Das Dekameron
ihn zu versuchen. Deshalb erwiderte er sofort in barschem Tone: »Lusca, ich kann nicht glauben, daß diese Worte von meiner Gebieterin kommen, und deshalb habe wohl acht, was du sagst. Ja, kämen sie auch von ihr, so kann ich nicht glauben, daß sie ihr von Herzen kämen, und wäre selbst dies der Fall, so erweist mir mein Herr doch mehr Ehre, als ich verdiene, und bei meinem Leben möchte ich ihm diese Schmach nicht antun. Daher hüte dich, mir je wieder ein Wort von solchen Dingen zu sagen.«
Lusca ließ sich indes durch so rauhe Worte nicht einschüchtern, sondern entgegnete ihm: »Pyrrhus, von diesen wie von allen ändern Dingen, die meine Gebieterin mir aufträgt, werde ich dir so oft sprechen, wie sie es befiehlt, mag es dir nun zur Freude oder zum Leide gereichen. Doch du bist ein Tölpel.«
Etwas aufgebracht über die Antwort des Pyrrhus kehrte Lusca damit zur Gebieterin zurück, die sich den Tod wünschte, als sie diese vernahm. Einige Tage darauf sprach sie jedoch wiederum zu der Dienerin: »Du weißt, daß auf den ersten Streich die Eiche nicht fällt. Darum dächte ich, du kehrtest noch einmal zu dem zurück, der zu meinem Verderben so pflichtgetreu sein will, offenbartest ihm zu gelegener Zeit meine ganze Glut und bemühtest dich auf alle Weise, daß die Sache Erfolg habe; denn geschähe dies nicht, so müßte ich gewiß sterben. Er aber glaubte sich verspottet, und wir ernteten, wo wir seine Liebe begehrten, seinen Haß.«
Die Dienerin sprach der Dame Trost zu, suchte den Pyrrhus auf, fand ihn fröhlich und guter Dinge und sprach zu ihm: »Vor wenigen Tagen, Pyrrhus, sagte ich dir, wie deine und meine Gebieterin von der Liebe, die sie für dich empfindet, verzehrt wird, und jetzt beteuere ich dir dasselbe noch einmal, damit du gewiß sein kannst, daß ihr Leben nur noch von kurzer Dauer sein wird, so du länger bei deiner Widerspenstigkeit bleibst. Darum bitte ich dich, gib ihrem Verlangen nach; denn bleibst du hartnäckig bei deiner Weigerung, so müßte ich dich, dem ich bisher große Klugheit beimaß, für einen entschiedenen Narren halten. Wie mußt du dich geehrt fühlen, daß eine solche Dame, so schön, so anmutig, dich über alles liebt, wie verpflichtet mußt du dich dem Glücke fühlen, wenn du erwägst, welche Gabe es dir bietet, wie sehr diese deinen jugendlichen Wünschen Zusagen muß, welche Möglichkeiten sich dir dadurch auftun. Wen unter deinesgleichen kennst du, für dessen Vergnügen besser gesorgt wäre als für dich, wenn du verständig bist? Welcher andere könnte wohl an Waffen, Rossen, Gewand und Geld so gehalten werden, wie du es sein wirst, wenn du ihr deine Liebe gewähren willst? Öffne dein Herz meinen Worten und besinne dich! Erinnere dich, daß den Menschen nur einmal und nie wieder das Glück mit heiterer Miene und offenem Schöße entgegentritt und daß einer, der es dann nicht aufzunehmen weiß, sich hinterher, wenn er arm und entblößt dasteht, nur über sich, nicht aber über Fortuna zu beklagen hat. Was überdem die Treue angeht, die der Diener seinem Herrn schuldig ist, so ist sie nicht dieselbe wie die zwischen Freunden und Verwandten; vielmehr sollen die Diener ihre Herren, soweit sie es können, ebenso behandeln, wie sie von ihnen behandelt werden. Glaubst du denn wirklich, falls du eine schöne Frau, Mutter, Tochter oder Schwester hättest, die dem Nikostratus gefiele, daß dieser dir die Treue so hielte, wie du sie ihm gegenüber seiner Frau bewahren willst? Ein Tor bist du, wenn du das glaubst! Sei vielmehr gewiß, daß er, wenn Bitten und Schmeichelreden nicht ausreichten, Gewalt anwendete, was auch immer deine Meinung sei.
Behandeln wir also sie und die Ihrigen so, wie sie uns und die Unsrigen behandeln. Nutze die Gabe des Glücks und verscheuche es nicht, sondern geh ihm entgegen und empfange es willig, wenn es zu dir kommt. Fürwahr, tust du das nicht, so wirst du, abgesehen von dem Tode deiner Gebieterin, der ohne Zweifel daraus folgen wird, das Geschehene später noch so oft bereuen, daß auch du wirst sterben wollen.«
Pyrrhus, der über die früheren Mitteilungen der Lusca schon öfter nachgedacht hat, war bereits entschlossen, ihr, wenn sie wiederkäme, eine andere Antwort zu geben und den Wünschen seiner Gebieterin Gehör zu geben, sobald er nur sicher wußte, daß er nicht auf die Probe gestellt werde. Deshalb erwiderte er nun: »Sieh, Lusca, alles, was du mir sagst, erkenne ich als wahr an. Auf der ändern Seite kenne ich aber auch meinen
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