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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Schwein genommen habe; und da er es nicht wiederfand, machte er einen gewaltigen Lärm: ihm Armen, ihm Unglücklichen habe man das Schwein gestohlen.
    Als auch Bruno und Buffalmacco aufgestanden waren, gingen sie zu Calandrino, um zu hören, was er von seinem Schwein sagen würde. Sobald er sie kommen sah, rief er sie schier mit Tränen in den Augen herbei und sprach: »Weh mir, ihr Gesellen, mir ist mein Schwein gestohlen worden.« Bruno näherte sich ihm und sagte heimlich: »Fürwahr, ein Wunder, daß du endlich einmal gescheit gewesen bist.« »Weh mir«, rief Calandrino, »ich sage die Wahrheit.« »Sprich nur immer so«, redete ihm Bruno zu, »schrei nur laut, damit es recht so aussieht, als sei es wahr.« Nun schrie Calandrino nur noch lauter und rief: »Beim Leibe Christi, ich sage die Wahrheit; es ist mir wirklich gestohlen worden.« Doch Bruno erwiderte: »Nur zu, nur immer zu, so ist es recht. Schrei gewaltig, daß alle darauf hören und die Sache richtig erscheint.«
    »Du könntest mich meine Seele dem bösen Feind verschreiben machen«, sprach Calandrino. »Es scheint, du glaubst mir nicht. Wahrhaftig, ich will an der Gurgel aufgehängt werden, wenn es mir nicht gestohlen worden ist.«
    »Oh«, entgegnete nun Bruno, »wie kann das möglich sein? Ich sah es ja erst gestern noch hier. Denkst du mir weiszumachen, daß es gestohlen sei?« »Es ist, wie ich dir sage«, sprach Calandrino. »Ach, wäre das möglich?« sagte Bruno nun. »Wahrhaftig, so ist's«, sagte Calandrino. »Das macht mich zum unglücklichsten aller Männer, und ich weiß nicht, wie ich nach Hause zurückkehren soll. Meine Frau wird mir's nicht glauben, und glaubt sie's auch, so werd ich doch das ganze Jahr keine Ruhe vor ihr haben.« »Nun«, sprach Bruno, »so wahr mir Gott helfe, das ist schlimm, so es wahr ist. Aber du weißt, Calandrino, daß ich dir erst gestern den Rat gab, so zu sagen, und ich wollte nicht, daß du zu gleicher Zeit deine Frau und uns zum besten hättest.« Calandrino fing nun wieder an zu schreien und sagte: »Warum wollt ihr mich zur Verzweiflung bringen und machen, daß ich Gott und seine Heiligen und alles, was auf der Welt ist, lästere? Ich sage euch, das Schwein ist mir diese Nacht gestohlen worden.«
    »Nun«, versetzte Buffalmacco, »wenn dem wirklich so ist, so müssen wir nach bestem Wissen auf ein Mittel sinnen, um es wiederzuerlangen.« »Und was für ein Mittel«, sagte Calandrino, »können wir da anwenden?« »Nun«, entgegnete Buffalmacco, »aus Indien ist doch gewiß keiner hergekommen, um dir dein Schwein zu stehlen. Einer von deinen Nachbarn muß es sein, und wahrhaftig, wenn du sie nur zusammenbringen könntest, ich verstehe mich auf die Probe mit Brot und Käs, und da sähen wir gleich, wer es genommen hat.« »Ja«, sprach Bruno, »schön kämst du mit deinem Brot und Käse bei gewissen Leuten an, die hierherum wohnen und von denen ich gewiß bin, daß einer das Schwein hat; sie merkten die Sache und kämen nimmermehr hierher.« »Wie ist es anzufangen?« sagte Buffalmacco. »Wir müssen es lieber«, antwortete Bruno, »mit guten Ingwerkuchen und weißem Florentiner Wein versuchen und sie zum Trinken einladen. Dann werden sie nichts gewahr werden und kommen. Die Ingwerkuchen lassen sich j a ebensogut wie Brot und Käse zu solchem Zwecke einsegnen.« »Wahrhaftig, du hast recht«, sagte Buffalmacco. »Und was meinst du dazu, Calandrino? Wollen wir das versuchen?« »Ich beschwöre euch darum bei der Liebe Gottes«, sagte Calandrino, »denn wüßte ich nur, wer das Schwein hat, so wäre ich schon halb getröstet.« »Wohlan denn«, sprach Bruno, »ich bin bereit, dir zuliebe um dieser Sache willen bis nach Florenz zu gehen, wenn du mir nur das Geld gibst.«
    Calandrino hatte etwa vierzig Soldi in der Tasche und gab sie ihm. Damit ging Bruno nach Florenz zu einem Apotheker, der sein Freund war, kaufte ein Pfund gute Ingwerkuchen und ließ sich von ihm zugleich zwei Kuchen jener Art bereiten, die man Hundekuchen nennt und die er mit frischer Leberaloe anmachen ließ; dann bestrich der Apotheker auf sein Geheiß auch diese mit demselben Zuckerguß, wie ihn die ändern hatten. Damit sie aber nicht vertauscht oder verwechselt würden, ließ er auf diesen beiden ein gewisses Zeichen, an dem er sie leicht erkennen konnte, anbringen. Endlich kaufte er eine Flasche guten Vernacciaweins und kehrte aufs Land zu Calandrino zurück, zu welchem er also sprach: »Nun sorge dafür, daß du morgen früh alle

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