr schmerzt, sogleich nachlassen, was der Zahnarzt nicht täte.«
    So ließ sie denn das Werkzeug zu diesem Dienst herbeiholen und schickte jeden mit Ausnahme der Lusca, die sie bei sich behielt, aus dem Zimmer.
    Dann verschloß sie die Tür von innen, hieß den Nikostratus sich auf dem Tisch ausstrecken, ergriff mit der Zange, die sie ihm in den Mund steckte, einen seiner Zähne und zog daran, wie sehr er auch vor Schmerz schreien mochte, während Lusca ihn festhielt, so lange, bis sie ihm mit aller Gewalt einen Zahn herausgezogen hatte. Diesen brachte Lydia beiseite, holte einen ändern, ganz verfaulten, den sie schon in der Hand hielt, hervor und zeigte diesen dem wehklagenden, schier halbtoten Gatten. »Sieh«, sagte sie, »was du nun schon so lange im Munde gehabt hast.« In der Überzeugung, daß sie die Wahrheit spreche, kam er sich trotz der ausgestandenen Schmerzen und obgleich er noch immer viel jammerte, dennoch wie geheilt vor, nachdem der Zahn einmal heraus war. Durch allerhand stärkende Mittel gekräftigt, verließ er, als der Schmerz nachzulassen begann, das Gemach. Die Frau aber nahm den Zahn und schickte ihn alsbald ihrem Geliebten, der nun, von ihrer Liebe fest überzeugt, sich zu allem bereit erklärte.
    In dem Verlangen, ihn in dieser Überzeugung noch mehr zu bestärken, wollte die Dame, der jede Stunde länger schien als deren tausend, nun auch das noch erfüllen, was sie ihm zuletzt versprochen hatte. Zu diesem Zwecke stellte sie sich krank, und als Nikostratus sie eines Tages nach dem Essen, nur von Pyrrhus begleitet, besuchte, bat sie ihn, daß sie beide ihr zur Linderung ihrer Leiden in den Garten hinabhelfen möchten. So faßte sie Nikostratus an der einen, Pyrrhus an der ändern Seite und trugen sie in den Garten, wo sie sie auf einer kleinen Wiese am Fuß eines schönen Birnbaumes niedersetzten.
    Eine Weile hatten sie hier gesessen, als die Dame, welche den Pyrrhus schon unterrichtet hatte, was er zu tun habe, zu diesem sagte: »Pyrrhus, ich trage großes Verlangen nach einigen von diesen Birnen. Steige denn

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