Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
Vom Netzwerk:
für ein herrlicher Kiesel! Ich wollte, er führe dem Calandrino in die Seite.« Und damit ließ er ihn fliegen und traf jenen tüchtig an die Hüfte. Und kurz, bald mit der einen, bald mit der ändern Stichelrede fuhren sie fort, ihn den Mugnone hinauf bis zum San-Gallo-Tor zu steinigen. Hier warfen sie die Steine, die sie gesammelt hatten, auf die Erde und sprachen einen Augenblick lang mit den Zollwächtern, welche, vorher von ihnen unterrichtet, so taten, als sähen sie den Calandrino nicht, und ihn unter dem herzhaftesten Lachen der Welt vorübergehen ließen.
     
    Dieser setzte ohne anzuhalten seinen Weg nach seinem Hause fort, welches nahe beim Canto alla Macina lag. Und so sehr unterstützte das Glück freundlich diesen Spaß, daß, während Calandrino über den Fluß und dann durch die Stadt ging, niemand ihn anredete. In der Tat begegneten ihm nur wenige, da fast jedermann bei Tische war.
    So langte denn Calandrino schwer beladen in seinem Hause an. Zufällig stand seine Frau, die Monna Tessa hieß und eine schöne und wackere Frau war, oben an der Treppe. Da sie ihn kommen sah, begann sie, über sein langes Ausbleiben etwas erzürnt, ihn auszuschelten: »Nun, mein Schatz, führt dich der Teufel endlich heim? Alle Welt hat schon gegessen, wenn du zur Mahlzeit nach Hause kommst!« Als Calandrino das hörte und bemerkte, daß er gesehen wurde, fing er wütend vor Zorn und Verdruß an: »Weh mir, schlechtes Weib, mußt du gerade hier sein? Du hast mich ruiniert. Aber so wahr Gott lebt, du sollst es mir büßen!«
    Hierauf sprang er in den Vorsaal, schüttete die große Menge Steine aus, welche er herbeigeschleppt hatte, stürzte dann wütend auf die Frau los, ergriff sie bei den Haaren, warf sie nieder und gab ihr, soviel er Arme und Füße rühren konnte, Stöße und Tritte über den ganzen Körper, ohne ihr ein Haar auf dem Kopf und ein Knöchlein übrigzulassen, das er ihr nicht mürbe gemacht hätte. Und wie sehr sie ihn auch mit gefalteten Händen um Erbarmen anflehte, es nützte sie nichts.
    Nachdem Buffalmacco und Bruno mit den Torwächtern noch eine Weile gelacht hatten, folgten sie langsamen Schrittes und etwas von ferne dem Calandrino und hörten nun, als sie an die Schwelle seiner Tür gelangten, die heftigen Prügel, die er seiner Frau verabreichte. Sie taten, als kämen sie eben erst an, und riefen ihm zu. Schweißtriefend, blutrot und atemlos trat Calandrino ans Fenster und bat sie, zu ihm heraufzukommen.
    Die beiden stellten sich etwas ärgerlich, gingen hinauf, fanden den Saal voller Steine und in einer Ecke desselben die Frau mit zerrauftem Haar, braun und blau geschlagen, wund und geschwollen im Gesicht und heftig weinend; auf der ändern Seite aber saß Calandrino mit gelöstem Gürtel, stöhnend und wie ein todmüder Mensch. Als sie dies eine Zeitlang mit angesehen hatten, sprachen sie: »Was bedeutet das, Calandrino? Willst du mauern, daß wir hier so viele Steine sehen?« Und fügten hinzu: »Und was fehlt Monna Tessa? Es scheint, du hast sie geschlagen. Was sind das für Geschichten?«
    Calandrino, erschöpft von der Last der Steine und von der Wut, mit der er seine Frau geschlagen hatte, und von dem Verdruß über das Glück, das er verloren zu haben glaubte, brachte nicht Atem genug für eine zusammenhängende Erwiderung auf. Als er so zu reden zögerte, begann Buffalmacco von neuem: »Calandrino, wenn du andere Ursachen zum Zorn hattest, so hättest du uns nicht zum Narren haben brauchen, wie du getan hast. Denn nachdem du uns hinaufgeführt hattest, um mit dir nach dem köstlichen Stein zu suchen, hast du uns, ohne >Gott befohlen< oder >Geht zum Henken zu sagen, wie ein paar Maulaffen draußen in der Schlucht stehen lassen und bist nach Hause gegangen, was wir dir sehr übelnehmen. Aber wahrhaftig, es ist das letzte Mal, daß du uns solche Streiche spieltest.«
    Bei diesen Worten tat sich Calandrino Gewalt an und antwortete:
     
    »Kameraden, seid nicht böse, die Sache steht anders, als ihr denkt. Ich Unglücklicher hatte diesen Stein wirklich gefunden. Und wollt ihr sehen, ob ich euch die Wahrheit sage? Als ihr euch einander fragtet, war ich nicht zehn Ellen weit von euch entfernt, und da ich sah, daß ihr eures Weges ginget, ohne mich zu sehen, kehrte ich in die Stadt zurück und bin immer dicht vor euch hergegangen.« Und nun erzählte er ihnen vom Anfang bis zum Ende, was sie getan und gesagt, zeigte ihnen seinen Rücken und seine Fersen, wie sie dieselben mit ihren Kieseln

Weitere Kostenlose Bücher