Das Dekameron
hier eine schwere Buße für die begangene Sünde zu bestehen.
Dann wollte der Bischof wissen, wie es geschehen sei, daß er hierher gekommen, um bei der Ciutazza zu schlafen. Die jungen Leute erzählten ihm alles der Ordnung nach. Als der Bischof dies hörte, lobte er die Frau und auch die jungen Männer sehr, welche, ohne sich mit dem Blut eines Priesters die Hände beflecken zu wollen, ihn doch so behandelt hatten, wie er es verdiente. Vierzig Tage lang ließ ihn der Bischof diese Sünde beweinen. Die Tränen aber, die Liebe und Zorn ihm auspreßten, dauerten wohl mehr als neunundvierzig Tage, abgesehen davon, daß er noch lange Zeit nachher nie über die Straße gehen konnte, ohne daß die Buben mit den Fingern auf ihn wiesen und sagten: »Ei, seht doch den, der bei der Ciutazza geschlafen hat!« Und dies gereichte ihm so zum Ärger, daß er nahe daran war, den Verstand darüber zu verlieren.
Auf diese Art aber hatte sich die treffliche Frau den lästigen Propst für immer vom Halse geschafft, die Ciutazza aber hatte ein Hemd und eine schöne Nacht gewonnen.
Fünfte Geschichte
Drei junge Leute ziehen einem Richter aus der Mark die Hosen herunter, während er in Florenz auf der Gerichtsbank sitzt und Recht spricht.
Emilia hatte ihre Erzählung beendet, und die Witwe war von allen gelobt worden, als die Königin, auf Filostrato blickend, sprach: »Nun ist die Reihe zu erzählen an dir.« Er entgegnete, daß er bereit sei, und begann:
Anmutige Damen, der junge Mensch, dessen Elisa vorhin gedachte, Maso del Saggio nämlich, ist die Ursache, daß ich eine Geschichte, die ich euch erzählen wollte, zurückstelle, um euch eine andere vorzutragen, die von eben diesem Maso und einigen seiner Gefährten handelt und weiter nicht unanständig ist, aber einige Worte enthält, die ihr euch zu gebrauchen scheut. Trotzdem ist sie aber so zum Lachen, daß ich sie euch erzählen will.
Wie ihr alle gehört haben mögt, kommen häufig Gerichtspfleger aus der Mark in unsere Stadt, meist Menschen von niedriger Denkart und so filziger und elender Lebensweise, daß jede ihrer Handlungen wie eine waschechte Knauserei ausschaut. Aus diesem ihnen angebornen Geiz und ihrer Filzigkeit führen sie denn auch meist Richter und Notare mit sich, welche eher das Aussehen von Leuten haben, die man hinter der Pflugschar weggenommen oder aus den Schusterbuden entführt hat, und nicht von Männern, die aus den Rechtsschulen hervorgingen.
Als nun einst ein solcher als Podesta erschien, brachte er unter den zahlreichen Richtern, die mit ihm waren, auch einen mit, der sich Messer Niccola da San Lepidio nennen ließ, ein Mensch, der einem Schlossergesellen aufs Haar glich; und dieser wurde nun mit ändern Richtern zur Abhörung der Kriminalklagen eingesetzt. Und wie es zu geschehen pflegt, daß auch Bürger, die nicht das geringste dort zu tun haben, ins Gerichtsgebäude gehen, so ereignete es sich, daß Maso del Saggio eines Morgens auf der Suche nach einem Freund sich dorthin begab. Als er nun zufällig dahin blickte, wo Herr Niccola saß, schien ihm dieser Herr ein so besonderer Vogel, daß er sich die Mühe machte, ihn genauer zu betrachten. Obgleich er die ganz schwarzgeräucherte Pelzmütze auf seinem Haupt, das Schreibzeug an seinem Gürtel, seine Weste, die länger als der Rock war, und viele andere Dinge genau ins Auge faßte, die bei einem ordentlichen und wohlerzogenen Manne schon sonderbar genug gewesen wären, so fiel ihm unter all diesen Seltsamkeiten doch eine auf, die seiner Meinung nach noch bemerkenswerter war als alles übrige: ein Paar Hosen, deren Hinterteil er, da die Oberkleider wegen ihrer Enge sich beim Sitzen vorn ganz auseinandergaben, bis auf die halbe Wade herunterhängen sah.
Ohne sie lange weiter zu betrachten, gab Maso das Suchen nach jenem Freunde auf und begann dafür eine neue Jagd, in deren Verlauf er zwei Kameraden fand, von denen der eine Ribi, der andere Matteuzzo hieß, beides Leute, die nicht weniger zu Schelmenstreichen aufgelegt waren als er selbst. Zu diesen sprach er: »Wenn euch etwas an mir liegt, so kommt mit mir ins Gerichtshaus. Dort will ich euch den seltsamsten Strohkopf zeigen, den ihr je gesehen habt.« Und als er nun mit ihnen das Gebäude erreicht hatte, wies er ihnen den närrischen Richter und seine Hosen. Jene fingen schon von ferne an, über diese Erscheinung zu lachen, und wie sie nun näher zu den Bänken kamen, auf denen der Herr Richter saß, sahen sie, daß man sehr
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