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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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zugerichtet hatten, und fuhr dann fort: »Und ich sage euch, als ich mit all diesen Steinen auf der Brust, die ihr hier seht, durch das Tor ging, wurde mir kein Wort gesagt, und ihr wißt doch, wie unangenehm und plagend sonst diese Torhüter sind und wie sie alles sehen wollen. Außerdem habe ich auf der Straße Gevattern und Freunde genug angetroffen, die mich sonst immer anreden und zum Trinken einladen. Doch keiner war unter ihnen, der mir auch nur ein einziges, ja nur ein halbes Wort sagte, denn sie sahen mich natürlich nicht. Da komme ich denn hier im Hause an. Der Teufel von einem verdammten Weib tritt mir in den Weg und sieht mich. Wie ihr aber wißt, rauben die Weiber jedem Dinge die Kraft, und so bin ich, der ich mich den glücklichsten Menschen von Florenz nennen konnte, durch sie zum unglücklichsten geworden, und darum habe ich sie zerbleut, solange ich die Hände habe rühren können, und noch weiß ich nicht, warum ich mich beherrsche und ihr nicht die Adern aufschneide; denn verdammt sei die Stunde, wo ich sie zuerst sah und wo sie mir ins Haus kam.«
    Und von neuem von Zorn ergriffen, wollte er aufstehen, um sie abermals zu prügeln. Während nun Buffalmacco und Bruno dies alles mit anhörten, stellten sie sich höchst erstaunt, und indem sie oft bestätigten, was Calandrino sagte, hatten sie so große Lust zu lachen, daß sie fast herausplatzten. Als sie ihn aber wütend aufspringen sahen, um seine Frau von neuem zu schlagen, traten sie ihm entgegen, hielten ihn zurück und versicherten ihm, daran habe die Frau durchaus keine Schuld, sondern er allein, da er wisse, daß die Frauen allen Dingen die Kraft raubten und ihr doch nicht gesagt habe, daß sie sich hüten möge, ihm an diesem Tage zu begegnen. Diese Voraussicht aber habe ihm Gott geraubt, entweder weil ihm dies Glück nicht zuteil werden sollte, oder weil er die Absicht gehabt habe, seine Gefährten zu täuschen, welchen er es hätte mitteilen sollen, als er gewahr ward, daß er den Stein gefunden hatte.
    Und als sie nach vielem Hin-und Widerreden die weinende Frau nicht ohne große Mühe wieder mit ihm ausgesöhnt hatten, schieden sie, indem sie ihn trübsinnig in seinem Hause voller Steine zurückließen.
     

Vierte Geschichte
     
     
    Der Propst von Fiesole liebt eine Witwe, von der er nicht wiedergeliebt wird. Während er bei ihr zu schlafen glaubt, beschläft er ihre Magd, mit der ihn die Brüder der Frau von seinem Bischof ertappen lassen.
     
    Elisa war mit ihrer Geschichte, die sie nicht ohne großes Ergötzen der ganzen Gesellschaft erzählt hatte, zu Ende. Die Königin wandte sich nun zu Emilia und deutete ihr dadurch an, daß sie nun ihr zu erzählen gebiete. Diese begann daher schnell in folgender Art:
    Wie sehr, ihr wackeren Mädchen, die Priester und die Mönche und überhaupt alle Geistlichen Versucher unserer Gemüter sind, wurde euch, wie ich mich erinnere, schon durch mehr als eine Geschichte bewiesen. Aber weil man nie so viel davon erzählen kann, daß nicht noch mehr davon zu sagen wäre, so gedenke ich euch zu jenen anderen noch eine Geschichte von einem Propst zu erzählen, welcher der ganzen Welt zum Trotz es durchsetzen wollte, daß eine edle Frau ihn liebe, mochte sie nun wollen oder nicht. Diese aber behandelte ihn, weil sie klug war, gerade so, wie er es verdiente.
    Wie jede von euch weiß, war Fiesole, dessen Berg wir von hier aus sehen können, eine alte und sehr bedeutende Stadt, die, obgleich jetzt fast zerstört, darum doch nie aufgehört hat, ihren Bischof zu besitzen und ihn noch besitzt. Hier nun, nahe beim Dom, wohnte einst eine Witwe von guter Familie, namens Monna Piccarda, auf ihrem Gute in einem nicht allzu großen Hause. Da sie nicht eben die reichste Frau auf Erden war, so verlebte sie hier den größten Teil des Jahres, und mit ihr zwei von ihren Brüdern, wackere junge Leute von Anstand und Sitte.
    Während die Dame den Dom oft besuchte, geschah es, weil sie noch jung, schön und anmutig war, daß der Propst dieser Kirche sich so heftig in sie verliebte, daß er bald nicht mehr aus noch ein wußte. Nach einiger Zeit wuchs ihm der Mut so sehr, daß er selbst der Dame seine Wünsche offenbarte und sie beschwor, seine Liebe anzunehmen und ihn wiederzulieben, wie er sie. Dieser Propst war in den Jahren schon vorgerückt, aber dabei noch von jugendlicher Gemütsart, unternehmend und keck, daneben höchst eingenommen von sich selbst und von so geziertem und unangenehmem Betragen, daß niemand im Ort

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