Das Dekameron
will.«
Hierauf entgegnete der Doktor: »Bruno sagt die Wahrheit; doch ich werde hier nicht erkannt. Ihr seid eher Leute von grobem Schlage; aber ich wollte nur, ihr sähet mich unter Doktoren, welchen Platz ich da einnehme.«
»Wahrhaftig, Meister«, erwiderte Buffalmacco, »Ihr versteht die Schliche besser als ich je geglaubt hätte, und darum rede ich zu Euch, wie man zu einem so weisen Manne, wie Ihr es seid, zu reden hat, und sage Euch mit geziemender Konfusion, ich werde Sorge tragen, daß Ihr ohne Fehl in unsere Gesellschaft aufgenommen werden sollt.«
Nach diesem Versprechen verdoppelten sich die Aufmerksamkeiten, welche der Doktor ihnen erwies, und sie ließen ihn in ihrem Übermut dafür den Bock des tollsten Unsinnes von der Welt reiten und versprachen, ihm die Gräfin von Latrinien als Gattin zu verschaffen, welche das schönste Wesen sei, das im ganzen Hinternreich des menschlichen Geschlechts zu finden wäre.
Nun fragte der Doktor, wer diese Gräfin sei. »Mein Samengürkchen«, antwortete ihm Buffalmacco, »das ist eine gar große Dame, und wenig Häuser gibt es in der Welt, wo sie nicht etwas zu sagen hätte, von den ändern nicht zu reden; selbst die Minoritenbrüder huldigen ihr und bringen ihr Tribut beim Schall der Heerpauken. Auch kann ich Euch sagen: wenn sie einmal umhergeht, weiß sie sich wohl bemerkbar zu machen, wie verschlossen sie auch gehalten werden mag. Noch ist's nicht lange her, daß sie nachts an meiner Tür vorüberging, um sich am Arno die Füße abzuspülen und ein wenig frische Luft zu schöpfen; doch ihre gewöhnliche Wohnung ist im Laterin. Gleichwohl gehen ihre Knechte häufig im Lande umher und tragen als Zeichen ihrer Herrlichkeit das Besenreis und die Bleischnur. Ihre Vasallen sieht man überall, wie zum Beispiel den Herrn Schildwache vom Torweg, Don Häuflein, Herrn von Würstchen, Frau Katharina Schnelle und viele andere, die alle, wie ich glaube, auch Euch befreundet sind, ohne daß Ihr Euch ihrer jetzt erinnert.
Einer so vornehmen Dame wollen wir Euch, wenn Ihr Eure Geliebte von Kackenwinkel im Stiche laßt und unsere Pläne uns nicht mißraten, in die holden Arme führen.« Der Doktor, welcher in Bologna erzogen und aufgewachsen war, verstand alle diese Worte nicht und erklärte sich mit dieser Dame vollkommen zufrieden.
Nicht lange nach diesen Geschichten hinterbrachten ihm die beiden Maler, er solle aufgenommen werden. Als nun der Tag erschienen war, an dessen Abend man sich versammeln sollte, lud der Meister beide zum Imbiß zu sich, und nachdem man gespeist hatte, fragte er sie, wie er sich zu benehmen habe, um zu dieser Gesellschaft zu kommen. »Seht, Meister«, sprach Buffalmacco zu ihm, »vor allem müßt Ihr frohen Mutes sein. Denn wäret Ihr nicht sehr sicher und mutig, so könnte die Sache mißraten, und Ihr könntet uns alle in großen Schaden stürzen. Das aber, wobei Ihr vor allem den größten Mut beweisen müßt, sollt Ihr jetzt von mir erfahren. Zuerst müßt Ihr heute abend um die Zeit des ersten Schlafs Euch auf einem jener erhöhten Grabmäler einfinden, die erst vor kurzem außerhalb von Santa Maria Novella aufgerichtet wurden, und zwar in einem Eurer besten Gewänder, damit Ihr zum ersten Mal anständig vor der Gesellschaft erscheint, und auch darum, weil Ihr nach dem, was uns berichtet ist, denn mit angesehen haben wir es nicht, ein Edelmann seid, weshalb die Gräfin Euch auf ihre Kosten zum gebadeten Ritter machen will. Dort müßt Ihr so lange warten, bis derjenige kommen wird, den wir nach Euch senden werden. Und damit Ihr von allem gehörig unterrichtet seid, so wißt, daß Euch ein schwarzes Tier mit Hörnern, jedoch nicht allzu groß, heimsuchen und auf dem Platz vor Euch ein gewaltiges Schnaufen und Umherspringen vollführen wird, um Euch zu erschrecken. Doch wenn es sehen wird, daß Ihr Euch nicht fürchtet, wird es sich langsam Euch nähern; und wenn es neben Euch steht, so steigt nur ohne Furcht von dem Grabmal herunter und setzt Euch getrost darauf, ohne Gott und die Heiligen anzurufen. Habt Ihr Euch darauf zurechtgesetzt, so schlagt die Arme übereinander und legt, ohne das Tier weiter zu berühren, die Hände auf die Brust. Dies wird sich dann langsam in Bewegung setzen und Euch zu uns bringen. Aber gleich jetzt muß ich Euch sagen: wenn Ihr Gott oder die Heiligen anriefet oder Furcht fühltet, dann könnte es Euch leicht abwerfen oder Euch wohin stürzen, so daß Ihr danach übel röchet. Darum, wenn Ihr den Mut nicht fühlt,
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