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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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diejenigen zum Trinken bei dir einlädst, auf die du irgend Verdacht hast. Es ist Festtag, und jeder wird gern erscheinen. Ich selbst werde diese Nacht mit Buffalmacco die Beschwörung der Kuchen vornehmen und sie dir morgen früh ins Haus bringen. Aus Liebe zu dir will ich sie dann selbst austeilen und sagen, was dabei zu sagen und zu tun ist.«
    Und so tat Calandrino. Nachdem also am folgenden Morgen eine zahlreiche Gesellschaft, teils von jungen Florentinern, die sich auf dem Lande befanden, teils von Landleuten, um die Ulme vor der Kirche versammelt war, kamen Bruno und Buffalmacco mit einer Schachtel voll Kuchen und der Flasche Wein. Sie hießen alle sich in einen Kreis stellen, und Bruno begann: »Ihr Herren, ich muß euch die Ursache sagen, warum ihr hier versammelt seid, damit ihr euch nicht über mich beklagen könnt, wenn sich etwas ergäbe, das euch nicht genehm wäre. Calandrino, der hier steht, wurde gestern nacht sein schönes Schwein gestohlen, und er vermag nicht herauszubringen, wer es hat.
     
    Doch weil es ihm nun kein anderer als einer von uns, die wir hier versammelt sind, genommen haben kann, so gibt er euch, um zu ermitteln, wer es hat, diese Kuchen hier, und zwar jedem einen, zu essen und dabei zu trinken. Und nun sollt ihr gleich jetzt wissen: wer das Schwein genommen hat, wird seinen Kuchen nicht hinunteressen können, vielmehr wird er ihm bittrer erscheinen als Gift, und er wird ihn wieder ausspucken müssen. So ist es vielleicht, ehe ihm diese Schande in Gegenwart so vieler Personen widerfährt, am besten, daß derjenige, welcher das Schwein genommen hat, es dem Pfarrer in der Beichte bekenne, und dann stehe ich von diesem Vorhaben ab.«
    Alle Anwesenden beteuerten, daß sie gern von den Kuchen essen wollten, weshalb denn Bruno sie in eine Reihe ordnete, den Calandrino mitten unter sie stellte und nun, indem er beim einen Ende anfing, jedem seinen Kuchen gab. Als er aber dem Calandrino gegenüberstand, nahm er einen von den Hundekuchen hervor und gab ihm diesen in die Hand. Calandrino steckte ihn sich schnell in den Mund und begann zu kauen. Sowie aber seine Zunge die Aloe schmeckte, konnte er den bitteren Geschmack nicht ertragen und spuckte den Kuchen wieder aus. Nun schaute einer dem ändern ins Gesicht, um zu sehen, wer seinen Kuchen wieder auswürfe; und während Bruno noch nicht mit dem Austeilen fertig war und tat, als wüßte er von nichts, hörte er hinter sich rufen: »Heda, Calandrino! Was soll das bedeuten?« Da wandte er sich schnell um, und als er sah, daß Calandrino den Kuchen ausspuckte, sagte er: »Wartet nur, vielleicht hat er wegen etwas anderem spucken müssen. Da, hier ist ein andrer Kuchen.« Und nun nahm er den zweiten, steckte ihn Calandrino in den Mund und fuhr dann fort, die übrigen auszuteilen, die er noch zu vergeben hatte.
    War dem Calandrino nun schon der erste Kuchen bitter vorgekommen, so dünkte ihn dieser noch bitterer; allein da er sich scheute, ihn wieder auszuspucken, hielt er ihn kauend eine Zeitlang im Munde. Und wie er ihn so hielt, fingen die Tränen, groß wie Haselnüsse, an, ihm die Wangen hinabzulaufen. Zuletzt aber konnte er nicht mehr und spuckte auch diesen Kuchen aus, wie er's mit dem ersten getan hatte. Buffalmacco und Bruno ließen indes der Gesellschaft zu trinken geben, und als sie nun zusammen mit den ändern den Calandrino so spucken sahen, riefen sie alle, Calandrino habe sich fürwahr das Schwein selbst gestohlen, und einige darunter fingen an, ihn heftig auszuschelten.
    Mit der Zeit gingen alle wieder fort, und nur Bruno und Buffalmacco blieben bei Calandrino zurück. Buffalmacco aber sagte: »Ich war immer überzeugt, daß du es selbst genommen hast und uns nur weismachen wolltest, es sei dir gestohlen worden, um uns nicht einmal einen Trunk von dem Geld, das du dafür bekommen hast, zahlen zu müssen.« Calandrino, der die Bitterkeit der Aloe noch immer nicht los war, fing nun an zu schwören, daß er das Schwein nicht habe. Nun sagte Buffalmacco: »Aber was bekamst du, Geselle? Sag's offen, hast du vielleicht sechs Gulden bekommen?« Als Calandrino dies hörte, wollte er verzweifeln.
    »Merke wohl auf, Calandrino«, sagte Bruno zu ihm, »es war einer in der Gesellschaft, der mit uns aß und trank; der hat mir verraten, daß du hier oben ein Mädchen hast, das du dir zu deinem Vergnügen hältst und dem du gibst, was du beiseite bringen kannst. Der war überzeugt, daß du ihr das Schwein geschickt hast. Wohl, du hast das Wesen

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